Paß auf, Fetz´nschäd´l, glotzaugerter!

Es kann kein Zufall sein, daß Richard Weihs der Sammler und Herausgeber dieses zutiefst wienerischen Gesamtkunstwerkes ist. Der Dialektspezialist hat der Wiener Volksseele wahrhaft tief ins Maul geschaut - und dazu braucht´s ab und zu den sprichwörtlichen Saumagen...

Von Abartigen Abworten bis hin zu Zynischen Zoten spannt sich der bilderreiche Bogen von Stichworten und Redewendungen, die so herzerfrischend herzlich sind wie ein Besuch zum Kaffeplauscherl im Krematorium. Die berühmte goldene Weana Bluatpumpm at its best. Wer keinen Sinn für Humor und deftige Wortküche besitzt, sollte diese Lektüre einfach auslassen. Nicht-WienerInnen (Seid´s es a Leit?) wird ein Grundkurs im weltwichtigsten Idiom angeraten, zumindest für den genußvollen Verzehr des Anhangs, in dem sich "einige ausgesuchte Beispiele zur praktischen Anwendung, anschaulich gegliedert in drei Eskalationsstufen" finden. Und zwar ohne erhellende Übersetzung - members only, sozusagen.

Kann sich der unbedarfte nichtwienerische Mensch im ersten Teil noch mittels penibler Worterklärung (köstlich!) durchhanteln, wird´s später schon schwieriger. Aber erst ein Beispiel für Teil 1 (keep it simple): Aansertrott´l m = 1A-Idiot, ganz besonderer Blödian, oder: Zwirnscheißer m = Umstandsmeier.

Der geniale Spagat zwischen gnadenlosem Lachen und peinlich berührtem Schweigen, der bei der Zusammenstellung eines derartigen Lexikons zwingend notwendig ist, wird vom Herausgeber brillant bewältigt - und im als "Vorwarnung" ausgewiesenen Vorwort auch thematisiert. Weihs macht kein Hehl daraus, daß "viele der darin enthaltenen Schimpfwörter ausgesprochen sexistisch und frauenfeindlich, andere wiederum rassistisch und minderheitenfeindlich, und gar nicht so wenige einfach brutal und menschenfeindlich sind". Nun, es dürfte schwierig sein, gerade beim Thema Schimpfen resp. Beschimpfen auf dem tugendsamen Pfad der political correctness zu wandeln - was aber wiederum keine Entschuldigung für Indiskutables sein darf. Und so behilft sich Weihs mit dem Kunstgriff auf die persönliche Betroffenheit, die individuelle Auswahl.

Der oben erwähnte Anhang nun gliedert sich in die drei Bereiche: 1. Abschätzige Einschätzungen und schmähmäßige Schmähungen, 2. Dringliche Aufforderungen, raschestmöglich das Weite zu suchen (inklusive anschaulich angedrohter drastischer Konsequenzen) und 3. Detaillierte verbale Körperattacken der eher derberen Art ("I druck dar ane, daß d´ mit´n Oasch auf d´ Uhr schaust!").

Schau´n Sie sich das an, Damen und Herren, kommen Sie, staunen Sie, gaffen Sie - und aufpassen, weu, a Lita Bluat is schnö vapritschelt und a Kilo Urwaschln is a schö brockt! Übrigens: Das Quellenverzeichnis liest sich wie ein Gedicht - natürlich ans med ana schwoazzn dintn.

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Über den Autor:
Richard Weihs ist Autor, Musiker und Kabarettist. Er beschäftigt sich seit vielen Jahren mit den tieferen Abgründigkeiten des Wienerischen und hat zahlreiche Lieder und Gedichte im Wiener Dialekt verfaßt. Vier CDs sowie der Band " Der Fersenfresser - Perverse Verse und diverse Lieder" sind im Umlauf. (Bestelladresse: Wutpunkt, 1060 Wien, Linke Wienzeile 36/7; Tel. 01/586 33 95)