Falsches Spiel im Finale

Eine tote Schauspielerin in der Badewanne, ein absoluter Unsympathler, der hämisch die onomatopoetische Bemerkung "blub-blub" fallen läßt und eine hellhörige Magistratsbedienstete, die nicht recht an einen Unfall glauben will - all das ergibt Lisa Lerchers rasanten Krimicocktail "Der letzte Akt".

Anna hat sich ganz gut in ihrem Leben eingerichtet - nach einer schmerzlichen Beziehungserfahrung und nach dem Wechsel von der psychisch auslaugenden Tätigkeit als Beraterin beim Frauennotruf ist sie nun beim Wiener Magistrat beschäftigt. An ihrem neuen Arbeitsplatz kann sie im Rahmen der Beratungs-Hotline, die die Gemeinde eingerichtet hat, ihre Erfahrungen gut einbringen. Und auch mit dem Bürokollegen Thomas kommt sie soweit ganz gut zurecht, wenn der auch manchmal seine Macken hat.

Aber der leidlich konsolidierte Fluß des Lebens mutiert zu unruhigem Wasser - nach diesem Geburtstagsfest, das sie mit ihrer besten Freundin Mona besucht. Star des Abends ist nicht das Geburtstagskind, sondern die oszillierende Persönlichkeit der Schauspielerin Antonia. Anna ist wie geblendet von diesem Auftritt, der allerdings durch die aggressive Pöbelei eines Betrunkenen ein wenig an Glanz einbüßt - vor allem, als Anna kurz darauf erfährt, daß der beinahe Handgreifliche Antonias Lebensgefährte ist, wie ihr Mona, die allwissende Journalistin, mit resignierendem Achselzucken erklärt. Anna wundert sich nach dem Notruf-Job nur mehr mäßig und nimmt Antonias Einladung zum Treffen einer neuen Frauengruppe an. In recht rotweinflüssiger Atmosphäre beschließen die Damen, dem Machismo im öffentlichen Leben am Zeug zu flicken - schließlich ist Vorwahlzeit.

Anna läßt sich breitschlagen, aus "ihrem" Amt brisantes Material in Kopie "auszuleihen". Ihr schlechtes Gewissen hält sich in Grenzen, weil die Tatsache, daß ein paar Kollegen während der Dienstzeit recht eifrig und ausgiebig auf Kosten der Allgemeinheit Porno-Hotlines frequentiert haben, sich weder mit ihrer eigenen Dienstauffassung noch ihrem Weltbild verträgt.

Sie übergibt Antonia das Material trotzdem mit ein bißchen Bauchweh. Die Schauspielerin träumt von einem großen Wurf, von einem bahnbrechenden Stück mit aufrüttelndem Inhalt - und von einer größeren Subvention. Bevor Anna noch ihrem latenten Unbehagen nachgehen und herausfinden kann, ob sie schlicht benützt worden ist und Antonias feministisches Engagement eventuell Talmi sein könnte, berichtet eine geschockte Mona vom Tod der Diva. Ertrunken in der Badewanne, kein Fremdverschulden. Die beiden Freundinnen sind mißtrauisch, beginnen sich vorsichtig umzuhören und stecken im Handumdrehen mitten in der schönsten Privatermittlung.

Um sich von dem stressigen Geschehen rund um den mysteriösen Todesfall und Turbulenzen im Job abzulenken, trifft Anna sich mit einem lästigen Verehrer, den sie eigentlich nicht leiden kann. Diese persönliche Inkonsequenz soll sich als ziemlich fatal erweisen. Und als Anna sich auch noch in einer turbulenten Romanze mit dem Bruder der zu Tode gekommenen Antonia wiederfindet, geht es erst richtig los: Antonia ist nicht die einzige Leiche, die Anna begegnet - hochrangige Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens haben offensichtlich mehrere davon im Keller, und Anna ist ihnen viel zu nahe gekommen...

Lisa Lercher legt mit diesem Titel einen gut konzipierten, inhaltlich brisanten Krimierstling vor, der auf Band zwei neugierig macht. Neben den akribisch gezeichneten Figuren, die in ihrer Vielschichtigkeit - selbst als Leichen - sehr authentisch wirken, besticht der Krimi auch durch selbstironischen Witz.

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Über die Autorin:
Lisa Lercher wurde 1965 in der Steiermark geboren; sie ist Erziehungswissenschaftlerin und Fachfrau im Bereich "Gewalt gegen Frauen und Kinder". "Der letzte Akt" ist ihr Romandebüt, Band zwei ist in Arbeit, daneben publiziert sie Kurzgeschichten in Anthologien; die Autorin lebt in Wien und ist (O-Ton Lercher) "begeisterte Tante".