Stories_Douglas Adams

...und danke für den Fisch!

25 Jahre nach dem "Anhalter durch die Galaxis" sind zwei neue Bücher vom/über den Entdecker des "Restaurants am Ende des Universums" erschienen: "Lachs im Zweifel" und "Keine Panik!"    19.12.2003

"Ich bin kein Schlauberger. Einem Schlauberger fällt immer sofort etwas Witziges ein. Einem humoristischen Schriftsteller fällt erst zwei Minuten später etwas sehr Witziges ein - oder, wie in meinem Fall, erst gut zwei Wochen später."

Dafür ist Douglas Adams ja Gott sei Dank noch eine ganze Menge eingefallen, zum Beispiel die Neudefinition des gesamten Universums mit seiner fünfbändigen "Per Anhalter durch die Galaxis"-Triologie. Die Legende, die der Neil Gaiman in "Keine Panik!" detailliert und liebevoll nachzeichnet, beginnt so: "Die besagte Idee schoß Douglas Adams ohne jegliche Vorwarnung auf einer Wiese in der Nähe von Innsbruck durch den Kopf. Er war betrunken. Die Armut hielt ihn fest in ihren Krallen, und er starrte auf dem Rücken liegend hinauf zum Sternenhimmel. "Irgendjemand", so dachte er sich damals, "irgendjemand müßte einen Reiseführer durch die Galaxis für Anhalter schreiben."

Der Rest dürfte bekannt sein. 1977 strahlte die BBC das erste Radiohörspiel "Per Anhalter durch die Galaxis" aus, 1979 folgte das Buch, und aus der ursprünglichen Trilogie wurden im Lauf der Jahre fünf "Anhalter"-Bände. Es folgten weitere Hörspiele, unzählige Theaterfassungen, eine TV-Serie, Comics, ein Computerspiel, ein Handtuch, die Website, mindestens ein Kinofilm-Projekt usw. usf.

Das Schöne an Gaimans "Keine Panik!" ist, daß wir all denen, die wir aus dem "Anhalter"-Universum (und drumherum) lieben, noch einmal begegnen und mit dem Gott dieses Universums, Douglas Adams, seine Höhen und Tiefen bei der Erschaffung teilen: "Schreiben ist ganz einfach. Du mußt nur so lange auf ein blankes Stück Papier starren, bis dir die Stirn blutet."

Wahrscheinlich hätte Douglas, in seiner leicht lakonischen Art, es so formuliert: Ich schreibe meine Bücher eben mit Hirn- und nicht mit Herzblut. Geblutet hätte ihm das Herz ganz sicher beim Anblick des Buches "Lachs im Zweifel", das von seinem ehemaligen Lektor Peter Guzzardi zusammengeklaubt wurde: sortiert aus über 2500 Dateien, die Adams nach seinem überraschenden Tod im Mai 2001 (in einem Fitneßstudio in Santa Monica) auf seinem geliebten Macintosh-Rechner hinterließ. Zusammengewürfelt, durchgemischt, redigiert und schließlich zwischen Buchdeckel gepreßt. Eigentlich ein Jammer.

Doch wir, die Adams-Fans, die "Per Anhalter durch die Galaxis"-Vernarrten, die Dirk-Gently-Anhänger und Freunde seiner "Holistischen Detektei", die schlichten und einfachen Leser, wir wollen und brauchen dieses Buch, wir müssen es haben. Natürlich. Denn "Lachs im Zweifel" versammelt all die Beiträge und Geschichten, die bei Adams wie Krümel vom Tisch gefallen sind und einmal hier, einmal dort oder auch überhaupt nicht publiziert wurden. Wenn Adams, der Beatles-, Bach- und Procol-Harum-Fan, der Gitarrenspieler und Wortschöpfer für unbenannte Gegenstände und Gefühle, der Freund gefährdeter Tierarten und Radiomacher mit vorprogrammierter Schreibhemmung, einer der ersten und verständigsten Förderer der digitalen Kultur, wenn dieser fast zwei Meter große englische Gentleman etwas war, dann der geborene Erzähler. Am besten aus dem Stegreif, mitten in der Nacht, in der Bar eines möglichst teuren Hotels, ausgestattet mit einem seiner geliebten Gin Tonics: "das langweiligste Getränk der Welt - und das einzige, das ich ohne jede üble Nebenwirkung trinken kann".

So bietet uns "Lachs im Zweifel" zweierlei: einmal Geschichten über Douglas Adams, sein Leben, Werden ("Meine Nase") und Werk, sowie Interviews mit ihm, ein Vorwort von Stephen Fry und die Totenklage, den Epilog von Richard Dawkins. Zum anderen gibt es einige von Adams´ Kolumenbeiträgen für den "Independent", Artikel für die "Sunday Times", die Magazine "Esquire", "MacUser" und seinen Beitrag zur ersten Ausgabe der legendären Zeitschrift "WIRED" mit dem Titel "Was haben wir zu verlieren?" Alleine dieser Artikel lohnt den Kauf des Buches.

Dann findet sich da noch ein ganz wunderbares Fax, das Douglas seinem Filmproduzenten bei Walt Disney geschickt hat (unbedingt die Telefonliste beachten!) sowie der geniale Anfang einer dritten Dirk-Gently-Geschichte. Aber es kommt, unter uns gesagt, noch viel besser: Douglas erzählt, wie er einmal auf einen Zug wartete, sich dazu eine Zeitung, einen Kaffee und eine Packung Kekse kaufte. Er setzte sich zu einem Mann an einen Tisch, um das Kreuzworträtsel zu lösen. Der Mann tat, laut Douglas, folgendes: "Er beugte sich plötzlich vor, griff sich die Packung Kekse, riß sie auf, nahm einen Keks heraus und aß ihn." Und was machte Adams? Nichts, natürlich, außer auch von seinen Keksen zu essen und entsetzt vor sich hin zu grollen. So ging das, bis die Kekspackung leer war.

"Wenig später fuhr mein Zug ein, ich trank schnell meinen Kaffee aus, stand auf, nahm die Zeitung, und unter der Zeitung lagen meine Kekse..." Aha! Das war nun, wie Douglas gesagt hätte, kein "Olk" (schlechter, alter Witz) sondern zweifelsfrei ein "Zitzschen", ein dreist geklauter Witz. Danke, Douglas Adams.

Stefan Becht

Douglas Adams - Lachs im Zweifel

Zum letzten Mal per Anhalter durch die Galaxis


Hrsg. von Peter Guzzardi

Heyne-Verlag (München 2003)

Links:

Neil Gaiman - Keine Panik!

Mit Douglas Adams per Anhalter durch die Galaxis


Aktualisiert & erweitert von David K. Dickson und MJ Simpson

Vlg. Rogner & Bernhard Verlag/Zweitausendeins (Hamburg 2003)

 

Links:

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