Stories_Funkstörung/Interview

Wir machen keine Mathematik

Im Rahmen ihrer "Deadly Wiz Da Disko"-Tour kamen Funkstörung ins Wiener Flex. Der EVOLVER befragte Band-Hälfte Michael Fakesch nach dem aktuellen Stand der Dinge.    11.11.2002

EVOLVER: Was dürfen wir uns von eurem Auftritt heute erwarten?

 

Fakesch: Also, ganz ehrlich, wir wissen's nicht. Wir haben drei Laptops dabei, da hat jeder so seine 30, 40 Loops drinnen. Ich kenne weder die Loops von Dominik (Anm. d. Verf.: Peabird) noch die von Chris, und umgekehrt. Es läuft aber alles Beat-synchron, und musikalisch paßt's eh zusammen. Schauen wir mal, was dabei rauskommt. Wir schachteln einfach übereinander, und wenn's keinen Sinn macht, nehmen wir einfach wieder was weg.

 

EVOLVER: Kann man das mit euren Studioprozessen vergleichen?

 

Fakesch: Wir haben eigentlich fast keine Hardware mehr. In unserem Studio sieht's aus wie bei so einem Graphiker. Beim Produzieren verlassen wir auch kaum die digitale Ebene: Es wird alles am Computer gemacht und gemischt, es werden dort die Sounds generiert, einfach alles. Von der Software her benutzen wir "Cubase SX", was sehr toll ist, sowie die "Native Instruments"-Sachen, "Battery" und "Reaktor"; das Handelsübliche halt, das auch jeder kriegen kann.

 

EVOLVER: Aber nur bei den wenigsten kommt sowas dabei raus.

 

Fakesch: Na ja, du mußt halt auch verdammt viel Zeit investieren. Wenn wir täglich rund sechs bis sieben Stunden im Studio sind, ist ein Track in etwa zwei Wochen fertig.

 

EVOLVER: Wann ist für euch der Zeitpunkt gekommen, wo ihr sagt: Bis hierher und nicht weiter - besser wird's eh nicht mehr?

 

Fakesch: Oft verdammt spät. Wir haben aber meist schon eine Deadline, da muß es einfach fertig sein. Vielleicht ist es ganz gut, daß man den Druck hat. Klar, du könntest immer noch was besser machen. Da hörst du alte Sachen und denkst dir: Ach, der Break oder der Sound! Um Gottes willen! Dadurch bist du also immer motiviert, noch was draufzulegen und es besser zu machen, exakter zu werden. Das muß auch ein ständiger Prozeß des Lernens sein.

 

EVOLVER: Da besteht aber auch die Gefahr, daß man etwas überproduziert. Man kennt ja die Beispiele.

 

Fakesch: Sicher haben wir einige Sachen völlig überproduziert - da hat's uns halt grad Spaß gemacht. Um jetzt aber Beispiele zu nennen: Richard Devine, Otto von Schirach oder neuere Sachen von Autechre. Ich komm damit nicht mehr klar; das ist ja alles toll und nett gemacht, aber ich find's einfacher, komplexe Sachen zu machen als solche, die zwar nicht so komplex klingen, aber auf den Punkt kommen. Wir wollen ja keine Mathematik machen.

 

EVOLVER: Trotzdem funktionieren eure Tracks teilweise sowohl auf der Oberfläche, was Melodien und Sounds betrifft, und dann auch beim genaueren Hinhören, wo man noch viel entdecken kann.

 

Fakesch: Ja, aber im Moment langweilt uns das auch schon wieder ein bißchen. Es gibt zur Zeit einfach zuviel elektronische Musik mit fiesen Beats und netten Melodien darüber. Normalerweise macht's schon Sinn: Auf der ersten Ebene funktioniert das als Song mit schöner Melodie und nettem Groove, auf der zweiten über das ganze Programming und auf der dritten auch noch mal über die Sounds.

 

EVOLVER: Was sagt uns das jetzt über eure neuen Sachen?

 

Fakesch: An und für sich bleibt's natürlich die selbe Herangehensweise. Wir sind aber grad dabei, ganz, ganz neue Sachen auszuprobieren, auch für uns selbst. Vielleicht enttäuschen wir damit einige Leute, bestimmt überraschen wir viele. Es ist doch so, daß sich die Leute nach Chris' Album von uns lupenreinen HipHop erwarten. Das wär uns aber zu einfach. Im Moment haben wir einen ganz eigenen Plan für das Album, und den verfolgen wir auch sehr strikt. Wie gesagt, laßt euch überraschen.

Christoph Prenner

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