Stories_Happy Birthday, Loriot!
Happy Birthday, Loriot!
Das Werk spricht für sich: Loriot stellt zu seinem 80. Geburtstag die Fragen und gibt sich gleich selbst die Antworten. Interview-Montage: Stefan Becht.
12.11.2003
Victor von Bülow alias Loriot gibt keine Interviews. Sein letztes erschien am 21. 6. 2002 im "SZ-Magazin", las sich sehr schön und trug den Titel "Das letzte Interview". Nun wird Loriot 80 Jahre alt. Kein Grund, findet Victor von Bülow, um Interviews zu geben. Was wir, unter uns gesagt, sehr gut verstehen. Kein Mensch wird so alt, nur um dann Interviews zu geben. Was hätten wir ihn auch schon fragen sollen, was sein Werk nicht längst beantwortet? Hat er nicht Herrn Müller-Lüdenscheid, Doktor Klöbner, Herrn, Frau, Opa und Dicki Hoppenstedt, dem Chefreporter Schmoller, seinem Kollegen Kurt Rösner und dem Hund WUM längst alles in den Mund gelegt, was es zu sagen gibt? Nichts schöner also, als den Meister durch sein Werk sprechen zu lassen. Alle Fragen und Antworten stammen aus "Loriots Gesammelte Werke in vier Bänden" (Diogenes-Verlag).
Werk-Frage (WF): Was würden Sie sagen, wenn Ihre Schwiegermutter einen Schweif hätte?
Werk-Antwort (WA): Läuft das Band?
WF: Was würden Sie sagen, wenn Schweifträger künftig ihre Schweife öffentlich unbekleidet tragen dürften?
WA: Es wäre immerhin denkbar, daß es gewisse Argumente gäbe, die dafür sprächen...
WF: Wo haben Sie Ihre Fachkenntnisse erworben?
WA: Ich leite eines der bedeutendsten Unternehmen der Schwerindustrie...
WF: Wie schaffen Sie das neben dem Haushalt?
WA: Ehrlichkeit, Toleranz, Mut, Anstand, Hilfsbereitschaft, Zähigkeit, Sauberkeit...
WF: Haben Sie sich schon einmal Gedanken darüber gemacht, daß es in unserem Wohlstandsstaat eine notleidende Bevölkerungsgruppe gibt, an der sogar die Reformpläne einer sozialistischen Regierung vorübergegangen sind?
WA: Ach, Sozi sind Sie wohl auch noch!!
WF: Ich kann meinen politischen Standpunkt in wenige Worte zusammenfassen.
WA: So?!
WF: Was wollen Sie damit sagen?
WA: Die Parteiprogramme sind nicht leicht zu unterscheiden, und da sind die Politiker übereingekommen, gegenseitig ihre charakteristischen Merkmale herauszuarbeiten...
WF: Aber angenommen, Herr Genscher ginge auf allen vieren und würde dabei nicht sprechen, darf dann Herr Stoiber "Blöder Hund" zu Herrn Genscher sagen?
WA: Liebes Kind, ich bin Gott sei Dank kein Politiker...
WF: Haben Sie einen Hund?
WA: Ich habe einen Langhaardackel...
WF: Sollen Hunde Fernsehen?
WA: Wie? Was?
WF: Ich glaube fast, Sie erschweren mir meine Arbeit absichtlich!
WA: Ich? Wieso? Können Sie die Frage nochmal wiederholen?
WF: Sollen Hunde Fernsehen?
WA: Der Besitz eines Fernsehapparates ist kein Grund zur Langeweile.
WF: Mein Gott, warum schreien Sie denn so?
WA: Ah ja, Sie haben recht... Ich bitte um Verzeihung. Grundsätzlich ist jedoch zu warnen vor Filmen brutaler oder anstößiger Art.
WF: Gefährdet die deutsche Nudel den Zusammenhalt der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft?
WA: Na, wir wollen ja nun nicht gleich mit dem Schlimmsten rechnen...
WF: Trägt hieran allein der Bundeskunz - Entschuldigung - der Bundeskanzler Schuld?
WA: Das ist eine unverschämte Behauptung!
WF: Was wird das Volk dazu sagen?
WA: Die möchten gern ein schönes Atomkraftwerk haben...
WF: Wie heißen Sie mit Vornamen?
WF: Ich heiße Herbert.
WF: Lesen Sie viel?
WA: Die Frankfurter Buchmesse liegt nun drei Monate zurück... Lassen Sie mich aus der Fülle der wichtigsten Neuerscheinungen ein Werk herausgreifen: Germersheim ab 12.36 Uhr, Westheim 12.42 Uhr, Luststadt an 12.46 Uhr. Noch Fragen?
WF: Hat Ihnen schon mal jemand gesagt, was für schöne braune Augen Sie haben?
WA: Merke: Nicht auf Bücher spucken.
WF: Nicht?
WA: Drück´ ich mich denn so undeutlich aus?
WF: Ist das mein Lippenstift da unten?
WA: Nehmen Sie die Hand aus meinem Jackett!
WF: Haben Sie meinen Toupierkamm gesehen?
WA: Nehmen Sie die Hand aus meiner Hose!
WF: Darf ich Sie küssen?
WA: Was machen Sie denn da?
WF: Fühlen Sie, wie Ihre Haarwurzeln aufatmen?
WA: Bitte?
WF: Ja oder nein?
WA: Hopsen Sie doch nicht so!
WF: Was gibt es denn Schöneres?
WA: Zwei Kosakenzipfel!
WF: Das ist mein Leibgericht...
WA: Darf ich offen sprechen?
WF: Ich glaube, da wäre eine Flasche Rotwein angebracht.
WA: Können Sie mir sagen, warum Sie in meiner Badewanne sitzen?
Stefan Becht
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