Stories_evoPod - November 2005

evoPod November 2005

Nach einem Monat Pause: Rückblick und Vorschau auf das, was die EVOLVER-Musikredaktion dieser Tage so an musikalischen Faves mit sich rumträgt.    22.11.2005

 

Christoph Prenner

Franz Ferdinand - What You Meant

aus dem Album: "You Could Have It So Much Better"


Warum sollte man zu den Fabulous Four aus Glasgow noch viele Worte verlieren? Sie sind ganz einfach die Band der Stunde, ja, des Jahres, wenn nicht gar der ersten Hälfte des Jahrzehnts. Zu hoch gegriffen? Mitnichten.

Wie man auf dem FF-Debüt 11 von 11 Treffern vorfinden konnte, so sind es auf "You Could Have It So Much Better" eben 13 von 13. Und das noch Tollere daran ist, daß diese zu völlig verschiedenen Phasen zünden. Hat man erstmal die offensichtlichen Hits abgehandelt und sich in die übrigens tadellosen Balladen eingegraben, gibt es immer noch die ganz, ganz hinterfotzigen Grower. Wie "What You Meant" eben, das unspektakulärste Highlight mit der kryptischen Textzeile: "I feel life inside the ligament". Ich heiße superenigmatisch.

 

Links:

Ladytron - Destroy Everything You Touch

aus dem Album: "Witching Hour"


Knapp, aber eben doch immer daneben zielten die vier playmobilfrisierten Mädchen und Jungs von Ladytron bislang, wenn es darum ging, ihren charmanten Eighties-Synth-Pop in größerem Stil an die potentielle Hörerschaft zu bringen. Zu glamourös für den Durchschnitts-Pop-Hörer, zu elektronisch für Sportjackenträger und generell zu 80s-Retro für die Zeit nach dem 80s-Revival (von dem sie auch nie so recht profitierten). Ob das mit einem Labelwechsel verbundene neue Album "Witching Hour" und sein nicht gerade sparsam bemessener Ohrwurmfaktor daran etwas ändern können, muß daher leider bezweifelt werden. "Destroy Everything You Touch" jedoch ist eine dieser Nummern, die man sich auch fürs nächste Client-Album wünschen würde.

 

Links:

Bloc Party - Two More Years

von der Single: "Two More Years"


Was Franz Ferdinand recht ist, kann Bloc Party nur billig sein. Also werfen auch die Neo-New-Waver - kaum daß der Trubel um ihr Debütalbum abgeklungen ist - gleich ohne große Verschnaufpause eine neue Single auf den Markt. "Two More Years" ist Vorbote für das Anfang nächsten Jahres erscheinende Nachfolgealbum zu "Silent Alarm" (von dem es übrigens nun eine abzocktechnisch geschickt lancierte "Special Edition" gibt) und präsentiert sich noch etwas poppiger als dessen Material. Earcandy der unverschämteren Sorte, bei dem nur eines stört: das ziemlich einfallslose Fadeout zum Schluß.

 

Links:

We Are Scientists - Nobody Move, Nobody Get Hurt

aus dem Album: "With Love and Squalor"


"Mit Liebe und Schmutz" haben We Are Scientists ihr erstes Album betitelt und beschreiben ihren Sound damit selbst recht passend. Das Trio, das entgegen seiner musikalischen Ausrichtung nicht aus Großbritannien, sondern aus Kalifornien stammt, gefällt sich in hymnischem, hochenergetischem Pop-Rock, der immer schmissig, nie jedoch allzu glattpoliert daherkommt. Ein Geheimtip, der sich in nächster Zukunft wohl auch bei uns herumsprechen dürfte. Sollte. Müßte.

 

Links:

The Dead 60s - New Town Disaster

aus dem Album: "The Dead 60s (US-Version)"


Seltsam ist das ja. Mittlerweise ist man es ja schon gewöhnt, daß CDs oft mit monatelanger Verspätung in Kontinentaleuropa erscheinen. Besonders obskur ist der Fall bei den ziemlich guten Clash-/Specials-Erben von The Dead 60s. Das Debütalbum der Briten erschien nämlich schon diesen Sommer, allerdings nur in den USA. Nun ist es endlich auch hier (und im UK) erhältlich, allerdings ohne einen der besten Songs der US-Version, "New Town Disaster" - der mit größerer Verbreitung die Renaissance des No-Future-Liedgutes einläuten hätte können. Aber wer will das schon?

 

Links:

Jackson & His Computer Band - Utopia

aus dem Album: "Smash"


Es gibt sie noch: dem Einzugsgebiet von Electronica und Co. zugehörige Tracks, die einem den Boden unter den Füßen wegzuziehen und die Wahrnehmung zu vernebeln wissen. Nachdem Funkstörung Richtung Pop und Aphex Twin Richtung Obskuristan wanderten, schien die erste Liga der IDM-Frickler erschütternd unbesetzt zu sein. Bis jetzt. Jackson nennt sich ein junger Franzose (mit imaginierter Computer Band), der das große Erbe der Zuvorgenannten mit Charme, Chuzpe und Genieblitzen in Programming zum Electro-Track des Jahres (eigentlich schon 2004, but who cares?) zusammengedrechselt hat. Pop-Musik für das Jahr 2020. Aphex, watch your ass!

 

Links:

Soulwax - NY Lipps

aus dem Album: "Nite Versions"


Zurück zu den Mash-up-Großtaten ihres 2-Many-DJs-Exkurses kehren Soulwax auf ihrem Mix-/Remixalbum zu "Any Minute Now". Rock-Fetischisten, die die Belgier vor allem ob ihrer ersten beiden LPs schätzen, dürfen hier getrost eine Lauschauszeit nehmen. Alle anderen freuen sich über ein zwar etwas offenkundiges Bootlegging von Soulwax´ "NY Excuse" mit "Funky Town" von Lipps Inc. Der Titel ist Programm, der Rest Kuhglockengeklöppel from Punk-Funk-Hell ...

 

Links:

LCD Soundsystem - Tribulations (Lindstrom Remix)

von der Single: "Tribulations"


Der beste Song aus einem der besten Alben der Saison. Die Widerhaken, die dieser New Ordereske Ohrwurm auch in der Tribal-lastigen Aufmachung eines gewissen Lindstrom zu setzen mag, sind auch nach dem geschätzt 124. Hördurchgang nicht loszuwerden. Da stört es dann auch nicht mehr, daß es etwa der Remix von Tiga mit dem Original nicht aufnehmen kann. Nur eine Bitte noch, Mr. James Murphy: Ein Live-Gastspiel ihres Soundsystems wäre jetzt echt einmal angebracht. Ja, auch in Österreich.

 

Links:

Matias Aguayo - De Papel

aus dem Album: "Are You Really Lost"


Wenn man jetzt sagen würde, daß dies hier eine Techno-Nummer ist, hätte man schon verloren. Dafür ist der Eröffnungs-Track des Solodebüts von Matias Aguayo, der einstigen Closer-Musik-Hälfte, ganz einfach zu - wie sagt man´s am klischeeverblödetsten? - ja, deep. Und sexy auf seine ganz eigene, creepy Art und Weise. Der Soundtrack für Sex im Straßengraben des Lost Highway. Ein weiteres, ganz spezielles Kapitel in der Enzyklopädie "Songs For Fucking".

 

Links:

Aswefall - Ride

aus dem Album: "Bleed"


Noch so ein Track, der sich auf der letzten New Order besser gemacht hätte als vieles, was man auf der letzten New Order letztlich gefunden hat. Diverse Remixe dieses Killer-Songs der Franzosen Aswefall tummeln sich ja schon seit geraumer Zeit auf den Dancefloors; dem sich wave-poppig in der Gehirnrinde einnistenden Original können sie aber nicht das Wasser reichen. Möchte nicht wissen, was geschieht, wenn Peter Hook diese Baßlinie zu hören kriegt ...

 

Links:

Kommentare_

Kino
Viennale 2012/Journal III

Me vs. The Mob

Im finalen Teil der EVOLVER-Festival-Berichterstattung müssen sowohl Woody Harrelson als auch Mads Mikkelsen mit einem ihnen feindlich gesinnten Umfeld fertig werden - freilich aus ganz unterschiedlichen Gründen. Hereinspaziert in "Rampart" und "Jagten".  

Kino
Viennale 2012/Journal II

Sehen und Raunen

Alte Helden, neue Helden: Takeshi Kitano findet in "Autoreiji: Biyondo" langsam wieder zu seiner Form zurück, verheddert sich aber letztlich zu sehr in der Handlung. Dafür darf Ben Wheatley nach "Sightseers" endgültig in die Riege der erstaunlichsten europäischen Regisseure aufgenommen werden.  

Kino
Viennale 2012/Journal I

Perspektiven-Rausch

Bleibende Eindrücke der ersten Viennale-Tage: Die akribische Doku "Room 237" zerlegt "The Shining" in alle Einzelbilder, die große Matthew-McConaughey-Schau "Killer Joe" dafür Hendln in mundgerechte Portionen.  

Kino
Das Bourne Vermächtnis / Interview Jeremy Renner

Der zweite Mann

Plötzlich A-List: Spätestens seit seinen Auftritten im "Avengers"-Film und im vierten "Mission: Impossible"-Teil gilt Jeremy Renner als Hollywoods kommender Superstar, auch wenn er darin eher nur in der zweiten Reihe stand. Im aktuellen "Bourne"-Sidequel spielt er nun auch erstmals in einem Blockbuster die Hauptrolle - zumindest so lange, bis Matt Damon wieder zurückkehrt. Der EVOLVER hat den 41jährigen zum Interview getroffen.  

Kino
/slashfilmfestival 2012

Sieben /slash-Schönheiten

Daß das /slashfilmfestival im Wiener Filmcasino eine gar nicht genug zu lobende Bereicherung der heimischen Kinolandschaft darstellt, hat sich längst herumgesprochen. Der EVOLVER stellt ausgewählte Glanzlichter des dritten Durchgangs vor.  

Kino
Viennale 2011/Journal III

Sturm und Zwang

Das dritte und letzte Kapitel unserer Viennale-Berichterstattung steht im Zeichen der Unruhe vor dem Sturm - und damit der beeindruckendsten Arbeit des Festivals: "Take Shelter".