Kino_Film-Tips Juni 2014

Lost Highway

Der "beste Spielfilm der Diagonale 2014" und halbgares Queer-Cinema sorgen diesen Monat ganz bestimmt nicht für Herzrasen. Und auch Tom Hardy als "Locke" kämpft - allein am Steuer - vergebens gegen die Müdigkeit an.    02.06.2014

EVOLVER-Redaktion

Maman und ich

(Les garçons et Guillaume, à table!)

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Filmstart: 6. Juni

 

Der Film zum Conchita-Hype: Es geht um einen effeminierten jungen Mann aus begüterter französischer Familie, der sich definitiv nicht für Sport, dafür umso mehr für Frauenkleider interessiert und deshalb von allen mit hübscher Selbstverständlichkeit für schwul gehalten wird. Wenn die Mutter die kinderreiche Familie zum Essen ruft, heißt es denn auch: "Die Buben und Guillaume zu Tisch!" (so übrigens der übersetzte Originaltitel des fünffach César-prämierten Films). Daß sich der Held zuletzt (Spoiler-Warnung!) als wackerer Hetero erweist, würde man für eine arg konstruierte Pointe halten, basierte der Film nicht auf selbst Erlebtem. Besagter Guillaume heißt nämlich mit Nachnamen Gallienne, und er hat nicht nur das Bühnenstück, das dem Film zugrunde liegt, sondern auch dessen Verfilmung geschrieben und inszeniert – mit sich selbst in beiden Hauptrollen. Richtig gelesen, denn Gallienne spielt hier nicht nur sich selbst, sondern auch, in wallender Blondperücke, seine eigene Mutter, die sich immer wieder mit teils ungebetenen Ratschlägen ins Bild drängt. Das Ganze ist hübsch anzusehen, hat Momente bizarrer Komik (Guillaume in Sisi-Verkleidung, Guillaume im Gespräch mit einer skurril maskulinen Psychiaterin), ermüdet letztendlich aber doch wie jeder zu ausführlich erzählte Witz, der auf einer einzigen Pointe beruht. Für Komplettisten des Queer-Cinema immerhin unverzichtbar. (HL)     

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Der letzte Tanz

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Filmstart: 13. Juni

 

Ist Houchang Allahyari Österreichs Fassbinder? Nicht nur, daß der aus dem Iran stammende Wiener Regisseur und Psychiater mit unbeirrbarer Regelmäßigkeit neue Arbeiten ins Kino bringt, erinnern auch Stil und Thematik von ferne an den deutschen Regie-Berserker. Immer geht es um sogenannte gesellschaftliche Außenseiter, immer wieder verdichtet Allahyari seine progressive Botschaft in Fabeln von gleichnishafter Schlichtheit, und noch dazu dreht er seit Jahren mit dem gleichen Team (dem inzwischen auch Teile seiner leiblichen Familie angehören). Im "Letzten Tanz", der bei der heurigen "Diagonale" als bester Spielfilm prämiert wurde, geht es um einen Zivildiener, der sich im Pflegeheim einer scheinbar dementen Patientin mehr annimmt, als dies die Gesellschaft akzeptieren würde. Der Film ist durch und durch sympathisch, profitiert von einer radikal kompromißlosen Erni Mangold in der weiblichen Hauptrolle - und hat dennoch zwei Schwächen, eine formale und eine inhaltliche. Allahyari teilt die einfache Geschichte in zwei Teile und erzählt den ersten in düsterem Schwarzweiß. Okay, das scheint zwar leicht manieriert, läßt sich aber hinnehmen. Schwerer wiegt der zweite Einwand. Der junge Zivildiener landet nämlich vor Gericht, und der Film macht ein großes Geheimnis um den eigentlichen Tatbestand, der ihm vorgeworfen wird. Was Ausdruck gelebter Empathie war, gilt der Justiz als Sex mit einer Abhängigen, doch diese Diskrepanz wird im Dialog nie auf den Punkt gebracht. Ein juristisch nicht vorgebildetes Publikum bleibt mit der Frage, was der junge Mann denn letztlich angestellt haben soll, allein. Immerhin sorgt "Der letzte Tanz" auf diese Art verläßlich für Diskussionsstoff. (HL)

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No Turning Back

(Locke)

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Filmstart: 19. Juni

 

Wie zum Beweis dafür, daß das digitale Zeitalter langweiliger ist als alles je zuvor, liefert der britische Regisseur Steven Knight (der zuvor schon mit dem Jason-Statham-Streifen "Redemption - Stunde der Vergeltung" nicht extra auffiel) mit seinem neuen Film eine fast eineinhalbstündige Übung in Langeweile. Er hält seine Digitalkamera nämlich die ganze Zeit auf Tom "Bane" Hardy, der im Auto von Birmingham fährt und dabei sein digitales Handy zum Telefonieren benützt. Öd? Darauf können Sie wetten. Noch schlimmer wird´s, wenn man als Zuseher (oder eigentlich Zuhörer) registriert hat, worum es bei dem Gefasel geht: Der Protganist hat bei einem One-Night-Stand irgendeine Frau geschwängert, die nicht die seine ist, und jetzt leitet er A. die Dame bei der Geburt an (als ob Frauen das nicht seit Jahrzehntausenden alleine könnten), läßt B. seine Familie im Stich (aber nicht ohne ermüdende Diskussionen) und macht sich C. noch in seinem Job als Bauingenieur wichtig, weil es ein entscheidendes Fundament zu gießen gibt. Da ist es D. kein Wunder, daß der Mensch nicht nur Familie und Arbeitsplatz verliert, sondern auch schon lange vorher das Interesse des Publikums. Aber Hauptsache, das Putzerl ist gesund ...

Obergscheite Kritiker bezeichnen solche Machwerke gern als "filmisches Experiment" oder "Kammerspiel". Aber leider - wenn bei so einem Einmannfilm der eine Mann nicht im Sarg liegt und um seine Atemluft kämpft, dann geht dem Experiment sehr schnell die Luft aus. (PH)

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Außerdem im Lichtspieltheater


Falls Sie die Juni-Filmstarts nicht wirklich zu einem Kinobesuch motivieren können: Godzilla und die X-Men warten seit Ende Mai darauf, die Welt auf höchst unterhaltsame Weise vor Ihren Augen in Schutt und Asche zu legen. Lesen Sie mehr dazu in unseren Film-Tips vom vergangenen Monat.

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Boyhood

ØØØØ

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Filmstart: 5. Juni

 

Viele halten Richard Linklaters Coming-of-Age-Story schon jetzt für den "Film des Jahres". Das ist "Boyhood" natürlich nicht. Sehenswert ist das verblüffende Projekt trotzdem, wie Hans Langsteiner weiß. Lesen Sie dazu den EVOLVER-Review "12 Years a Boy".

Kommentare_

HL - 06.06.2014 : 16.08
Diesmal bin ich mit Kollegen PH völlig einer Meinung! "No Turning Back" (Locke) ist wirklich das Ödeste, was uns die Viennale jemals als Abschlussfilm angedreht hat. Noch dazu ist der einsam schwätzende Driver so verrotzt, dass es mich alten Hypochonder schon beim Zuschaun in der Nase gekitzelt hat. Forget it!

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