Kino_The Hills Have Eyes II

Ich rieche, rieche Menschenfleisch!

Nachdem Alexandre Aja mit seinem Remake des Craven-Klassikers zeigen durfte, wie man´s richtig macht, kommt jetzt "Rohtenburg"-Regisseur Martin Weisz zum Zug. Leider stürzt uns das Sequel von den Hügeln der blutigen Augen ins Tal der Tränen.    17.04.2007

Blutig, gatschig, grauslich - und auch noch gekonnt inszeniert: So präsentierte sich vergangenes Jahr der erste Teil der wiedererweckten "The Hills Have Eyes"-Reihe, ein Remake des gleichnamigen Video-Nasty aus dem Jahre 1977. Seinerzeit wurde der Film über die entartete Hügelfamilie von Kino-Meisterschrecker Wes Craven inszeniert, der bereits mit seinem unbequemen Erstling "The Last House on the Left" zu gefallen wußte und später das Monster-Idol Freddy Kruger erschuf.

Beinahe drei Jahrzehnte später zauberte "Haute Tension"-Regisseur Alexandre Aja aus dem schon etwas angestaubten Original ein feuchtfröhliches Spektakel, an dessen blutdurchtränkter Garderobe wohl auch die leistungsfähigste Münzwäscherei scheitern würde ... Wenn für die siebenköpfige Familie Carter in der einsamen Wüste New Mexicos dank menschenfressender Mutanten der Alptraum beginnt, bleibt nämlich kein T-Shirt trocken. Nebenbei beinhaltete die Story im ersten Teil sogar einen fundierten gesellschafts- und sozialkritischen Background, von dem im Sequel leider nichts mehr übrig ist: Wirft man einen Blick hinter die Fassade der "neuen" Geschichte, bleiben nur eine leere Hülle und ein schaler Nachgeschmack über.

 

Die Fortsetzung von Regisseur Martin Weisz führt erneut nach New Mexiko - aber die Carters gibt es diesmal nicht mehr. Stattdessen hat das amerikanische Militär im ehemaligen Atombombentestgelände sein Lager aufgeschlagen: Eine Kompanie unerfahrener Kadetten des United States Marine Corps - darunter auch zwei Damen - soll ein Team von Atomwissenschaftlern mit neuer Ausrüstung beliefern. Der Zuseher wird sogleich mit unzähligen Namen und Figuren bombardiert, die er sich unmöglich merken kann. Die Charaktere sind so flach, daß der Wunsch, sie endlich sterben zu sehen, schnell alles andere überwiegt.

Als die Kadetten im Camp ankommen, ist es menschenleer. Umgehend machen sich die Soldaten auf die Suche nach den verschollenen Kameraden und ahnen nicht, welche Bestien in den Hügeln der blutigen Augen auf sie lauern. Ihre Gefährten, die schon längst zerstückelt, ausgeweidet oder zerschmettert sind, haben da einen klaren Vorsprung: "Die Glücklichen sterben zuerst", so der programmatische Titel des Sequels.

Glücklich sind aber leider auch diejenigen, die gar nicht erst im Kino waren … "The Hills Have Eyes II" geht den Weg zahlreicher anderer Fließbandproduktionen wie "Saw", die mit ihren Fortsetzungen derzeit immer neue Tiefpunkte erreichen: Die dicken Dollarzeichen in den Augen der Produzenten und Studiobosse versperren den Blick auf das Wesentliche - eine gute Story, umgesetzt in einen optisch ansprechenden Film.

 

Dabei fängt das Fiasko ganz vielversprechend an: Regisseur Martin Weisz experimentiert mit verblüffenden Einstellungen und wackeliger Handkamera. Doch je weiter der Film voranschreitet, desto mehr zerfällt er in langweilige Sequenzen. Die atomverseuchten Mutanten werden zu hirnlosen Bestien degradiert, denen es nur um ihr leibliches Wohl geht: frisches Menschenfleisch, mmhhh, schmatz, lecker.

Im ersten Teil erklärten die Bösewichte wenigstens noch ihr Verhalten: "Deine Regierung hatte unsere Familie aufgefordert, diese Stadt zu verlassen. Und dann habt ihr unsere Häuser zerstört. Wir sind in die Minen gegangen, ihr habt eure Bomben gezündet und alles in Asche verwandelt. Ihr habt uns zu dem gemacht, was wir geworden sind. BUMM, BUMM, BUMM." Aber bei Teil eins haben ja immerhin auch noch Craven und sein Sohn höchstpersönlich am Drehbuch mitgearbeitet ... (Anm. der Red.: Wer sich noch an das Sequel zum Original erinnert, der weiß, daß das schon damals keinen Chestburster hinter dem Ofen hervorlocken konnte.)

Wieder lernt der Zuseher, auf wieviele verschiedene Weisen ein menschlicher Körper zerstört werden kann, während er beim Abschlachten der feschen Kadetten zuschaut. Doch wahrer Horror bedeutet bekanntlich auch immer Schrecken, Spannung und Herzrasen. Diese Fortsetzung sorgt jedoch höchstens für müde Gesichter im Kinosaal - und lediglich die gewohnt versierten Spezialeffekte aus dem Hause der K.N.B. EFX Group bescheren etwas Aufmunterung für zwischendurch.

Martina Schwaiger

The Hills Have Eyes II

Ø


USA 2007

89 Min.

Regie: Martin Weisz

Darsteller: Michael McMillian, Jessica Stroup, Jacob Vargas u. a. 

Links:

Kommentare_

Musik
White Lies - To Lose My Life

No Fun = Fun

Frischer Indie-Rock aus dem West-Londoner Ealing versucht sich in unseren Hörnerven festzusetzen. Um diese Band kommt man dieses Jahr nicht herum. Also: Vorhang auf für die "frommen Lügen".  

Kino
Planet Terror

Feuer frei, Baby!

In seinem sehr gelungenen Beitrag zum "Grindhouse"-Double-Feature serviert uns Robert Rodriguez besten Trash-Horror mit einem Hauch rabenschwarzen Humors. Na dann: Es ist angerichtet!  

Kino
Death Proof - Todsicher

Damenqual

On the Highway to Hell: Kopierkönig Quentin Tarantino meldet sich mit einem von kongenialem Siebziger-Jahre-Schund "inspirierten" Film zurück - der gleichermaßen eine Hommage an Meisterwerke wie "Vanishing Point" oder "Faster, Pussycat! Kill! Kill!" darstellt.  

Kino
Irina Palm

Who the fuck is Irina Palm?

Warum befindet sich in einem Sexshop ein Loch in der Wand - und was hat das mit Familiensinn zu tun? Diese und andere Fragen beantwortet ein wunderbarer Film über eine Mittfünfzigerin, die ihr Leben (und vieles mehr) neu anpackt.  

Kino
Hostel 2

Zweiter Gang: Jungfernspießchen

Auf ins Land des käuflichen Todes: Regisseur Eli Roth vermischt auch in der Fortsetzung seiner Ostblock-Schlachtplatte zarte junge Touristenzutaten zu einem blutigen Szenario für Folterfreunde.  

Musik
Wir sind Helden - Soundso

Sie nennen es Arbeit

Diese Band ist ein Grund zur Panik - für Fans wie Gegner gleichermaßen. Jetzt stehen die Berliner Schlager-Popper mit ihrem dritten Album vor der Tür. Zumindest für unsere Autorin ist das kein Anlaß zur Flucht, sondern einer zur Freude.