Kino_Planet Terror

Feuer frei, Baby!

In seinem sehr gelungenen Beitrag zum "Grindhouse"-Double-Feature serviert uns Robert Rodriguez besten Trash-Horror mit einem Hauch rabenschwarzen Humors. Na dann: Es ist angerichtet!    04.10.2007

Sexy, sexy: Gleich zu Beginn liefert Robert "Sin City" Rodriguez den Zusehern Frischfleisch. Cherry Darling (Rose McGowan, dem einen oder anderen sicher bekannt aus "Charmed") zelebriert in einer langen Eingangssequenz einen heißen Go-Go-Tanz - und wickelt damit alle um den Finger. Sie setzt also gleich anfangs ihre Vorzüge in Szene: rassige Weiblichkeit gepaart mit Charme und Frauen-Power (wie man heute leider so sagt). Im Lauf des Films soll sie dazu noch öfters Gelegenheit bekommen. Sie verliert nämlich infolge einer Zombie-Attacke ihr Bein und bekommt statt einer Prothese ein Maschinengewehr eingesetzt, mit der sie recht spektakulär auf Untotenjagd geht.

Aber: Wie konnte es soweit kommen? Der Grund für die Untotenplage hat einiges mit biochemischen Waffen zu tun, deren Gase durch einen Unfall an die frische Luft von Texas gelangt sind und die Zellstruktur im menschlichen Körper verändern. Das Ergebnis sind entstellte Rednecks, die an die atomar verseuchten Menschen aus "The Hills Have Eyes" erinnern. Kein Wunder - da wie dort war Greg Nicotero für Make-up und Spezialeffekte verantwortlich. Eiterbeulen, Schleim und Blut brechen also aus allen möglichen und unmöglichen Körperöffnungen der Untoten oder noch Lebenden hervor.

 

Rodriguez spielt mit der Dekonstruktion des Menschlichen und der Zerstörung des Physischen. "Es bildet sich über den ganzen Körper aus", beschreibt Nicotero den Verwandlungsprozeß von Menschen zu den "Sickos", wie sie im Film heißen. "Die Haut der Opfer bildet mit Flüssigkeit gefüllte Säckchen, Pusteln und dieses ganze eklige, nässende Zeug. Das geschieht im ersten Stadium. Im zweiten Stadium sind die Pusteln und Wunden noch viel größer. Im dritten und letzten Stadium verformen sich die Köpfe, und die Körper mutieren vollends zu einer einzigen Wunde. Sie sehen aus, als sei das Fleisch geschmolzen und dann wieder zusammengewachsen."

Doch selbst derart perverse Typen müssen gelegentlich essen - und ziehen traditionsgemäß Menschenfleisch vor. Daher werden im "Grindhouse"-Beitrag von Robert Rodriguez permanent Menschen abgeschlachtet und Eingeweide aus der Magenhöhle gezogen; eine besondere Delikatesse dürfte bei allen männlichen Zusehern ein unangenehmes Ziehen in der Lendengegend hervorrufen. Nicht nur aus diesem Grund müssen die Sickos gestoppt werden - und zwar von Cherry sowie ihrem waffenversierten Ex (Freddy Rodriguez aus "Six Feet Under") und einer Horde Unerschrockener.

Der originell umgesetzte Feldzug gegen die Zombies läßt kein Beuschel aus und wirkt gelegentlich so überspitzt, daß der Film eben deswegen (weil er sich nicht ernst nimmt) so gut funktioniert. Das Ergebnis ist eine gelungene Mischung aus Trash, Splatter, Erotik, Horror, Komödie und Endzeit-Thriller (und insgesamt um einiges besser als Quentins dialoglastiger, fader Beitrag "Death Proof", Anm. d. Red.).

Martina Schwaiger

Planet Terror

ØØØØ

(Grindhouse - Planet Terror)


USA 2007

102 Min.

Regie: Robert Rodriguez

Darsteller: Rose McGowan, Freddy Rodriguez, Marley Shelton u. a.

Links:

Kommentare_

Harald L. - 05.10.2007 : 21.04
Death Proof - fad??? Da muss ich ganz energisch widersprechen. Der war wunderbar - eine liebvolle Hommage an das Bleifußkino der Seventies; m.E. der bessere der beiden Grindhouse-Filme. Obwohl Planet Terror auch gehörig rockt.
cp - 08.10.2007 : 21.05
was für den einen eine hommage ist, ist für den anderen halt der x-te gescheiterte versuch im filmemachen nach dem xerox-prinzip. einmal durchlaufen lassen, eine blasse kopie des originals rausziehen und denen, die selbiges nicht kennen (weil sie zu spätgeboren sind etwa) erzählen, daß das alles eh im sinne des erfinders und mindestens genauso wie damals, also schon ziemlich clever sei.
es bleibt dabei: tarantino kann nix, gar nix. außer jenen, die halt an einem verkifften wg-abend ein wenig filmklugscheißern wollen, alle paar jahre minderwertig gestreckten stoff als "kult" zu verkaufen.
Harald L. - 08.10.2007 : 21.27
@cp: wie auch immer man über tarantino denken mag: wenn er es schafft, auch nur ein promille der spätgeborenen zu motivieren, nach den originalen ausschau zu halten, hat sich seine xerox-methode schon gelohnt.
ich hab mir eben 'vanishing point' und 'inglorious bastards' bestellt ...

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