Kino_Death Proof - Todsicher

Damenqual

On the Highway to Hell: Kopierkönig Quentin Tarantino meldet sich mit einem von kongenialem Siebziger-Jahre-Schund "inspirierten" Film zurück - der gleichermaßen eine Hommage an Meisterwerke wie "Vanishing Point" oder "Faster, Pussycat! Kill! Kill!" darstellt.    19.07.2007

Füße. Frauenfüße. Rot lackierte Zehennägel. Quentin Tarantino macht schon zu Beginn von "Death Proof" keine Gefangenen und beginnt seinen fünften Film gleich mit seinem Lieblingsfetisch. Eine Point-of-view-Einstellung zeigt zarte Mädchenfüße, die auf dem Armaturenbrett eines fahrenden Autos liegen - und ist zugleich auch ein Ausblick auf die Kombination, die diesen Film zum optischen Kracher macht: heiße Ladies und schnelle Schlitten.

 

Stuntman Mike (Kurt Russell) liebt seinen aufgemotzten Dodge Charger und rasante Verfolgungsjagden. Seine privaten Kicks holt er sich, indem er frontalen Crashkurs auf andere Fahrzeuge nimmt und sie zerstört. Die Unfälle überlebt jedoch nur er in seinem todsicheren Auto.

Doch in Tennessee trifft er auf eine Bande von Mädchen, die er heftigst unterschätzt. Die vier Frauen - Zoё (Zoё Bell), Abernathy (Rosario Dawson), Kim (Tracie Thoms) und Lee (Mary Elizabeth Winstead) - arbeiten nämlich auch alle beim Film. Zwei von ihnen, Zoё und Kim, sind sogar Stuntfrauen und kennen sich mit schnellen Fahrzeugen also bestens aus. Zoё (die Stuntfrau von Uma Thurman in "Kill Bill" spielt sich quasi selbst), die aus Neuseeland angereist ist, will in den Staaten unbedingt einen Dodge Challenger probefahren - genau das Modell, das Barry Newman auch schon im legendären "Vanishing Point - Fluchtpunkt San Francisco" fuhr. Und das nicht irgendwie, sondern am Rücken liegend und auf der Motorhaube festgebunden. Perfekte Opfer für Maniac Mike? Nur vermeintlich ... Hat da jemand "Faster, Pussycat! Kill! Kill!" gesagt?

In den USA präsentierte Tarantino seinen Film in einem B-Movie-Kinoabend im Stile der in den 70er Jahren noch durchaus üblichen Grindhouse-Double-Features. Die Zuseher bekamen für den Preis eines Filmes gleich zwei geboten: Tarantinos "Death Proof" und "Planet Terror" von Robert Rodriguez. Im Paket enthalten waren zudem noch vier Fake-Trailer, unter anderem von Rob Zombie, Edgar Wright und Eli Roth. Roth selbst übernahm dann auch gleich noch eine kleine Rolle in "Death Proof". Das Experiment war in den USA jedoch alles andere als ein kommerzieller Hit; daher werden in Europa nun beide Filme als Einzelwerke und mit verschiedenen Startterminen präsentiert. "Death Proof" startet am 19. Juli, für "Planet Terror" muß man sich noch bis 4. Oktober gedulden.

 

Auch optisch versucht Tarantino eine Annäherung an das Grindhouse-Kino. Da es damals meist nur sechs bis zehn Kopien von einem Film gab, die dann landauf, landab von Kino zu Kino wanderten, waren diese innerhalb eines Jahres oftmals völlig zerstört. Folgerichtig sind auch hier die vier ersten Rollen (nachträglich digital) zerkratzt und teilweise ausgebleicht. Außerdem fehlen manchmal absichtlich ganze Szenen. Dann folgen allerdings wieder Filmrollen, die in prächtigstem Technicolor erstrahlen.

Tarantino bedient sich in "Death Proof" verschiedener Genres (Serienkiller-Film, Car-Chase-Movies und Exploitation-Kino), die sich vermischen und ineinander übergehen. Also alles sehr retro - bis auf die Frauen freilich: Die sind weit mehr als sexy Girls in heißen Outfits, sondern starke Amazonen mit Hirn.

Die zeitweise langatmigen Dialoge nerven zwar etwas, aber dafür wird man mit der nächsten Einstellung im unverwechselbaren Tarantino-Stil wieder belohnt. Er switcht mitten im Film bei einer Szene von Farbe auf Schwarzweiß und wieder zurück, friert Bilder mitten in einem Kampf ein - "Kill Bill" läßt grüßen. Und am Ende bringt er sogar seinen liebsten Körperteil (den weiblichen Fuß) nochmals mit ins Spiel. Wie? Das sei an dieser Stelle nicht verraten.

Martina Schwaiger

Death Proof - Todsicher

ØØØ 1/2

(Grindhouse - Death Proof)


USA 2007

113 Min.

Regie: Quentin Tarantino

Darsteller: Kurt Russell, Rosario Dawson, Zoё Bell u.a.

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