Kolumnen_Der Misanthrop: Diejenigen, welche...

Diejenigen, welche...

Diesmal geht es nicht um eine spezielle Gruppe, sondern um Leute, deren Mangel an Auffassungsgabe, Erziehung und Intelligenz den Rest der Menschheit quält.    16.06.2003

Selbst der ganz allgemein von Unmut erfüllte Menschenfeind braucht immer wieder genau definierte bewegliche Ziele. Leider ist es aber schier unmöglich, eine genaue Nomenklatur des Humanoidentyps zu erstellen, der in dieser Folge seziert werden soll. Trotz intensiver Auseinandersetzung mit den multiplen sozialen und charakterlichen Verfehlungen dieser Leute mußte jeder diesbezügliche Versuch scheitern. Versuchen wir´s also so: Es geht um diejenigen, welche nicht nur dem ausgewiesenen Misanthropen den Alltag verhageln. Die Berliner Band Knorkator widmete besagter Spezies das frühe Werk "Ding inne Schnauze" und schaffte mit der zweiten Strophe des Liedes eine gelungene Annäherung:

 

"Zeitung holen, hat Kiosk denn noch auf?

Kurz vor halb, und ab im Dauerlauf;

Kinder stehn mit Fahrrad vor der Tür:

'Hat schon zu!' so rufen sie zu mir.

Vielen Dank, daß ihr es mir gesagt, ohne daß

ich euch danach gefragt!

Ding inne Schnauze, Ding inne Fresse,

Ding inne Schnauze, du altes Schwein!"

(Knorkator - "Ding inne Schnauze", vom Album "The schlechtz of")

 

Heute geht es eben nicht um eine spezielle und isolierbare Gruppe, sondern um jene Männer, Frauen, Teetrinker, Mega-Eventianer, Raucher, Nichtraucher und sonstige, deren eklatanter Mangel an Auffassungsgabe, Erziehung, situativer Intelligenz und Einfühlungsvermögen all jene straft, die mit den nämlichen Eigenschaften ausgestattet sind und denjenigen, welchen auf Schritt und Tritt begegnen. Sie kennen naturgemäß auch diejenigen, welche nach ihnen zur Fahrstuhltür oder an die Fußgängerampel kommen und den längst betätigten und illuminierten Knopf ein zweites Mal drücken, als würden die Automaten ihrem Aufruf eher gehorchen.

Schrecklich sind auch diejenigen, welche "Tut es denn sehr weh?" fragen, wenn man sich gerade in vollem Lauf das Schienbein an einem Metallträger gestoßen hat. Oder diejenigen, welche einen, während man Salz auf einen Rotweinfleck auf der neuen beigen Hose streut, darauf hinweisen, daß man, so vermuten sie, gerade etwas gekleckert hätte. Man kennt diejenigen ja schon aus alten Schultagen. Wenn der strenge Lehrer rückenmarkserschütternde Tiraden auf notorische Zuspätkommer hielt und man nur hoffte, daß in diesem Moment alle noch nicht anwesenden Mitschüler krank im Bett lägen, öffnete einer derjenigen schwungvoll die Tür zum Klassenzimmer, um mit einem herzhaft geflöteten "Guten Morgen!" das Faß zum Überlaufen zu bringen.

Die Städte sind voll von denjenigen. Ihre Nachkommen haben Deutschlands PISA-Ergebnis versaut. Und sie selbst durchwandern alle gesellschaftlichen Schichten westlicher Gesellschaften. Ja, sie würden sogar diese Kolumne lesen und sich köstlich darüber amüsieren, weil sie nicht den geringsten Verdacht hätten, daß es genau um SIE SIE SIE geht - nämlich um diejenigen, welche...

Benny Denes

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