Kolumnen_Der Misanthrop: Fachverkäuferinnen

Fachverkäuferinnen

Wenn man nur alle Einkäufe via Internet erledigen könnte! Bis es soweit ist, wird man sich weiter mit dem Phänomen der vermeintlichen Expertinnen auseinandersetzen müssen.    07.10.2002

Einkaufen kann Spaß machen - in den vollautomatischen Läden des Internet zum Beispiel, wo man nicht dauernd von Personal und dahergelaufener Laufkundschaft behelligt wird. Doch wer kann schon alle Einkäufe auf diesem Wege erledigen? Leider kaum jemand. Und der ganz normale Konsumalltag wird einem in erster Linie von der üblen Spezies der Fachverkäuferinnen vergällt.

Es gehört sicherlich zu den nachhaltigsten Erlebnissen im Leben eines (fast) neutralen Beobachters, wenn die Durchsage "Security bitte auf 500 bei Sportswear" ertönt, sobald ein dunkelhaariger Mann ohne fachkundige Aufsicht auf den Ständer mit den Jogging-Anzügen zusteuert. Einfach ekelhaft ist auch die rituell automatisierte Anbiederung von Bekleidungsfachverkäuferinnen. Man ist keine zwanzig Sekunden im Laden, versucht gerade herauszufinden, ob Stil und Preisklasse des Geschäfts mit den eigenen Kauferwartungen kompatibel sind, und schon sticht einem der Dolch ins Ohr: "Kann ich was für Sie tun?" Der Misanthrop pflegt darauf zu antworten: "Ja, lassen Sie mich in Ruhe!" Was ist daran so schwer zu verstehen?! Warum will dieses Volk nicht begreifen, daß man die heuchlerischen Trivialbemerkungen geistig minderbemittelter und selbst in textile Abscheulichkeiten gehüllter Mittfünfzigerinnen nicht als sonderlich inspirierend empfindet?

Der Super-Einkaufs-GAU für routinierte Menschenfeinde ist allerdings die Notwendigkeit des Nachfragens. Wenn man etwas Bestimmtes sucht (und dank des organisierten Sauhaufens im sogenannten Shopping-Center nicht findet) oder womöglich eine komplizierte Bestellung machen will (und sie sind alle kompliziert, glauben Sie mir), dann muß man leider eine Fachverkäuferin ansprechen. Wie gären doch die Magensäfte, wenn eine übergewichtige Wurstfrau mit spitzem Kinn und fleckigem Kittel bereits nach dem Hauptsatz "Ich wollte fragen ..." und vor dem Nebensatz "... ob Sie Serrano-Schinken haben" kopfschüttelnd "NEIN!!!" röhrt, und das in einem Ton, als hätte man Sie um 100 Euro angeschnorrt. Nicht selten werden derart traumatische Erlebnisse von einem überflüssigen Ratschlag à la "Den werden Sie aber in dieser Stadt auch nicht bekommen" garniert.

Da fällt mir ein: Ein Internet-Shop mit widerspenstigen, unmotivierten und inkompetenten Fachverkäuferinnen (von mir aus auch als Flash-Filmchen) wäre doch eine echte Marktlücke. Denn der durchschnittliche Konsument ist devot: Er will nicht nur zum Kaufen verführt, sondern dabei auch noch gedemütigt werden.

Wieder eine Idee verschenkt...

Benny Denes

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