Musik_CD-Tips KW 28/08

Brand New You´re Retro

Es lebe die Individualität! Diese drei Künstler eint wenig - außer einem unstillbaren Forscherdrang. Und einem Hang, diese Lust am Experiment auch auszuleben.    11.07.2008

Manfred Prescher

Tricky - Knowle West Boy

ØØØØ 1/2

Domino/Indigo/Hoanzl (GB 2008)

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Fünf Jahre ist es her, da hat uns TripHop-King Adrian "Tricky" Thaws zuletzt mit einer CD überrascht. Allerdings nicht besonders positiv: "Vulnerable" geriet ziemlich medioker. Es ist daher kein Wunder, daß der Held aus Bristol fast in Vergessenheit geriet.

Jetzt meldet er sich dafür umso vehementer mit einem durchgängig guten Album zurück. Tricky singt (!), rappt und murmelt, was das Zeug hält – und beeindruckt vor allem durch eine enorme Style-Vielfalt: Am funkigen "C´mon Baby" hätten Prince und Bootsy Collins ihre Freude, das deprimierende Adoleszenz-Drama "School Gates" bringt Steine zum Erweichen und ist ein würdiges Finale. Natürlich dominieren wieder Frauenstimmen, aber mit Ex-Freundin Luba, die "Past Mistake" schlicht Seele verleiht, oder mit Alex Mills ("Puppy Toy") hat er wieder einmal perfekte Partnerinnen gefunden. Auch Kylie Minogue ist dabei, allerdings nur in Form der sehr gelungenen Version ihres Hits "Slow". Trickys neues Album ist ein echtes Füllhorn - und genau deshalb wird man lange Spaß dran haben.

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Ry Cooder - I, Flathead

ØØØØ 1/2

Warner (USA 2008)

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Der Kalifornier Ry Cooder schließt mit "I, Flathead" die dreiteilige Hommage an seine Heimatstadt Los Angeles ab. Nach "Chávez Ravine" und "My Name Is Buddy" gelingt dem 61jährigen Gitarristen, Komponisten und Produzenten erneut ein Meisterwerk. Im Fokus stehen dieses Mal die Autos einer längst vergangenen Zeit. Damals, in den 50er Jahren, als die Heckflossen in Mode waren und Motorsport noch ein oft tödliches Vergnügen, wurde das schnöde Fortbewegungsmittel zum Pop-Idol. Cooder erzählt die Geschichte des altgewordenen Salzsee-Rennfahrers Kash Buk, der für seinen Speed-Kick bis in die Hölle beschleunigen würde. Natürlich ist das alles romantisch verklärend, aber doch so schön, daß man gar nicht zu wissen braucht, was ein Flathead eigentlich ist. Tex-Mex-Mariachi-Klänge, Country ("Johnny Cash", inklusive der von Alabama 3 entwendeten Idee, Songtitel des Meisters einzubauen), Swing, Boogie, Rockabilly-Blues und das Tom-Waits-ige "Can I Smoke In Here" - daraus machen andere drei Alben. Übrigens: Man kann "I, Flathead" auch ohne die beiden Vorgänger-CDs genießen.

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Beck - Modern Guilt

ØØØØ

Beggars Group/Indigo (USA 2008)

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Beck Hansen ist ein konsequenter Verweigerer: Eine zweite Slacker-Hymne vom Schlage seines "Loser"-Hits wird es im Leben nicht geben. Das hat nun endlich auch seine langjährige Major-Plattenfirma gemerkt - und ihn in die wohlverdienten Indie-Gründe zurückgeschickt. Dort gehört Beck auch hin.

"Modern Guilt" verzichtet auf Eruptionen im Stile von "E-Pro" oder "Hell Yes"; das gemeinsam mit Danger Mouse produzierte Album gibt sich durchgehend loungig-melancholisch. Ausnahmen sind die Sixties-Reminiszenz "Gamma Ray" und der groovige Titeltrack. Im Gegensatz zum Ideen-Overkill des Vorgängerwerks "The Information" kommt "Modern Guilt" mit zehn Stücken aus. Dafür ist - bis auf die maue Single "Chemtrails" - jeder Song ein Treffer. Folk mischt sich mit Disco, Blues mit luftigem Swing - oder, wie im Intro zu "Soul Of A Man", mit Hippie-Rock. Auch wenn "Modern Guilt" nicht an das wesensverwandte "Odelay" heranreicht: Beck ist und bleibt unser Lieblings-Chillout-Folkie.

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