Musik_CD-Tips KW 43/07

Blackouts und Chromträume

Nicht nur Gutes kommt zurück: In dieser Ausgabe unserer Plattentips feiern unter anderem dicke Amischlitten und bunte Pop-Königinnen ihr Comeback.    26.10.2007

Manfred Prescher

Roisin Murphy - Overpowered

ØØØØ

EMI (GB 2007)

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Die Irin Roisin Murphy ist ein echter Paradiesvogel: Schon als Teil des Duos Moloko zeigte sie, daß sie verschiedene tanzbare Styles mit elegantem Pop verbinden konnte. Ihr erstes Soloalbum "Ruby Blue" geriet sogar noch housiger und gelackter, doch diese Entwicklung hat Roisin erstmal gestoppt.

"Overpowered" ist zwar immer noch eine musikalische Pralinenschachtel, aber eine, die mit Vielfalt lockt. So ist zum Beispiel das Titelstück ein betörender Elektro-Hit zum Mitsummen und wurde daher zu Recht als Single ausgewählt. Mit "Checkin´ On Me" lebt die Künstlerin ihre Liebe für Barswing aus, mit "Cry Baby" ihre Techno-Passion. Beide Songs hätte es allerdings nicht gebraucht. Viel spannender sind das fast schon quälend langsame "Scarlet Ribbons" und "Primitive", das von einem einfachen, aber ganz und gar nicht primitiven Beat durchzogen wird. Auch wenn Roisin Murphy nicht jeder Ausflug in fremde Sound-Gefilde gelingt, muß man eines festhalten: "Overpowered" ist ein vielseitiges Stück Groove, das auf der Tanzfläche und zu Hause prima unterhält.

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Neil Young - Chrome Dreams II

ØØØ

Warner (USA 2007)

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Neil Young scheint immer mehr zum Fossil zu werden - zu einem, das ebenso gestrig ist wie ein V8-Big-Block in einem alten Amischlitten. Der Kanadier besingt die Zeiten, als man wirklich noch just for fun mit Chevys, Cadillacs oder Buick Roadmasters über endlose Highways cruisen konnte, ohne dabei an Klimawandel oder Tankbelege zu denken. Die "II" im Titel steht tatsächlich für eine Fortsetzung: Bereits in den 70er Jahren hat Young einen ersten Teil konzipiert. Der kam allerdings 1992 nur in den USA heraus und war auch dort nur kurz erhältlich. Die Songs wurden auf anderen Alben Youngs verwendet.

"Chrome Dreams II" ist zwar ein altmodisches Album, aber an manchen Ecken so aufregend wie die Linien eines 58er Studebaker. Auf so etwas steht aber nicht jeder: "Boxcar" ist ein Stück Folk, an dem auch Pete Seeger seine Freude hätte, "Dirty Old Man" rockt schmutzig wie eine Bukowski-Kurzgeschichte, und "Beautiful Bluebird" ist die typische, wunderhübsche Young-Elegie. Der Staub der Straße hält das Album zusammen, aber er sorgt leider auch dafür, daß einige Ideen auf dem Weg steckenbleiben. Ein großes Werk ist "Chrome Dreams II" nicht, ein Muß für Neils Fans natürlich schon.

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Britney Spears - Blackout

ØØØ

SonyBMG (USA 2007)

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So etwas soll´s ja geben: Man ist für einen Moment unkonzentriert, nicht bei der Sache, und schon läuft das komplette Leben aus dem Ruder. Ex-Teenie-Star Britney Spears kann davon ein Lied singen, aber eines reicht nicht. Also legt sie zwölfmal Zeugnis darüber ab, daß es ihr nach Klatschspalten-Exzessen mit körperlicher Derangiertheit nun wieder besser geht.

Musikalisch ist "Blackout" wirklich nicht schlecht. Britney wird zwar keine große Künstlerin mehr, aber das Album ist doch gut anzuhören. Es wurde unter anderem von Nate Hills, der auch bei Nelly Furtado an den Reglern saß, und Kara DioGuardi (Kelly Clarkson) auf Vordermann gebracht. Leider haben sich die Verantwortlichen nicht dazu durchringen können, die Platte in die Obhut eines einzigen Producers, am Besten in die von Hills, zu geben. Daher ist der CD anzuhören, daß zu viele Köche daran herumwürzten. "Blackout" wird - da muß man kein Prophet sein - ein Riesenerfolg mit vielen Hits werden. Es gewährt dank Stücken wie "Pieces Of Me" und "Radar" sogar den einen oder anderen Blick auf die erwachsene Britney. Und die ist gar nicht mal schlecht. Bei "Perfect Lover" gibt sie sogar überzeugend Donna Summer, Modell 2007.

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