Musik_CD-Tips KW 04/08

Frauen am Rande des Fiaskos

Eine Dame, die immer wie sie selbst klingt; eine, die an den jungen Cave erinnert; dazu ein echtes "Fiasco" - das sind die Höhepunkte der Woche.    25.01.2008

Manfred Prescher

Rykarda Parasol - Our Hearts First Meet

ØØØØ

Glitterhouse/Indigo (USA 2007)

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Schon erstaunlich: Die Amerikanerin Rykarda Parasol ist die weibliche Inkarnation des jungen Cave. Sie erstaunt mit einer atmosphärisch dichten, nach gruftigem Blues tönenden, musikalischen Düsterwelt, die irgendwo zwischen Nicks "The Moon Is In The Gutter" und "She Fell Away" liegt. Sehr moll-ig, sehr schön - und ein wenig PJ Harvey (in "Candy Gold" und "Lullaby For Blacktail") klingt auch mit.

Wer sich Parasol nennt, was irgendwie nach Insektenvertilger oder giftigem Kampfstern klingt (oder nach Schwammerl, Anm. d. Chefred.), und Tochter eines Holocaust-Überlebenden ist, schreibt zwangsläufig Geschichten, die nicht von glücklichen Kühen auf weltfernen Weiden handeln. Stattdessen gibt es auf "Our Hearts" düstere Prophezeiungen und Beschreibungen von meist persönlichen Untergängen. "How Does A Woman Fall", "Lonesome Place" oder "Good Sick" heißen diese Marksteine auf dem highway to hell. Dieser aber ist mit Melodien gepflastert, die den Melancholiker auch dann noch ergreifen, wenn er weiß, wohin die Reise unweigerlich gehen muß.

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Cat Power - Jukebox

ØØØØ 1/2

Matador/Indigo/edel (USA 2008)

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Chan Marshall, besser bekannt als Cat Power, tut etwas, das spätestens seit Hayseed Dixie und Texas Lightning verpönt sein müßte: sie covert Songs anderer Künstler. Weil es ihr aber gelingt, daß selbst totgenudelte Gassenhauer wie "Satisfaction" so klingen, als hätte es sie vor der Cat-Power-Aufnahme noch gar nicht gegeben, wird ihre Vorgehensweise geadelt.

Auf "The Jukebox" vereint sie Billie Holiday, Janis Joplin, Hank Williams oder James Brown mit einem Sound-Gerüst, das an die Soul-Aufnahmen des Hi-Labels erinnert. Selbst Sinatras "New York, New York" bekommt so einen unerhörten und ungehörten Schliff. Die einzige Eigenkomposition, eine Hommage an Bob Dylan, paßt perfekt ins Klangbild. Kleiner Tip am Rande: Die Bonus-Edition der Musikbox ist eine lohnenswerte Anschaffung, da dort fünf weitere Coverversionen - darunter eine sehr schöne von Nick Caves "Breathless" und eine nicht minder gelungene von Patsy Clines "She´s Got You" - ihrer Entdeckung harren.

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Lupe Fiasco - Lupe Fiasco´s The Cool

ØØØ 1/2

Warner (USA 2008)

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Nur nicht lange aufhalten mit den Tracks von gestern! Lupe Fiasco wird daher in den kommenden zwölf Monaten gleich mit mehreren ambitionierten CD-Projekten aufwarten. Der Sohn eines afrikanischen Trommlers/Karatelehrers und einer Gourmetköchin ist auf dem Höhepunkt seiner Kreativität angelangt, was dieses Werk auch zeigt.

Denn "The Cool" ist auf jeden Fall eines der besten aktuellen Alben der HipHop-Zunft. Aus einem Veröffentlichungsmeer an (bestenfalls) Mittelmäßigkeit ragt das Werk turmhoch heraus. Der Flow erinnert an Dr. Dre, die Beats sind perfekt auf den Punkt gebracht. Dazu reimt der Junge aus Chicago locker und flockig. Unterstützt wird Lupe unter anderem von Snoop Dogg (auf "Hi-Definitions") und der sehr charmanten Sarah Green (auf "Intruder Alert" und "Free Chilly"). Absoluter Höhepunkt sind der Killer-Groove "Superstar" und die selbstironische Witzelei "Gold Watch".

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