Stories_In 3 Tagen bist du tot 2/Interview

Blutiges Schneegestöber

Mit "In drei Tagen bist du tot" drehte Andreas Prochaska nicht nur einen gelungenen Horrorstreifen, sondern auch den meistbesuchten österreichischen Film 2006. Und weil sich das Publikum für gelungene heimische Unterhaltung sehr wohl ins Kino begibt, startet in Kürze das Sequel. Der EVOLVER traf Hauptdarstellerin Sabrina Reiter und sprach mit ihr über die Fortsetzung.    15.12.2008

EVOLVER: "In 3 Tagen bist du tot" war der erste Teenie-Slasher, made in Austria. Was dürfen wir uns vom Sequel erwarten?

Sabrina Reiter: Ganz was anderes. Der zweite geht viel mehr in Richtung one woman show, würde ich sagen. Er hat eine neue Geschichte, den kannst du dir auch unabhängig vom ersten anschauen. Es geht zwar schon mit den übriggebliebenen Charakteren weiter, also der Mona und der Nina, aber es ist nicht so wichtig, daß man den Vorgänger gesehen hat. Die Fortsetzung spielt im Schnee. Das ist ein cooles Element, finde ich; im Vorgänger war mehr Wasser. Jetzt gibt´s Schnee, Kälte und dazu so ein bisserl Western-, Survival-, Mystery-Feeling. Und für Nina natürlich neue Grenzüberschreitungen ...

 

EVOLVER: Wie hast du dich - als nicht klassisch ausgebildete Schauspielerin - auf den Charakter mit seiner Vorgeschichte vorbereitet?

Reiter: Ich hab´ sehr viele Bücher zu dem Thema gelesen, mit Ärzten geredet ... Was passiert mit dir, wenn solche Ereignisse stattgefunden haben? Wir wollten das ja authentisch machen. Wenn dir sowas im normalen Leben passiert, trägst du natürlich ein posttraumatisches Streßsyndrom davon. Du glaubst zwar, daß du alles bis zu einem gewissen Grad aufgearbeitet hast, aber sobald nur eine Kleinigkeit passiert, die dich an deine Erlebnisse erinnert, zum Beispiel Musik, Gerüche oder Dinge, die du siehst - da bist du sofort wieder in derselben Emotion drinnen und fällst in ein tiefes Loch.

 

Das ist auch der Ausgangspunkt für den zweiten Teil: Nina lebt eigentlich wieder sehr normal, ist nach Wien gezogen, arbeitet, ein bisserl zurückgezogener als in Teil eins, aber trotz allem eher easy-going. Und dann kommt ein Anruf von ihrer Freundin Mona und ein Zeitungsartikel, in dem steht, daß man die Mörderin aus Teil eins gefunden hat. Da kommt dann halt wieder alles hoch. Auch das schlechte Gewissen, weil ich ja die beste Freundin praktisch zurückgelassen habe, ohne ihr was zu sagen.

Wobei es auch einen kurzen Moment im Film gibt, eine Szene, da bin ich in einem Stall und sehe, wie ein Schwein geschlachtet wird. Da denke ich mir, o. k., das fühlt sich total weird an. Eigentlich sollte ich mich umdrehen und gehen, aber in dem Moment werde ich gepackt. Das Grundziel im Film ist für mich, die Mona zu finden, aber bei jeder Szene mußt du irgendein Hindernis überwinden. Das ist total arg in dem Film, ständig mußt du irgendwas schaffen.

 

EVOLVER: Könntest du dir vorstellen, "In 3 Tagen bist du tot 3" zu drehen?

Reiter: Klar wäre ich wieder dabei, wenn es eine gute Geschichte gibt. Weil das für mich einfach der Beginn in diesem Genre war - und überhaupt in dem Busineß. Aber ich glaube nicht, daß es noch einen geben wird. Zumindest ist noch nichts im Gespräch.

 

EVOLVER: Was machst du sonst momentan?

Reiter: Ich bin ja seit einem Jahr Mutter und bin noch zweieinhalb Jahre in Karenz. Für mich ist es derzeit also relativ easy. Ich kann dem Ganzen gelassen entgegenblicken. Wenn gute Rollen kommen, o.k. Es sind zwar jetzt schon ein paar Angebote da, aber ich übernehme jetzt nicht kleine Scheißrollen, nur um Geld zu verdienen. Wenn es kleine gute sind, mach ich´s natürlich, aber ich möchte nicht irgendwelche Projekte machen, hinter denen ich nicht stehe. Deshalb versuche ich, mich zu etablieren, solange ich in Karenz bin. Wenn ich es schaffe, super, wenn nicht, dann gehe ich einfach wieder normal arbeiten. Beim ersten Teil hat das gut funktioniert. Ich habe mit meinem normalen Job aufgehört, hab´ gedreht und bin wieder zurück ins Büro. Die waren dort sehr flexibel; ich hab´ das immer so timen können, wenn eine Rolle gekommen ist, habe ich sie gespielt, bin freigestellt worden und bin dann wieder zurück. So würde ich´s dann auch weitermachen.

 

EVOLVER: Bist du nicht schon relativ bekannt in der Zwischenzeit, erkennt man dich auf der Straße?

Reiter: Doch, schon. Da stehst du am Frequency-Festival und wirst von jedem angeredet. Das ist schon lustig. Oder du gehst ins Kino, und alle Leute tuscheln. Irgendwie surreal. Wobei - seit dem ersten Teil sind ja schon drei Jahre vergangen, und ich schaue jetzt ganz anders aus. Deswegen passiert es nicht mehr so oft, daß man mich auf der Straße erkennt. Aber das wird sich nach der Fortsetzung wieder ändern. In der Branche bin ich natürlich bekannt, da kennen mich schon fast alle Regisseure. Ich hab´ ja eine Agentur und einen Super-Casting-Agenten.

 

EVOLVER: Du bist sozusagen die erste Scream-Queen Österreichs ...

Reiter: Wenn man das so nennt, ja, vielleicht. Viele fragen mich, ob ich wirklich in diese Schublade gesteckt werden will. Aber ich finde, daß das doch eigentlich ein Kompliment ist. In diesem Genre zu spielen, war ein Traum für mich - da schäme ich mich doch nicht dafür.

 

EVOLVER: Es war ja auch der erste österreichische Genrefilm und von dir sehr authentisch gespielt.

Reiter: Das ist beim zweiten Teil auch so. Es gibt schon Szenen, wo sich der Zuschauer sicher denkt: O Gott, geh da nicht rauf. Wenn man die Rolle aber versteht, ist es klar, daß sie das machen muß. Wir haben aber trotz allem jede Szene so aufgearbeitet, daß es total authentisch wirkt. Das ist auch typisch für den Andreas Prochaska, und das finde ich auch super. Weil du nicht am Set stehst und irgendwas künstlich herstellen mußt.

 

EVOLVER: Das ist dein zweites Projekt mit dem Regisseur. Wie ist die Arbeit mit ihm?

Reiter: Am liebsten würde ich nur noch Filme mit ihm machen. Beim Andi ist es so: Wenn du einen Film mit ihm machst, weißt du, daß er gut wird. Alles ist gut organisiert, er arbeitet die Drehbücher total auf - ich finde ihn als Regisseur beeindruckend. Und ich hab´ alles von ihm gelernt.

 

 

EVOLVER: Beim ersten Dreh war es ja Wasser, jetzt habt ihr im Schnee gedreht. Habt ihr da den Schnee zusammenkarren müssen?

Reiter: Wir hatten Glück, vor dem ersten Drehtag hat es voll geschneit. Das war wirklich Schicksal, weil da haben wir urviele Außenszenen gedreht. Für die Hausszenen ist dann der Schnee zusammengesammelt worden. Im Film schaut´s echt aus wie im tiefsten Winter. Kalt war es auch. Einmal hatten wir bei Nachtszenen minus 16 Grad. Aber da ist ja das Filmteam ärmer als ich, weil als Schauspieler hast du deinen Wohnwagen, Wärmegewand, Frauen, die dir ständig irgendwas zum Anziehen bringen. Da hatte ich fast ein schlechtes Gewissen den anderen gegenüber.

 

EVOLVER: Aber du hattest wahrscheinlich selbst genug zu tun; da gibt es sicher Szenen, die dich auch fordern ...

Reiter: Ja, obwohl der erste für mich rein körperlich anstrengender war. Diese Szenen, in denen sie mich ins Bootshaus reinziehen - das schaut jetzt vielleicht nicht so spektakulär kalt aus, aber es war September und total windig. Ich war komplett durchnäßt und bin die ganze Nacht in den nassen Klamotten draußen gewesen. Da kommst du dann irgendwann an deine Grenzen; und ich habe drei solche Nächte gehabt. Das war dann schon beschissen.

Beim zweiten Teil war ich immer so gut eingepackt, daß das gut gegangen ist. Es hat nur eine Szene gegeben, in der geh´ ich durch den Schnee und da bin ich schon mit meinen Fingern richtig in den Schnee reingefahren - und hab´ mir nicht gedacht, daß Schnee solche Schmerzen verursacht. Ein Wahnsinn, da mußt du einmal wirklich - nur um das auszuprobieren - 30 Sekunden deine Hand in den Tiefschnee halten und dann rausziehen. Ich bin danach dagestanden und hab´ geglaubt, ich muß heulen. Das waren solche Schmerzen. Was natürlich einerseits super war, weil ich das dann noch viel mehr nachvollziehen konnte.

Für die Szenen, in denen es von draußen nach drinnen ging, habe ich mich extra in den Schnee geschmissen, damit du auch wirklich dieses feeling hast; wenn du reinkommst, wie die Finger auftauen ... das tut ja alles weh.

 

EVOLVER: Du versetzt dich da also so richtig hinein?

Reiter: Wenn du wirklich authentisch rüberkommen willst, mußt du das machen, glaube ich. Sonst glaubt dir ja keiner. Die Kamera beziehungsweise die Augen auf der Leinwand lügen nicht. Das war für mich Grundvoraussetzung, daß ich wirklich in der Rolle drinnen bin. Und es war auch schön, das zu spielen.

 

EVOLVER: Im ersten Teil war das sicher noch schwieriger, hat aber sehr echt gewirkt.

Reiter: Da war die Vorbereitung natürlich ein bisserl anders. Weil wir ja alle gemeinsam in dieser Clique waren. Im zweiten Teil war ich sehr viel allein. Aber ich hab´gewußt, was auf mich zukommt, wie es am Set aussieht, wie die Szenen umgesetzt und gedreht werden ... Beim ersten Film habe ich null Ahnung gehabt von solchen Sachen. Wie ist eine Szene aufgemacht, wie werden die Einstellungen gedreht, wie oft macht man das? Und auch, was kurz davor abgeht, die Befehle "Ton, cut" - das war alles so neu. Jetzt gehe ich rein in die Szene, mache mein Ding und gehe wieder.

 

EVOLVER: Dann hast du beim ersten Teil viel gelernt?

Reiter: Ja, voll viel. Alles.

 

Fortsetzung folgt ...

Lesen sie im zweiten Teil über Sabrina Reiters Anfänge als Schauspielerin, Festival-Touren, ansteigenden Blutgehalt und warum in Wirklichkeit der große Bruder an allem schuld ist.

Nikolaus Triantafyllidis

In 3 Tagen bist du tot 2

(Photos © Allegro Film/Bernhard Berger, Miguel Dieterich)


Ö 2008

108 Min.

Regie: Andreas Prochaska

Darsteller: Sabrina Reiter, Julia Rosa Stöckl, Andreas Kindl u. a.

 

Kinostart: 25. 12. 2008

Links:

Ich schlitz´ in Austria ...

Teil 1 im EVOLVER


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Links:

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