Platten_Headbanger´s Corner/Vol. 1

Von Göttern, Menschen und Selbstfindung

Warrior, Mob Rules, Freedom Call, Blaze und Motörhead: Altbacken müssen Rock oder Metal der Marke Old School wirklich nicht klingen. Hier sind die Beweise.    20.06.2004

 

ECORDER-Team

Warrior - The Wars of Gods and Men

ØØØ


Reality Entertainment/Sony

(CH/24.02.2004)

 

Seit ihrem Debütalbum "Fighting for the Earth" aus den früheren Achtzigern haben Warrior in der Metal-Szene so etwas wie einen Kultstatus.

Auf ihrer bereits vierten Studioplatte "The Wars of Gods and Men" bietet die Truppe rund um das einzige Originalmitglied, den Gitarristen Joe Floyd, Old-School-Powermetal mit einem gewissen modernen Touch, der sowohl für ältere als auch für jüngere Generationen leicht zugänglich sein sollte.

Die größte Überraschung dabei ist mit Sicherheit Marc Storace von Krokus, der hier für die gesangliche Performance zuständig ist. Der Reigen beginnt mit klassischen Metal-Riffs beim Titel-Track und setzt sich mit dem lässig melodischen "Do It Now" fort, das sogar mit einem Slide-Gitarre-Solo abgerundet wurde. Das schnellere "Never Live Your Life Again" stampft alles in Grund und Boden und dürfte den Headbangern unter uns viel Freude bereiten. "Salvation" und "Hypocrite" fügen sich sehr gut in die Scheibe ein, bleiben aber doch recht unspektakulär, wie auch die Refrains durchaus ausgefeilter hätten sein können.

Die Produktion ist ziemlich trocken und unaufgeblasen; trotzdem werden die Songs von brachialen und tief gestimmten Gitarren angetrieben, wobei bei den meisten Stücken immer noch genügend Platz für eine gute Gesangsmelodie bleibt. Stilistisch läßt sich "The Wars of Gods and Men" irgendwo als Mischung aus Rob Halfords "Crucible" und Bruce Dickinsons "The Chemical Wedding" einordnen. Als Metal-Fan kann man hier also ohne Bedenken zugreifen.

(HL)

 

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Mob Rules - Among the Gods

ØØØØ


Steamhammer/SPV

(D/17. 5. 2004)

 

In regelmäßigen Abständen veröffentlichen die norddeutschen Mob Rules ein Album - und stets stehen die sechs Mannen kurz vor dem Sprung in Richtung Speerspitze des True-Metal. Anders kann man die medialen Vorschußlorbeeren und Kommentare nicht interpretieren, deren Urheber von der Eigenständigkeit und Andersartigkeit der Band überzeugt zu sein scheinen.

Trotz dieser Eigenständigkeit sind so manche Anleihen nicht zu überhören: jene bei bei Nightwish oder Stratovarius, Helloween und Iron Maiden (no na) zum Beispiel, hier und da ein wenig versüßt mit Blind Guardianschem Bombast (nicht aber mit deren genialer Komplexität). Dazu kommt noch eine obligatorische, in den oberen Regionen angesiedelte Stimme … also ganz was Neues!

Aber seien wir ehrlich: Sich selbst und andere zu wiederholen ist im True-Metal-Genre ja ein Kavaliersdelikt, das allgemein toleriert wird. Selbst Ikonen wie Kai Hansen mit seinen Halbgöttern von Gamma Ray können und wollen darauf nicht verzichten. Lustig ist nur, daß man diesmal sogar vom Alternative-Metal-Genre abgekupfert hat. "New Worlds Symphony", eine orchestrale Ballade, ist zwar genial arrangiert, ähnelt aber im Refrain frappant dem Song "Weatherman" der Rage-Filiale Sub7even.

Sieht man von all dem ab, bleibt eine zugegeben überdurchschnittliche Handwerksarbeit übrig, aber eben (noch?) nicht das Meisterstück, das der Band zum Durchbruch verhelfen wird.

(MW)

 

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Freedom Call - Live Invasion

ØØØ


Steamhammer/SPV

(D/10. 5. 2004)

 

Ob es der Mangel an neuen Ideen ist oder die Vertragspflicht, ein weiteres Album auf den Markt zu werfen, sei dahingestellt. Tatsache ist jedenfalls, daß Freedom Call nach nur drei Alben und einer EP mit "Live Invasion" jetzt schon ihre erste Live-CD auf den Markt werfen. Immerhin sind die Aufnahmen der 13 Songs nicht nur großteils gelungen, sondern können auch das Live-Feeling recht gut vermitteln. Damit man sich als Fan nicht ausgenommen fühlt, liefern die Power-Metaller auf der zweiten hier enthaltenen CD Songs von der EP "Taragon" sowie zwei Covers.

Für eine Band, die bislang fast ausschließlich als Support größerer Combos wie Blind Guardian unterwegs war, ist der silberne Doppeldecker sehr gut gelungen, auch hinsichtlich des leidlichen Themas "Live-Album - ja oder nein?" Wir meinen: Warum nicht?

(MK)

 

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Blaze - Blood & Believe

ØØØ


Steamhammer/SPV

(GB/26. 4. 2004)

 

Der Ex-Iron-Maiden/Wolfsbane-Shouter Blaze Bayley mußte wie so viele andere auch erst am Tiefpunkt ankommen, bis ihm plötzlich klar wurde, daß es auf die bisherige Art und Weise nicht mehr weitergehen konnte. Psychiatrische Behandlungen und die Liebe zur Musik brachten ihn wieder auf den richtigen Lebensweg.

All diese erlebten Momente und Erfahrungen verarbeitet Blaze jetzt in seinem neuen Album "Blood & Belief", das dementsprechend persönlicher denn je ausfällt und für ihn selbst einen großen Schritt in die richtige Richtung bedeutet. In "Tearing Myself to Pieces" beschreibt er seinen selbstzerstörerischen Charakter, während "Hollow Head" vom Psychiaterbesuch berichtet. Andererseits gibt es aber auch Songs wie "Will to Win" oder "Soundtrack of My Life", mit denen er zeigt, daß er aus dieser Krise herausfinden wird.

Die Band hatte diesmal grundsätzlich mehr Möglichkeiten, sich mit intensivem Proben auf das Material vorzubereiten. Die Maiden-typischen Melodien scheinen in Teilen der Songs dennoch immer noch durch, und letztendlich paßt das Gesamtbild viel besser zu Blazes Stimme als seine früheren Werke oder auch seine Scheiben mit Iron Maiden.

(HL)

 

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Motörhead - Inferno

ØØØ 1/2


Steamhammer/SPV

(GB/21. 6. 2004)

 

Lemmy, das Urviech, ist mit seinen Rock-Kollegen zurück - und es wird gerollt, daß sich die Balken biegen.

Eine Million Jahre alt wird er wohl schon sein und zigtausende Alben herausgebracht haben, aber das ist egal. Auf dem teuflischen "Inferno" klingt die Warzennase jedenfalls frischer und britischer als in den letzten Jahren. Die kurze Zeit zwischen seinem letzten Album "Hammered" und dem aktuellen dürfte sich Lemmy mit Kriminalserien vertrieben haben, was ihn auf zahlreiche Songs gebracht hat, die mit Morden zu tun haben. Daß er dabei statt Cola zu den Chips Whisky in sich hineingeschüttet hat, dürfte wohl klar sein: seine Reibeisenstimme hat nichts von ihrem kratzigen Charme eingebüßt.

Für virtuose Gitarrenkünste konnte Lemmy keinen Geringeren als Steve Vai bei zwei Nummern gewinnen, was nochmals zusätzlichen Drive in die Stücke bringt.

"Inferno" ist ein rundum solides Album mit unerwartet vielen Highlights, das Motörhead einen Schritt weiter in die Hölle statt in den Himmel bringt. Damit kann man selbst dem Teufel noch so richtig einheizen.

(MK)

 

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