Platten_The Kills - No Wow

Coole sexy Sprödheit

Auf seinem zweiten Album vertont das Duo die Paranoia, die nach einem Besuch einer amerikanischen Kleinstadt entstehen kann. Ganz schön beängstigend eigentlich.    08.03.2005

Mit ihrem ersten Album "Keep On Your Mean Side" wollten The Kills Songs schaffen, die nur aus Haut und Knochen bestehen. Diesmal sollte alles noch reduzierter sein, um das "pochende Herz" der Stücke freigezulegen.

Nun gut, das kann man sich nach den ersten Hördurchläufen von "No Wow" sogar ganz gut vorstellen. Es ist, als ob die Lieder so lange gekocht worden sind, bis sich das Fleisch vom Knochen gelöst hat. Der einzige Nachteil dieser Radikalkur ist, daß dadurch die spröden Stücke sehr leicht am Hörer vorbeischrammen können. Aber Alison Mosshart und Jamie Hince sind nun mal nicht für den einfachen Popsong zu haben. Das zeigt schon der Fakt, daß sie sich freiwillig der Einöde eines Ortes namens Benton Harbour in Michigan ausgesetzt haben, in dem es nichts gibt als leere Läden und zerbrochene Fensterscheiben. Daß man an einem solchen Ort eine ordentliche Paranoia entwickeln kann, überrascht eigentlich nicht. Selbst die anschließenden Aufnahmen in New York atmen noch den paranoiden Geist, der tief in den Knochen der Musiker gesessen haben muß.

Benton Harbour ist also kein Ort, wo man gerne seinen Sommerurlaub verbringen will. Es sei denn, man hat vor, ein kaltes, krachendes und dabei so verdammt cooles und sexy Monster aufzunehmen, das zwischen frühem minimalistischem New York Punk, Suicide, den Yeah Yeah Yeahs und einer Patti Smith pendelt, die gern mal Glas Hochprozentiges zum Frühstück nascht.

So weit, so Underground. Doch die Kills kommen auch bei diesen abgespeckten Liedern mit einer Menge Ideen um die Ecke. Die Single "The Good Ones" oder "Rodeo Town" entwickeln sich zu richtigen Ohrwürmern, die es aufgemotzt und mit ein bißchen mehr Fett an den Hüften in die Hitparaden schaffen könnten. Das würde dem Avantgarde- und Kunstgedanken des Duos aber wohl eher nicht entsprechen. Na was soll´s, eingängige Hits gibt es anderswo ja genug. Hier hat man sich diese zu erarbeiten!

Ernst Susicky

The Kills - No Wow

ØØØ 1/2


Domino/Rough Trade/emv

(USA/21. 2. 2005)

 

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