Kino_Henker - Der Tod hat ein Gesicht

Im Namen des Staates

Nicht jeder, der Menschen über den Jordan befördert, kommt dafür ins Gefängnis. In dieser sehenswerten Dokumentation sprechen vom Staat geduldete oder beschäftigte Kopfkürzermacher über ihr schmutziges Geschäft. Schwere Kost, zum Glück ohne Moralkeule.    22.08.2002

Der eine machte in Algier und Tunis Verurteilte mit Hilfe von Madame Guillotine einen Kopf kürzer; der andere erschoß zu DDR-Zeiten in einem Leipziger Gefängnis angebliche Spione; ein dritter wiederum war dafür zuständig, die beim Nürnberger Prozeß schuldig gesprochenen Kriegsverbrecher ins Jenseits zu befördern: Diese legalen Mörder - und einige mehr - kommen in Jens Beckers hervorragender Dokumentation "Henker - Der Tod hat ein Gesicht" ausführlich zu Wort.

Es dauerte Jahre, bis der Regisseur die Scharfrichter endlich dazu gebracht hatte, Interviews vor laufender Kamera zu geben, und die Mühe hat sich gelohnt. Die Befragten (deren Biographien didaktisch geschickt zusammenmontiert wurden) erzählen ihre Lebensgeschichte, berichten über ihre familiäre Herkunft und gehen dann auch auf Einzelheiten ihres grausamen, aber bis vor wenigen Jahren auch noch in einigen europäischen Ländern legalen Berufs ein. Daß sich die Dokumentation selbst dabei jedes Werturteils enthält und die Moral dem Publikum überläßt, macht sie für all jene sehenswert, die lieber das Gehirn einschalten, statt betulichen P.C.-Kommentaren zu lauschen.

Peter Hiess

Henker - Der Tod hat ein Gesicht

ØØØØ


D 2001

82 Min.
dt. OF
Regie: Jens Becker
Darsteller: Fernand Meyssonnier, Ionel Boerus, Hermann Lorenz u. a.

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