Kolumnen_Keine Panik #12: Es ist nur ...

Creutzfeld-Jakob

Manche Menschen leiden unter Kinderwahnsinn - und der ist erwiesenermaßen schlimmer als der Rinderwahn, weil er die Menschen knechtet. Trotzdem: Wenn die Prionen Sie erwischen, bereuen Sie nachträglich garantiert jedes Schnitzel. Das garantiert Ihnen der EVOLVER-Experte für späte Erkenntnisse.    03.02.2009

Woran Sie es merken: Sie kriegen wahrscheinlich gar nichts davon mit - aber an den Reaktionen Ihrer Umwelt stellen Sie früher oder später fest, daß Sie an Demenz (dem Verlust erworbener intellektueller Fähigkeiten) leiden. Dies macht sich im ersten Stadium vor allem durch Gedächtnis- und Wahrnehmungsstörungen sowie Persönlichkeitsveränderungen bemerkbar.

 

Was es ist: eine selten auftretende Krankheit (0,5 bis 1 Fall pro 1 Mio. Menschen), die 1920 zum ersten Mal beschrieben wurde und bei der das Gehirn unwiderruflich geschädigt wird. Sie ist zu 15 Prozent erblich (das wurde z. B. bei Israelis beobachtet, die aus der Slowakei oder aus Libyen stammen), tritt zu 80 % zufällig (sporadisch) auf und wird zu 5 % durch verunreinigte Instrumente oder Wachstumshormone übertragen, die aus der Hypophyse Verstorbener hergestellt wurden.

 

Woher es kommt: höchstwahrscheinlich durch Prionen - das sind Eiweiße, die möglicherweise durch Genmutation oder Infektion aus den körpereigenen Eiweißen gebildet werden. Wie diese PrPSc-Mutanten infektiös wirken, weiß niemand so genau; ebensowenig wurde bisher eindeutig nachgewiesen, daß die "New variant Creutzfeldt-Jakob-Disease", die wesentlich jüngere Menschen trifft, tatsächlich mit Rinderwahnsinn zusammenhängt.

 

Was passieren kann: Zur Demenz kommen Muskelkrämpfe und -zuckungen, später auch willkürliche und unwillkürliche Bewegungsstörungen.

 

Was Sie dagegen tun: Da können Sie tun, was Sie wollen - nach spätestens einem Jahr sind Sie tot.

 

Peinlichste Momente: Wenn Sie sich jahrelang kein blutiges Steak mehr gegönnt haben und nach einem langweiligen Vegetarierleben an einem Herzinfarkt zugrundegehen.

Peter Hiess

Kommentare_

Alban Sturm - 07.02.2009 : 23.26
Sehr geehrter Herr Hiess,

meines Wissens ist besteht eine Wahrscheinlichkeit von über 90 %, daß die "vCJD" genannte Variante durch den Verzehr von BSE-verseuchtem Fleisch hervorgerufen wird - welches wiederum von Tieren stammt, denen man Überreste ihrer Artgenossen ins Fressen mischt ("Tiermehl"): eine ebenso unappetitliche wie verbreitete Art der Fütterung. Als größter Risikofaktor gilt daher der Verzehr von Billigware, auch wegen des Gehaltes von sog. Separatorenfleisch. (Das sind die unmittelbar an Knochen angrenzenden Bestandteile, welche - wie alle anderen Schlachtabfälle - gewürzt und gefärbt in Würsten, "Fast Food", Fertiggerichten u.v.A.m. landen.)
Die guten Nachrichten: Da nach den ganz schnell vergessenen BSE-Skandalen der 90er-Jahre die Epidemien ausblieben, dürfte die Mehrheit der Menschen resistent sein; und ausreichende Erhitzung tötet die Erreger sowieso.
Die sonstigen Nachrichten: bis zehn Jahre danach fielen die Fleischpreise auf ein Niveau, welches jeder Ökonomie widerspricht. Die Kühlhäuser etwa in Italien - wo Gesetze bekanntlich eine flexible Größe darstellen - hatten sich in Zeiten partieller Rindfleischverbote bis zum Rand gefüllt .... und wer heute nach wie vor Kilopreise von sechs Euro und weniger bezahlt, kann sich allenfalls damit trösten, daß Ware dieser Kategorie selbst offiziell hauptsächlich Wasser und Dinge enthält, die unter E-Nummern gelistet sind.
Ihr Absatz "was man dagegen tun kann" ist natürlich korrekt. Aber man kann vorher etwas dagegen tun: sich z.B. vegetarisch ernähren. Leider ist das ungesund. (Auch wenn jetzt alle Gutmenschen aufheulen: homo sapiens ist ein Allesfresser. Wir können rein pflanzliche Nahrung nur partiell verarbeiten - weshalb v.a. Veganer häufig unter Mangelkrankheiten leiden.) Es ist jedoch in unseren Breiten völlig ausreichend, ein- bis zweimal pro Woche auch Fleisch zu essen. Und dann sollte man bereit sein, die Preise kontrollierter "Öko"- oder "Bio"- Anbieter zu bezahlen: von dort ist auch kein einziger BSE-Fall bekannt.
(Bei Fragen zur Ethik konsultiere man seinen Gott oder denke zur Abwechslung einmal selbst - auch wenns wehtut zwischen den Ohren.)

Mit freundlichen Grüßen
Alban Sturm

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