Kolumnen_Unerwünschte Nebenwirkungen

Zeichensprache

Dr. Trash empfiehlt: Bleiben Sie den Comics Ihrer Kindheit treu - und versuchen Sie sich gelegentlich auch an den gezeichneten Abenteuern neuer Helden. Daß aus dem Projekt "Fix & Foxi" seit März 2006 (als diese Kolumne entstand) nicht das wurde, was es wurden sollte, kann man verzeihen. Schließlich gibt es auch noch unsterbliche Enten, japanische Videospiel-Fighter und einen sympathischen Sensenmann-Lehrling.    16.01.2008

In jungen Jahren las auch der Nervenarzt Ihres Vertrauens regelmäßig Comic-Hefte. Die konnte man damals in Romantauschzentralen erwerben, wie es sie heute leider nur mehr selten gibt, oder für ein bescheidenes Entgelt gegen den vorherigen Stapel Heftln eintauschen.

Nun - erste Wahl bei den Bildergeschichten waren natürlich die "Lustigen Taschenbücher" und Sonderhefte aus dem Hause Disney, weil dem Doc ein Leben ohne Donald schon damals unmöglich schien. (Übrigens: Wer alles von Barks besitzt und x-mal gelesen hat, dem sei die Hardcover-Reihe Hall of Fame bei Ehapa empfohlen, die in bislang acht Bänden [heute schon mehr als zehn; Anm. d. Red.] andere interessante Entenzeichner vorstellt.)

Neben Dagobert, Donald und den Neffen gab es in den Siebzigern allerdings auch ein deutsches Comic-Duo, dessen Abenteuer wöchentliche Pflichtlektüre waren. Fix & Foxi, die Fuchs-Zwillinge, die oft und gern gemeinsam mit Professor Knox, dem faulen Wolf Lupo, Oma Eusebia und anderen Gestalten auftraten. Ja, verdammt, wir wußten es halt nicht besser! Außerdem schenkte uns F&F-Erfinder Rolf Kauka noch Geniestreiche wie "Lupo Modern", wo etwa Asterix und Obelix das erste Mal im deutschen Sprachraum in Erscheinung traten - allerdings nicht als mutige Gallier, sondern in einer sehr seltsamen germanischen Version als "Siggi und Barrabas". Kein Wunder, daß solche Streiche Herrn Kauka den stets beliebten Faschismusvorwurf eintrugen …

Aber egal. Jetzt sind "Fix & Foxi" jedenfalls nach langer Pause und dem Tod ihres geistigen Vaters (2000) wieder da. Ihre neuen Abenteuer erscheinen im Verlag Tigerpress, dessen Chefredakteur Michael Hopp vor 10.000 Jahren die Zeitgeist-Illustrierte WIENER mitgründete und jetzt mit der Heftchen-Renaissance einen Spätjugendtraum Wirklichkeit werden ließ. Wer mit ihm träumen will, so wie der Doc, legt sich die Werke der Kauka-Erben zu moderaten Preisen zu und versucht, sich nicht allzusehr über die gar grausig modernisierte Sprache zu wundern. "Voll die Vorfreude" hieß es da etwa im Advent – aber das muß bei "68 Seiten fetten Comics + coolem Wissen" wohl so sein.

Weitere fachärztliche Bildergeschichten-Empfehlungen für harte Männer und weiche Herzen: Mort, der "Scheibenwelt-Comic" von Terry Pratchett & Graham Higgins (Manhattan/Goldmann), in dem aufs Witzigste erzählt wird, wie DER TOD einen Nachfolger sucht; Metal Gear Solid, die äußerst stylish gezeichnete Serie zum äußerst stylishen Agenten-Schleich/Killer-Videospiel (Ehapa); und schließlich der erste Band von Housui Yamazakis Manga-Reihe MAIL, deren Held Botschaften aus dem Jenseits deutet und damit Leben rettet.

Schaut mehr Bilder - es werden ohnehin zu viele Worte gemacht!

Dr. Trash

Dr. Trash empfiehlt


erscheint in gedruckter Form in der höchst empfehlenswerten österreichischen Literaturzeitschrift "Buchkultur" - für Menschen, die beim Lesen noch nicht die Lippen bewegen müssen - und wird zeitversetzt Web-exklusiv im EVOLVER veröffentlicht. 

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