Kolumnen_Unerwünschte Nebenwirkungen
Silbenrätsel
Dr. Trash empfiehlt: Meiden Sie die Auswüchse der Phantastikliteratur, die eindeutig Buchhaltergehirnen und Hausfrauen-Strickclubs entsprungen sind. Statten Sie Ihre Bibliothek lieber mit anspruchsvoller und dennoch lesbarer SF aus - wie der Doc sie im März 2005 entdeckt hat. Die Reihe ist zwar seither etwas eingeschlafen, aber immer noch erhältlich ...
04.10.2007
Dem Doc braucht keiner was über billige Science Fiction zu erzählen. Er hat sich schon als ganz junger Mensch in Leihbüchereien diese seltsamen Hardcover-Bände mit schundig-faszinierenden Marsabenteuern ausgeborgt, die man heutzutage nur mehr bei wirklich spezialisierten Sammlern findet. Er hat Heftlserien verschlungen, antike Pulp-Taschenbücher aus Amerika bestellt und selbst an den modernen Merchandise-Romanfassungen von Computerspielen und TV-Serien Gefallen gefunden. Nein, der Doc weiß, wie man professionell Zeit verschwendet.
Trotz seines einschlägigen Nachnamens beschränkte er sich jedoch nie auf die Fließbandproduktionen des Genres, denen in der Vergangenheit zugegebenermaßen viel Gutes entsprang. Als typischer Privatgelehrter drang er tiefer in die wuchernden Dschungellandschaften der Phantastik ein und erfreute sich auch an Romanen und Stories, die von vornherein als anspruchsvolle Literatur (das ist die, wo die Wörter mehr als drei Silben haben) konzipiert waren.
Nachfolgende Generationen haben es da nicht so leicht. Seit BWL-Absolventen nicht nur die Massenmedien, sondern auch die Verlagsbranche beherrschen, steht die Gewinnmaximierung nämlich dem Niveau zunehmend im Wege. Wozu gut geschriebene, visionäre Bücher veröffentlichen, wenn man der Marketing-Abteilung doch mit endlosen Eso-Fantasy-Zyklen und "Military Space Opera"-Serien viel mehr Freude bereiten kann? Wer braucht schon Gehirnfutter, wenn sich Gehirnwäsche besser verkauft?
So kam es, daß selbst etablierte, preisgekrönte Autoren ihre anspruchsvolleren Werke in den USA zum Teil in Kleinverlagen herausbringen und sich von "Creative Writing"-Kursen ernähren müssen - und die quotenorientierten deutschsprachigen Ableger der Verlagskonglomerate gar nicht mehr an Übersetzungen denken. Umso erfreulicher ist es, daß sich der bisher auf Lovecraft-Horror und andere Gruselphantastien spezialisierte Festa-Verlag seit einiger Zeit genau solcher Werke annimmt - in seiner gemeinsam mit Michael Nagula (den nicht nur "Perry Rhodan"-Fans kennen) herausgegebenen Reihe Festa SF.
Dort erscheinen nun sorgfältig editierte und übersetzte Bücher von Genregrößen wie Dan Simmons ("Welten und Zeit genug"), Orson Scott Card ("Enders Schatten") und Robert J. Sawyer ("Die Neanderthal-Parallaxe"), denen gleich mehrere Dinge gemeinsam sind: Erstens lesen sie sich so, als hätten die Autoren nicht nur die Pflichtschule besucht, zweitens wecken sie den lange zum Schlummer verurteilten "sense of wonder" im Leser - und drittens haben sie allesamt eine ordentliche Verbreitung verdient.
Und sei es nur, damit der Doc wenigstens manchmal mit jemandem über seine Lieblingsbücher reden kann ...
Dr. Trash
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Und als Ergänzung gibts hier noch eine Auswahl von SF-Filmen und Aufsätzen zum Thema bei eLib:
http://www.literature.at/elib/index.php5?title=Science_and_Fiction_-_Themenkreis