Kolumnen_Keine Panik #30: Es ist nur ...

Tourette-Syndrom

Sie zählen auf jeder Stiege die Stufen, binden sich hundertmal die Schuhe und achten darauf, auf keine Gehsteigspalte zu steigen? Hurrnsdreck, verfluchter, so ein verficktes Klumpert! Sie sind nicht gesund, nicht gesund, nicht gesundsundsund. Aber wir schon.    23.06.2009

Woran Sie es merken: "Scheiße, gottverdammte! Ach so, entschuldigen Sie ... digensie, digensie, digensie. Arschloch. Rascholch." Wenn Sie solche Sachen öfters sagen und dazu noch auffällige Tics an den Tag legen (Blinzeln, Gesichtszucken, Grimassenschneiden etc.), hatten Sie entweder eine besonders schlechte Kinderstube oder Sie tun es gar nicht freiwillig und sind daher leidend.

 

Was es ist: das Tourette-Syndrom, eine nach Georges Gilles de la Tourette (der hatte es nicht, Mistblöderhimmeloaschundzwirn!!, sondern schrieb nur erstmals darüber) benannte neuropsychiatrische Erkrankung. Diese zeichnet sich durch motorische und vokale Tics sowie ritualistische Zwangshandlungen aus, die in unregelmäßigen Abständen auftreten und nur schwer bewußt kontrolliert werden können - wenn man sie zurückhält, kommen sie unweigerlich stärker wieder.

 

Woher es kommt: Ja, das weiß keiner so recht. Untersuchungen deuten darauf hin, daß das Tourette-Syndrom A. erblich ist und B. mit Auffälligkeiten in den Basalganglien und der Produktion der Neurotransmitter Dopamin und Serotonin einhergeht.

 

Was passieren kann: Die Erkrankung bricht immer vor dem 18. Lebensjahr aus, doch die Symptome lassen in 70 Prozent aller Fälle bis zum 26. Geburtstag stark nach oder verschwinden ganz. Nur wenige müssen sie immer ertragen, was die Lebenserwartung aber nicht verkürzt.

 

Was Sie dagegen tun: Therapie gibt´s keine - Sie müssen lernen, mit den Tics umzugehen. Oder sie schlucken Neuroleptika bzw. Antikonvulsiva und hoffen, daß das Zeug wirkt.

 

Peinlichster Moment: Wenn Sie den Nikolo ordinär anbrüllen, obwohl Sie das gar nicht wollten. Dem Krampus ist das nämlich wurscht, der schlägt zurück ...

Peter Hiess

Kommentare_

Lela - 03.08.2009 : 14.07
Therapie gibts schon, ein Hirnschrittmacher hilft bei ganz garstigen Tics. Wenn man Glück hat, hilft der bei noch mehr oder aber lässt einen vergessen, dass man überhaupt welche hatte.

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