Kolumnen_Unerwünschte Nebenwirkungen

Falschmeldung

Dr. Trash empfiehlt: Gehen Sie auf den Flohmarkt (gern auch im Internetz) und besorgen Sie sich zwei Exemplare des Rechtschreibungs-Duden aus dem Jahre 1991. Warum so alt? Das erfahren Sie weiter unten. Warum gleich zwei? Weil Sie mir eines davon schenken können. Das empfiehlt Ihnen der Doc diesmal sogar dringend.    15.04.2013

Es war eine Kolumne in der einst brauchbaren Cyber-Zeitschrift Wired, die den Doc zur Weißglut brachte: Da ließ sich eine Ahnungslose, deren Name der Nachwelt nicht überliefert werden soll, über Rechtschreibung aus, die in Zeiten von SMS-Gestammel, Blog-Verblödung und Multikulti-Kauderwelsch nicht mehr notwendig sei. Schließlich verändere sich die Sprache auf dem gesamten Erdkreis ja so superspannend und hypermodern, daß niemand mehr eine dieser altmodischen Wörterbuch-Anleitungen brauche, sondern selbst der funktionale Analphabet ein begrüßenswertes Phänomen der linguistischen Vielfalt darstelle.

Wer in jüngerer Vergangenheit mit der Einfalt sinnloser Schüleraufsätze, debiler Dissertationen und ratloser Ratgeberliteratur konfrontiert war; wer notorisch verschlurften Jugendlichen lauschen mußte, deren "Oida!" weder zwischen Geschlechtern noch zwischen Singular und Plural zu unterscheiden weiß; wer sich dem denglisch-depperten Gefasel der Boulevard- und Qualitätsmedien nicht völlig entziehen konnte - der weiß ganz genau, wie falsch, dumm und verachtenswert eine solche Idee ist. Sprache braucht eben sehr wohl präzise Regeln, wenn sie informieren, etwas bewegen und Realität erzeugen soll (und natürlich auch, wenn man gelegentlich gegen diese Regeln verstoßen will). Das ist nicht nur Lesern und Autoren klar, sondern auch der Duden-Redaktion, die seit 1880 dafür sorgt, daß sich die Menschheit hierzulande auf zivilisierte Weise miteinander verständigen kann.

Zugegeben, die von Beamtenhirnen ersonnene "Neue Rechtschreibung" hat auch den Duden infiziert, dessen mittlerweile in 25. Auflage vorliegendes Standardwerk Die deutsche Rechtschreibung nicht mehr wie früher "maßgebend in allen Zweifelsfällen" zu sein verspricht, sondern nur mehr resigniert darauf verweisen kann, auf "Grundlage der aktuellen amtlichen Regeln" erstellt worden zu sein. (Deswegen bewahrt der Doc auch ein zerfallendes Exemplar aus dem Jahre 1991 auf - die letzte Auflage mit der richtigen Rechtschreibung.)

Da im Hause Trash aber nunmehr auch ein iPad zu den Gegenständen des täglichen Wissenserwerbs zählt, sei an dieser Stelle mit großer Freude auf die "Apps" (wie heute gesagt wird) von Paragon Software verwiesen, die den Duden auf den Tablettencomputer bringen. Neben der Rechtschreibung stehen Synonym-, Bedeutungs-, Stil-, Fremd- und Deutsches Universalwörterbuch zur Wahl: praktisch handhabbar, mit nützlichen Funktionen ausgestattet und vor allem unerläßlich zum Nachschlagen.

Als Bettlektüre zieht der hypochondrische Autor dieser Zeilen dennoch die gedruckte Ausgabe des Duden-Wörterbuchs medizinischer Fachbegriffe vor. Maßgebend für unruhige Nächte ...

Dr. Trash

Dr. Trash empfiehlt


erscheint in gedruckter Form in der höchst empfehlenswerten österreichischen Literaturzeitschrift "Buchkultur" - für Menschen, die beim Lesen noch nicht die Lippen bewegen müssen - und wird zeitversetzt Web-exklusiv im EVOLVER veröffentlicht.

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