Akzente_LyricFind.com

Leider keine Textmächtigkeit

Als das Internet noch boomte, schoßen in Ermangelung richtig guter Ideen ungezählte Portale aus dem Boden, die beim Aufspüren von Songtexten helfen wollten.    18.11.2002

Für jeden gab es eine Zeit, als er - seltener: sie - im Jugendzimmer auf dem ungemachten Bett lag, andächtig dem soeben erworbenen Tonträger lauschte und versuchte, den Text der darauf enthaltenen Songs zu verstehen, weil Liedtexte ja gerade in der Pubertät ganz neue Horizonte zu eröffnen scheinen. (Später kommt man drauf, daß die meisten Lyrics eh nur von den zwei bedeutendsten pubertären Problemen handeln: Sex und dem Gefühl, nirgends richtig dazuzugehören.) Dann kam das Internet - und mit ihm die einmalige Gelegenheit, so gut wie jeden Songtext irgendwo online zu finden. Ein "cleverer" Student aus Kanada hatte trotz dieser Vielfalt die Idee, ganz ganz viele Texte auf einer einzigen Site zu versammeln: "LyricFind.com". Da lassen sich doch auch Charts basteln, Platten verkaufen, Communities ins Leben rufen usw. usf.

Nix da! Erstens hatte der Mann offenbar nie die Zeit, wirklich viele Texte in seine Datenbank zu stopfen (von The Cult ist gerade ein Song gelistet, von Burt Bacharach gar keiner), und zweitens stieg ihm bald die Musikindustrie auf die Zehen, weil sie Lizenzgebühren kassieren wollte. Das Ergebnis: ganz wenige Lieder, von denen aus rechtlichen Gründen leider kein Text gezeigt werden darf. Aktualisiert wird nur noch das laufende Datum. Und damit ist "LyricFind.com" bestenfalls ein Beispiel für die Exzesse des Internet-Hype.

Peter Hiess

LyricFind.com

Ø


 

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