Musik_CD-Tips KW 02/08

No Limits?

Wir schreiben das Jahr 2008. Die musikalischen Grenzen sind enger gesetzt als je zuvor. Statt "Alles ist möglich" heißt es "Alles ist beliebig". Darum lohnt der Blick zurück.    14.01.2008

Manfred Prescher

Burial - Untrue

ØØØ

Hyperdub/Cargo/Trost (GB 2007)

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Was uns da als neuer Hype cooler britischer Trendsetter verkauft wird, ist im Kern schon ein alter Hut - allerdings einer, der im Club ganz nett schillern kann. Die Betonung liegt dabei auf "kann", weil in der Realität schon vor Jahr und Tag kaum jemand in der Lage war, zu Breakbeat und Dub zu tanzen. Was der deutsch-österreichische Bauer nicht kennt, das frißt er bzw. dazu groovt er eben nicht. Das spricht natürlich nicht gegen den Sound an sich. Auch in seiner neuesten, Dubstep genannten Ausprägung ist er - eine gewisse Weltoffenheit vorausgesetzt - durchaus Club-tauglich.

"Untrue" ist die CD, mit der die Eroberung unserer Gegend gelingen soll. Dafür spricht, daß Burials Zweitwerk vergleichsweise eingängig ist. Der chillige Grund-Sound und die Soul-II-Soul-Stimmen machen das Werk recht konsumierbar. Dagegen stehen allerdings eine düstere Schwermut und ein oft zu kraftvoller Baß, mit dem man eher Soundtracks zu Weltuntergangs-SF-Epen konstruieren könnte. Will "der letzte Mensch" Smith könnte zu "Untrue" prima durch das menschenleere New York turnen. (Anm. d. Red.: Wenn er nicht lieber Bob Marley hörte …) Die Samstagsnacht-Massen werden also von "Dog Raver", "In Mcdonalds" oder dem bedrohlichen "Archangel" eher irritiert. Selbst der UK-Szene-Hit "Ghost Hardware" ist bei Tests in Bauernland leider durchgefallen. Vielleicht dauert es ja, bis Dubstep bei uns Schlafmützen ankommt? Bis dahin bunkere ich "Untrue" im hinteren Winkel der CD-Sammlung. Zu Hause hören kann man das Ding sowieso nicht.

Links:

V/A - Best Of Bob Dylan´s Theme Time Radio Hour

ØØØØØ

In-akustik (USA 2006/2007)

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Bob Dylans Stimme ist Geschmacksache; ob er einer der wichtigsten Songwriter und Storyteller ist, wird an anderer EVOLVER-Stelle zu klären sein. Daß er aber ein Mann mit hohem Geschichtsbewußtsein ist und als Sammler seltener Musikaufnahmen einer wie John Peel oder Manfred Prescher, steht unzweifelhaft fest. Witzig ist er auch - zumindest, wenn er als Host den Hörern seiner "Theme Time Radio Hour" beim Web-Rundfunk XM Radio, bei BBC Radio 2 und BBC 6 Music Rares und Wahres serviert. In 60 Minuten geht es dabei stets um ein einzelnes Thema, zum Beispiel um "Väter", "Freunde und Nachbarn", "Autos" oder"Hunde". Seine Moderationen sind kurz, knapp, informativ und lakonisch. Im Mittelpunkt stehen aber die Songs, von denen sich kaum einer noch im kollektiven Bewußtsein befindet.

Als spannende Zeitreise zu den Wurzeln des Pop hat auch die Doppel-CD mit 52 Stücken Sinn. Nebenbei sind viele der Blues-, Country-, Folk-, Rock´n´Roll- und Hillbilly-Lieder auch noch wunderschön. Einige Beispiele aus der Masse der vergessenen Geniestreiche: John Brinns "Ice Cream Man", Slim Gaillards "Matzoh Balls", "Deep Purple" von The Ravens oder Hank Pennys "Taxes, Taxes". Was fehlt, sind Dylans Kommentare, die den Geist der Lieder erläutern.

Links:

Michael Jackson - Thriller

ØØØØØ

SonyBMG (USA 1982/2007)

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"Thriller" ist das sechste Studioalbum von Michael Jackson und das zweite, das er unter den Produzenten-Fittichen von Jazz- und Soundtrack-Großmeister Quincy Jones aufnahm. Als es am 1. Dezember 1982 in die Läden kam, sollte es einen ungeheuren Siegeszug antreten: Bis Anfang 2006 wurden weltweit mehr als 104 Millionen Exemplare von "Thriller" verkauft. Aber auch schon kurz nach der Veröffentlichung brach es alle Rekorde. Allein sieben der insgesamt neun Songs wurden als Singles ausgekoppelt, und alle schafften es in die Top ten der US-Charts.

Ein Superstar war Jackson zwar schon vor "Thriller", aber mit dieser Platte wurde er zur mystischen Figur. Das Album selbst ist in allen Teilen atemberaubend perfekt. Der dichte, nie überladene Sound, die Melodien, der präzise Gesang - Jacko, Jones und die Autoren griffen den Zeitgeist der frühen 80er auf, was besonders die Videos zu den Songs dokumentieren, setzten sich aber ebenso charmant wie brillant über die Grenzen von Zeit und Veröffentlichungszeitraum hinweg. Beim rhythmisch vertrackten Meilenstein "Billie Jean", dem Crossover-Schunkler "Beat It" oder beim Titelstück läßt sich kein Körnchen Staub erkennen. Am ehesten leiden die langsameren Songs ("This Girl Is Mine", "Human Nature") unter der Last der Jahre. Die Jubiläumsedition enthält unter anderem das unveröffentlichte "For All Time" und die gelungene Hommage an Altmeister "Vincent Price".

Links:

Kommentare_

b.st - 21.02.2008 : 01.14
super review zur burial platte! seid ihr vielleicht auf der sache nach neuen leuten zum platten rezensieren in eurem team?!
EVOLVER-Redaktion - 21.02.2008 : 12.28
@minty: Du kannst uns gerne einen Probetext zukommen lassen.

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