Musik_CD-Tips KW 32/08

Umgekehrte Vorzeichen

Neues, das alt klingt, und eine Platte, die bereits 36 Jahre auf dem Buckel hat, aber immer noch taufrisch wirkt - darum geht es in dieser Woche.    14.08.2008

Manfred Prescher

Kitty, Daisy & Lewis - Kitty, Daisy & Lewis

ØØØ 1/2

Sunday Best/Rough Trade (GB 2008)

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Och, sind die süß! Und herrlich altmodisch. Bei den Geschwistern Durham geht es geschmackssicher um Rockabilly, Country & Swing, Rock´n´Western - also alles, was aus den Fifties heraus richtig hibbelig macht. Dementsprechend heißen auch die zehn Songs, die hier zur stilvollen Revival-Party einladen, "Goin´ Up The Country", "Honolulu Rock´n´Roll", "Ooo Wee" oder "Swinging Hawaii". Das Witzige an der CD der drei jungen Briten ist, daß das alte Zeug immer noch, auch mehr als 50 Jahre nach dem Rock´n´Roll-Hype, toll funktioniert. Das Trio kann alles und läßt es richtig krachen. Ob Standbaß, Banjo, Steel Guitar, Ukulele, Akordeon: alles rumpelt und pumpt. Die Jahre der Hausmusik machen sich halt bezahlt, da die rockende Family wirklich mit traumwandlerischem Gespür zu Werke geht. Bester Song des Albums ist der in Großbritannien bereits 2006 als Single veröffentlichte und in Rockabilly-Kreisen recht erfolgreiche Hammer "Mean Son Of A Gun".

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Primal Scream - Beautiful Future

ØØØ 1/2

Warner (GB 2008)

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Ein Satz mit X? Genau: War wohl nix. Das galt für "Riot City Blues" von 2006. Die bereits in den 90er Jahren oft genug überschätzten Primal Scream haben ihren damals erreichten Tiefpunkt allerdings nun überwunden. Die All-Star-Gruppe um Bobby Gillespie und Gary Mounfield blickt mutig in eine musikalische Zukunft und läßt uns mit einer Reihe psychedelischer Kleinode daran teilhaben. Besonders geglückt sind die farbenfrohen Drogenräusche von "Suicide Bomb", "Zombie Man", das auch noch ganz lässig vor sich hin schlurft, und des brachialen Schluß-Tracks "Viva". Wer Stoner-Rock mit Brit-Pop und Hippietum verbinden kann, hat Qualität. Aber ein Ausblick in die Rockmusik von morgen ist "Beautiful Future" natürlich dennoch nicht. Noch ein Satz mit X? Genau: Macht aber nix, denn guter Pop muß nicht innovativ sein. Und mit "guter Pop" sind zumindest die fünf Stücke, die vom Schweden Björn Yttling produziert wurden, bestens umschrieben.

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David Bowie - Live Santa Monica ’72

ØØØØØ

EMI (GB 1972/2008)

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Daß diese Live-Aufnahme, die viele Fans schon lang als Bootleg in Ehren halten, so gut klingt, liegt daran, daß es sich um einen professionellen Rundfunkmitschnitt handelt. Daß die Musik auch heute noch schlicht genial rüberkommt, liegt an Bowie, Mick Ronson und den restlichen Spiders From Mars. Selten - auch nicht während der an sich schon legendären "Ziggy"-Tour - waren die Jungs sooo gut. 17 Songs, jeder in Top-Form interpretiert und in der Zusammenstellung ein Gesamtkunstwerk - genau das ist "Live Santa Monica". "Hang On To Yourself", "Changes", "Live On Mars?", "Queen Bitch", die ausschließlich als Single erhältliche Ziggy-Nummer "John I´m Only Dancing" und das Doppel-Finale in Form der klassischen Tragödie "Suffragette City"/"Rock´n´Roll Suicide", dazu "The Jean Genie", der Vorausblick auf "Aladdin Sane": Dieses Konzert bläst einen sogar im heimischen Wohnzimmer und mit der zeitlichen Distanz von 36 Jahren noch um. Der Achttausender in diesem musikalischen Hochgebirge ist aber "My Death", eine weitere sehr empathische Version eines Stücks von Bowies Lieblingssänger Jacques Brel.

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