Musik_Mozart: Jupiter

Zu den Sternen

Die letzten beiden Mozart-Symphonien ziehen sich als "Who´s who" der Dirigenten und Orchester durch die Plattenkataloge. Trotz Mozart-Jahr ist die vorliegende CD jedoch herausragend.    06.07.2006

Les Musiciens de Louvre und ihr Chefdirigent Marc Minkowski sind in der Originalklangszene schon lange keine Unbekannten mehr und dürfen daher auch im Mozartjahr nicht fehlen. Und mit der Neuerscheinung der letzten beiden Mozart-Symphonien ist den Künstlern tatsächlich ein großer Wurf gelungen.

Minkowski ist ein mittlerweile weltbekannter Dirigent, der sich neben Alter Musik und Barockmusik auch auf die Klassik spezialisiert hat - und dabei, weil das derzeit so beliebt ist, natürlich auf der Originalklangwelle schwimmt. Das Erfreuliche dabei ist, daß seine Einspielungen und Interpretationen niemals affektiert und überzogen klingen, sondern schlichtweg "normal".

Das Mozartjahr kann an niemandem spurlos vorübergehen, da die mediale Belästigung omnipräsent ist. Das beginnt bei Ausstellungen, geht über unzählige Lesungen und Konzerte und endet bei ganz stupiden Einfällen ("Mozart-Corner", "Mozart-Phone"), die man besonders in der Wiener Innenstadt hinnehmen muß. Da die Tonträgerindustrie ebenfalls Erntezeit hat, werden die Geschäfte mit vielen Neuerscheinungen und Wiederauflagen auf CD und DVD überschwemmt. Klar, daß die Universal bei dieser Emissionspolitik ganz vorn mit dabei ist. Die Neueinspielung der letzten beiden Symphonien von Mozart und der Ballettmusik der Oper "Idomeneo" ist ein wertvolles Kleinod des Konzerns.

Der Live-Mitschnitt wurde anläßlich eines Konzerts in Grenoble angefertigt. Dirigent Marc Minkowski musizierte mit seinem Ensemble Les Musiciens de Louvre die Symphonien Nr. 40 in g-moll und die Nr. 41 in C-Dur "Jupiter". Die Produktion zeichnet sich vor allem durch eine exakte und schlanke Spielweise, ausgewogene und straffe Tempi und eine glänzende Dynamik aus. Bei Minkowski klingt ein Pianissimo wirklich sehr leise und ein Fortissimo strahlend laut, ohne daß es den Hörer erschlägt. Die G-moll-Symphonie beginnt recht verhalten und steigert sich bis zum tragischen Finale; die Spannung verebbt hier keine Sekunde. Die Jupitersymphonie hingegen brilliert schon von Anfang an mit einem strahlenden C-Dur, was sich konsequent bis zum Schlußakkord hindurchzieht. Erfreulich sind die Bläser und die Pauken: Alle Akzente und Akkorde klingen perfekt abgestimmt, wobei kein Instrument ein anderes akustisch verdrängt.

Jene Hörer, die die letzten drei Mozartsymphonien mit Nikolaus Harnoncourt anläßlich des Osterklanges 2006 (siehe untenstehenden Link) gehört haben, können sofort einen Vergleich ziehen - sowohl mit dem Orchester als auch mit dem Dirigenten. Hier geht das Match Minkowski-Harnoncourt eindeutig zugunsten Minkowskis aus, ebenso wie das der Orchester.

Herbert Hiess

Mozart: Jupiter


Symphonien Nr. 40 g-moll (KV 550) und Nr. 41 C-Dur (KV 551); Ballettmusik aus "Idomeneo"

 

BEWERTUNG: ØØØØØ

Deutsche Grammophon/Universal (D 2006)

 

Les Musiciens de Louvre/Marc Minkowski

 

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