Musik_Last-Minute-Ideen für Klassikliebhaber

Weihnachtliche CD-Tips aus Wien

Alle Jahre wieder ... kommt nicht nur das Christuskind, sondern auch der "Streß", der oft zu Geschenkskäufen in letzter Minute führt. Um Verlegenheitsgaben wie Socken oder Bonbonnieren zu umgehen, hat der EVOLVER-Klassikexperte einige Tips zusammengestellt, die nicht nur eingefleischten Klassikliebhabern Freude bereiten werden.    20.12.2019

2020 ist natürlich das Beethoven-Jahr, an dem offenbar kein Weg vorbei führt. Natürlich werden wieder die Tonträgerkataloge mit einschlägiger Ware überschwemmt - was es logischerweise extrem schwer macht, hier echte "Gustostückerln" ausfindig zu machen. Trotzdem ist es gelungen, einige besitzens- und hörenswerte Produkte ausfindig zu machen. Doch auch andere Komponisten kommen im folgenden zu Wort (bzw. zu Klang). Wer Beethoven nicht unbedingt haben will, wird also ebenfalls hier fündig.

Mögen die weihnachtlichen Empfehlungen eine Quelle für viele Inspirationen sein.

 

In diesem Sinne: allen Lesern ein gesegnetes Weihnachtsfest!

Herbert Hiess

The Tchaikovsky Project

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Symphonien-Gesamtaufnahme

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Tschaikowski geballt bietet diese Neuerscheinung auf Decca. Gemeinsam mit ihrem Chefdirigenten Semyon Bychkov begibt sich die Tschechische Philharmonie auf eine abenteuerliche und wunderbare Reise zu dem bekanntesten russischen Komponisten. Der Maestro, der überhaupt erst sehr spät in seinem Leben zu einem Chefdirigentenposten gekommen ist, beweist, daß er der "Richtige" für das Orchester ist. Als einfühlsamer Klangregisseur motiviert er die Musiker in allerhöchste Höhen der Klangkultur. Und daß Gerstein ein grandioser Pianist ist, muß man nicht extra erwähnen - das hört man sowieso.

 

P. I. Tschaikowski

6 Symphonien, 3 Klavierkonzerte, Orchesterwerke

Kirill Gerstein, Klavier

Czech Philharmonic/Semyon Bychkov

Decca (Universal)

Links:

Beethoven - Complete Symphonies

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Gesamtaufnahme

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Manchmal hat man den Eindruck, daß Aufnahmen der Beethoven-Symphonien eine "Glückssache" sind. Offenbar haben die Wiener Philharmoniker da kein Glück, da der neueste Beethoven-Zyklus unter dem so hochgelobten Andris Nelsons schon der vierte in Folge (nach Abbado, Rattle, Thielemann) ist, der nur das Prädikat "recht brav" verdient - und eben leider nicht mehr.

Dafür überraschen die Kölner mit ihrem WDR Sinfonieorchester und ihrem "Leider-nicht-mehr"-Chef Saraste (der oft unterschätzt wird) mit einer künstlerisch und technisch hochwertigen Neuproduktion. Mit einer mitreißenden Lesart können die Musiker den Hörern Beethoven wirklich nahebringen. Ohne auf den Zug der manchmal schon langweiligen "historischen Informiertheit" aufzuspringen, gelingt es den Künstlern, Beethoven spannend zu bringen. Eine wirkliche Empfehlung - so kann man getrost das Beethoven-Jahr 2020 beginnen.

 

WDR Sinfonieorchester/Jukka-Pekka Saraste

Edition Günter Haenssler

Links:

Beethoven - Klavierkonzerte

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zwei Neuerscheinungen

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Noch vor Beginn des Beethoven-Jahres überschwemmen die Tonträgerproduzenten Geschäfte und Hörer mit ihren Produkten. Da muß man schon sehr aufpassen, um die Spreu vom Weizen trennen zu können. Gerade bei den Klavierkonzerten ist die Auswahl recht schwierig.

Interessanterweise sind es gerade zwei Produktionen mit dem gleichen Orchester (!), die hellhörig machen. Einerseits die Neuproduktion mit dem (noch?) recht unbekannten Pianisten Inon Barnatan und vor allem die Neuaufnahme unter dem großartigen Jan Lisecki lassen das Beethoven-Herz recht hoch schlagen.

Lisecki beweist, daß er in der Doppelrolle als Pianist und Dirigent weit mehr überzeugen kann als der hier leider nur "brave" Alan Gilbert. Irgendwie schafft es Gilbert nicht, bei den Orchestermusikern den Funken überspringen zu lassen.

Trotzdem eine echte Empfehlung!

 

Part 1 (Klavierkonzerte 1, 3 und 4, Tripelkonzert)

Inan Barnatan, Klavier

Stefan Jackiw, Violine

Alisa Weilerstein, Cello

Academy of St. Martin in the Fields/Alan Gilbert

Pentatone

 

Klavierkonzerte - gesamt

Jan Lisecki (Klavier und Leitung)

Academy of St. Martin in the Fields

Deutsche Grammophon/Universal

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Hector Berlioz

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zwei Neuerscheinungen

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Zwar überschattet jetzt schon das Beethoven-Jahr 2020 alle Jubiläen, doch man sollte daneben nicht auf den 150. Todestag von Berlioz vergessen, der 2019 begangen wurde. Die vorliegenden zwei Produktionen sind eine echte Empfehlung.

Einerseits zelebriert Gardiner auf gewohnte Weise auf 8 CDs und einer DVD Berlioz´ farbenreiches musikalisches Spektrum, das man sich nicht entgehen lassen sollte. Und andererseits läßt Rattle als neuer Chef der Londoner Symphoniker das Orchester gemeinsam mit dem formidablen Chor auf eine brisante Höllenfahrt mit anschließender Apotheose brillieren. Großartig!

 

Hector Berlioz - Rediscovered

div. Solisten

Orchestre Révolutionnaire et Romantique/John Eliot Gardiner

Decca/Universal 

 

La Damnation de Faust

Bryan Hymel, Karen Cargill, Christopher Purves, Gábor Bretz

London Symphony Chorus-London Symphony Orchestra/Sir Simon Rattle

LSO Live

Links:

Bernard Haitink - Portrait

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Bernard Haitink ist im besten Sinn des Wortes ein echter "Anti-Maestro". Er hat nie an überbordender Eitelkeit, Exaltiertheit und Unbescheidenheit gelitten, sondern fiel immer nur durch große Musikalität, Menschlichkeit und Kompetenz auf.

Genau zum 90er hat er jetzt (leider!) für immer den Taktstock niedergelegt. Trotzdem können Musikfreunde in einer Art "Best of" die musikalischen Meilensteine des sympathischen Niederländers nachhören.

Mit dem großartigen Symphonieorchester aus München kann man erleben, wie Mahler oder Bruckner klingen können und sollen. Da macht es schon etwas nachdenklich, daß die heutigen "Shooting-Stars" nicht einmal annähernd imstande sind, hier anzuknüpfen.

 

Bernard Haitink - Portrait

Werke von Joseph Haydn, Ludwig van Beethoven, Anton Bruckner und Gustav Mahler

div. Solisten

Chor und Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks/Bernard Haitink

BR Klassik

Links:

Schumann: Symphonies

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Gesamtaufnahme

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Salzburger Provinzpolitiker, die offenbar vom Kunstverstand befreit sind, haben 2019 bewiesen, wie es nicht gehen darf und soll. Sie haben einen der besten Dirigenten der heutigen Zeit gegen einen Intendanten ausgetauscht, der Herbert von Karajans Osterfestspiele zu einem beliebigen (und daher uninteressanten) Allerwelts-Festival umformen wird.

Thielemann ist kein bequemer, dafür aber ein umso besserer und besonderer Künstler. Gemeinsam mit seiner hervorragenden Dresdner Staatskapelle hat er schon viele Aufnahmen eingespielt - ganz besonders empfehlenswert ist hier die Gesamtaufnahme der Schumannschen Symphonien. Eine ganz großartige Produktion!

 

Robert Schumann - Symphonien (Gesamtaufnahme)

Staatskapelle Dresden/ Christian Thielemann

Sony Classical

Links:

Luciano Pavarotti - Soundtrack

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Musik zum neuen Film

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Luciano Pavarotti wäre 2020 85 Jahre alt geworden. Fast 13 Jahre nach seinem Tod beweist der neue Film über ihn, daß er eine der faszinierendsten Persönlichkeiten der Musikgeschichte war. Seine Stimme, seine Musikalität, sein Schmelz sind unvergessen - vor allem für all jene, die ihn live erleben durften.

Diese Soundtrack-CD läßt die Erinnerungen immer wieder wach werden und sollten in keinem Plattenregal von Stimm-Fans fehlen. Mit dieser Scheibe als Geschenk kann man fast nichts falsch machen.

 

Pavarotti (Music from the Motion Picture)

Decca/Universal

Links:

Weihnachtslieder mit Daniel Behle

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Neuproduktion

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Und weil Weihnachten ist, folgt zum Schluß noch eine Empfehlung mit einschlägigen Liedern fernab von Kitsch und Zuckerguß. Der intelligente und großartige deutsche Tenor Daniel Behle bringt in eigenen Arrangements mit seinen großartigen Kollegen die bekanntesten Weihnachtslieder auf neue Weise, ohne mit der Tradition zu brechen. So kann man guten Gewissens das Jahr ausklingen lassen.

 

Meine schönsten Weihnachtslieder

Daniel Behle, Tenor

Oliver Schnyder Trio & Friends

Sony Classical

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