Musik_CD-Tips der Woche

The Sweetest Payne

Macca braucht offenbar Geld für die Scheidung - und legt sich deswegen mit Starbucks ins Bett. Es gibt aber auch erfreuliche Nachrichten aus dem britischen Königreich: das sehr charmante Debütalbum von Candie Payne zum Beispiel. Außerdem findet sich auf der dieswöchigen Playlist rüpeliger Redneck-Country.    15.06.2007

Manfred Prescher

Candie Payne - I Wish I Could Have Loved You

ØØØØ

Deltasonic (GB 2007)


Vielleicht die Entdeckung des Sommers - wenn man nicht schon im vergangenen Jahr über Candie Paynes famose Single "All I Need to Hear" gestolpert ist. Dieses Stück hat die 24jährige Songwriterin aus Liverpool nun auch auf ihr Debütalbum gepackt, was uns sehr freut, weil die Vinylscheibe längst vergriffen ist. Der Rest ist genausowenig neu; Sixties-Zitate hatten wir ja in letzter Zeit schon recht oft.

Dafür sind die Verweise extrem stimmig und liebevoll gewählt - und die Songs abgesehen vom eher faden "One More Chance" auch richtig gut. Wen es nicht stört, daß "Why Should I Settle For You" so klingt, als hätte es Lee Hazlewood vor Jahr und Tag für Nancy Sinatra geschrieben, oder daß im Titelstück Lalo Schifrin auf Dusty Springfield und Scott Walker trifft, der wird viel Freude an der altmodisch veranlagten Künstlerin haben.

Candie Payne (der Name ist zu gut, um wirklich echt zu sein) verweist mit ihrer CD allerdings nicht nur auf längst vergangene Zeiten. Auch aktuellere Pop-Strömungen der besseren Art fließen ins Gesamtkonzept mit ein: So ist der Geist von Portishead, PJ Harvey, Isobel Campbell oder Amy Winehouse nicht zu überhören.

Links:

Paul McCartney - Memory Almost Full

ØØØØ

Universal (GB 2007)


Daß Paul McCartney jetzt für ihn neue Vertriebswege geht, das Werk der Beatles und der Wings auch über iTunes verkaufen will und damit den Rechtsstreit um den Namen Apple endgültig beilegt - geschenkt. Das gilt auch für den Deal mit der Kaffeehauskette Starbucks, die sein neues Album anbietet, weil es in deren Tausenden Filialen als Frappuccino-Schlürfuntermalung offenbar gute Figur macht. Auf die privaten Malaisen von Macca verzichten wir hier auch, da sein neue CD bereits vor dem letzten Werk "Chaos And Creation" - und damit vor der Ehe- und Scheidungskrise - aufgenommen wurde.

Interessanter ist da schon, daß der ewige Beatle angekündigt hat, niemals mit dem Songschreiben aufhören zu wollen. Unter dieser Prämisse erscheinen die 13 Rückblicke von "Memory Almost Full" in einem neuen Licht: Hier komponiert kein Mann, der in der glorreichen Vergangenheit gefangen ist und immer noch auf der Penny Lane mit den Kumpels spielt; hier schließt vielmehr einer mutig mit einer Vergangenheit ab, die für ihn trotzdem nie zu Ende gehen wird. Den Albumtitel muß man allerdings nicht wörtlich nehmen, weil McCartneys Speicher an schönen Songs noch lange nicht voll ist. Das belegen unter anderem "That Was Me", ein Meilenstein auch innerhalb von Pauls Riesenwerk, das ruhige "You Tell Me" und der ebenso simple wie eingängige Opener "Dance Tonight". Über die wenigen mediokren Songs breiten wir den Mantel des Schweigens.

Links:

Rodney Carrington - King Of The Mountains

ØØØ

Capitol Nashville (USA 2007)


Der Texaner Rodney Carrington ist ein Freund der schönen Bergwelt seiner Heimat. Um welche Hügel es sich handelt, sieht man spätestens beim Blick auf das Cover. Wer den Herrn kennt, weiß sowieso, daß Rodney zwar aussieht wie ein Garth-Brooks-Klon, aber der einzig echte Schweinerüde unter den derzeitigen Country-Stars ist. Schwiegermamas in Dixie mögen bestenfalls seine Saubermann-Optik, aber wohl kaum seine oft arg vulgären Zoten.

In denen erzählt er von seinem "12 Inch Dick" oder von einem Brief an seinen Penis (inklusive Antwort des kleinen Freundes). Carrington beschreibt, was er tut, wenn in einem fremden Klo das Papier fehlt, und bringt der Morgenlatte ein Ständchen. Natürlich zielt er in seinen Sketches wie in seinen Songs auf niedrige Instinkte und schnelle Lacher ab - was nicht immer lustig ist. Oft aber schon.

So auch auf "King Of The Mountains", seinem fünften regulären Album. Manches, wie etwa der Einkaufsbummel "Shopping On Rodeo Street" oder das bereits bekannte "Put Your Clothes Back On", fällt unter die Rubrik "fade Schmierstücke". Wenn Rodney allerdings in "Rap Star" mal nicht den Schniedel, sondern den Redneck raushängen läßt, dann gelingt ihm eine doppelte Genre-Persiflage. Ein besonderer Song ist der ernste und liebevolle Tearjerker "Tribute To Barry Martin", den er seinem dahingeschiedenen besten Freund und Teilzeit-Koautor widmet. Die restlichen 29 Tracks sind gewohnt versaute Trips über Hügel und durch Fjorde.

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