Musik_CD-Tips KW 24/08

Seelenschmeichler

Wer Arthur Conleys Frage "Do you like good music? That sweet Soul music?" guten Gewissens mit "Ja!" beantworten kann, findet hier genau die CDs, die er zum Eingrooven braucht.    13.06.2008

Manfred Prescher

Solomon Burke - Like A Fire

ØØØØ

Shout Factory/Soulfood (USA 2008)

Leserbewertung: (bewerten)

Der 68jährige Solomon Burke ist nicht nur die XXL-Version des Soul-Mannes, sondern auch das zentrale Bindeglied zwischen tiefen Memphis-Grooves und Country-Music. Nicht erst seit dem 2006er-Album "Nashville" zeigt Burke, wie nah sich Soul und Country wirklich sind. Schon die frühen Atlantic-Stücke wie "Down In The Valley" oder "Just Out Of Reach (Of My Two Open Arms)" waren Grenzgänger - und das nicht nur, weil "Just Out Of Reach" ursprünglich (unter anderem in einer sehr schönen Version von Patsy Cline) ein Country-Hit war. Vielleicht liegt es an Burkes Herkunft - er kommt aus Philadelphia -, daß er sich den Genres ohne große Berührungsängste nähert. Ein weiter Grund ist sicher seine warme und auch in höheren Lagen kräftige Stimme, die perfekt zu erdigen Sounds paßt. Solomon Burke ist kein Shouter wie Wilson Pickett, mit dem ihn eine enge Freundschaft verband, und auch kein eleganter Sänger wie Otis Redding oder Marvin Gaye. Aber er ist von beidem etwas, und das läßt ihn auch auf "Like A Fire" einzigartig klingen.

Die zehn Songs changieren zwischen Blues und seinen beiden anderen Vorlieben, und selbst die schlechteren Momente ("The Fall") werden von der Stimme veredelt. Bei der letzten Nummer "If I Give My Heart To You" läßt Burke durchaus gekonnt den Bar-Jazz-Crooner heraushängen. Wie häufig in den vergangenen paar Jahren bedient er sich bei Werken anderer und läßt prominente Gastmusiker auftreten. Nötig hat Burke das nicht, aber Eric Clapton (Autor des Titelstücks und Koautor von "Thank You"), Keb´ Mo´ oder Ben Harper, mit dem der Soul-Gigant zusammen das große "A Minute To Rest And A Second To Pray" intoniert, sind ebenfalls mit Spaß bei der Sache.

Links:

V/A - Sweet Soul Music & Blowin´ The Fuse

ØØØØØ

Bear Family (D 2008)

Leserbewertung: (bewerten)

Im Gegensatz zu Kent oder Ace, den Gralshütern des Soul, gehört Bear Family (noch) nicht zu den ersten Adressen für R´n´B- und Soul-Fans. Zwar hat das norddeutsche Traditionsunternehmen immer schon auch interessante Genre-CDs und Boxsets, zum Beispiel von Shirley & Lee oder dem großen Louis Jordan sowie das Nashville-Blues-Kompedium "A Shot In The Dark" veröffentlicht, doch die Soul-Abteilung wird die Bärenmarke wohl erst jetzt erobern.

Schuld daran sind zwei CD-Serien, die zusammengehören. Die eine heißt "Blowin´ The Fuse" und beleuchtet auf 16 einzeln erhältlichen Discs die Entwicklung vom Blues zum Soul, also die Jahre 1945 bis einschließlich 1960. Mit jeweils rund 30 Songs sind die CDs randvoll, die Auswahl ist stets perfekt, und die Liner-Notes sind informativ, geistreich und kompetent - nicht zuletzt, weil auch der große Colin Escott daran beteiligt war. Der passionierte Country-Fan Escott zeigt mit seiner deutlich erkennbaren Liebe zu Blues und (frühem) Soul, daß es gut ist, nicht engstirnig zu sein. Nur so lassen sich Zusammenhänge erkennen; außerdem bliebe einem andernfalls viel gute Musik verborgen.

"Sweet Soul Music" schließt nahtlos an "Blowin´ The Fuse" an, auch deshalb, weil man sich in den Liner-Notes auf die ältere Serie bezieht. Schließlich waren einige Stücke schon in früheren Versionen Hits. Auch der hohe Standard - also die zirka 30 Songs, die ausführlichen Informationen und die liebevolle Kompilation - bleibt hier erhalten. Im ersten Veröffentlichungs-Schwung geht es um die Jahre 1961 bis 1965, eine aufregende Ära, in der die Motown- und Stax-Imperien wuchsen. Doch die CDs beschäftigen sich nicht nur mit diesen Companies und den dazugehörigen Regionen. Soul gab es auch in New York, Philly, New Orleans oder in Chicago, wo Curtis Mayfield mit dem Impressions oder mit Major Lances "Um Um Um Um Um" für Furore sorgte.

Jede CD der Reihe ist eine Entdeckungsreise in unglaubliche Sound-Gebiete. Ob Chuck Jackson, die junge Gladys Knight, Gene "Duke Of Earl" Chandler, Ernie K-Doe oder Solomon Burke - alle Songs treffen den Fan ins Herz. Das ist nur logisch, denn wenn Bear Family etwas anpackt, dann gleich richtig. Deshalb werden demnächst in einer zweiten Welle die Soul-Jahre 1966 bis 1970 herausgebracht. Übrigens: Am preiswertesten sind die CDs aus beiden Serien im Online-Shop von Bear Family zu bekommen.

Links:

The Herbaliser - Same As It Never Was

ØØØØ

K7/Alive (GB 2008)

Leserbewertung: (bewerten)

Moderner Soul muß nichts mit dem Hupfdohlen-HipHop zu tun haben, der via USA die weltweiten Charts dominiert. Ollie Teeba und Jake Wherry sind zwei Engländer, die zeigen, daß es auch anders geht - und Groove und Innovativität einander nicht ausschließen müssen. Seit 1995 existiert das Projekt, das in der Zeit acht CDs herausbrachte.

Die aktuelle heißt "Same As It Never Was" und trägt ihren Titel zu Recht, da sich Herbaliser noch mehr als mit dem Vorgänger "Take London" von Breakbeat und Co. entfernt haben. Das Album ist sehr soulful; Teeba und Wherry spielen mit Jazz-Elementen, verwenden auch Dub- und HipHop-Bestandteile. Das Ergebnis sind ein Dutzend Electro-Tracks, denen aber jeder technoide Ansatz fehlt. "Clap Your Hands" klingt so Motown-mäßig, daß selbst Holland-Dozier-Holland ihre Freude daran haben würden, "Just Won´t Stop" oder "Blackweather Drive" tönen aus dem Umfeld von Isaac Hayes zu uns. Die Songs funktionieren zwar auch einzeln, entfalten aber erst beim kompletten Hören des Albums ihre Wirkung.

Links:

Kommentare_

Kolumnen
Fundamentalteilchen 17/417

Alte Freunde, neue Zeiten

Nach dem "Miststück der Woche" kommen die "Fundamentalteilchen". Lesen Sie jetzt die 17. Ausgabe von Manfred Preschers musikalischem Walkürenritt für die Ewigkeit - feat. Ina Müller.
 

Kolumnen
Fundamentalteilchen 16/416: Der Winter steht vor der Tür

Wolle mer ihn reinlasse?

Nach dem "Miststück der Woche" kommen die "Fundamentalteilchen". Lesen Sie jetzt die 16. Ausgabe von Manfred Preschers musikalischem Walkürenritt für die Ewigkeit - feat. Deine Freunde.  

Kolumnen
Fundamentalteilchen 15/415: Der vermaledeite Brummschädel

Das ewige Kommen und Gehen

Nach dem "Miststück der Woche" kommen die "Fundamentalteilchen". Lesen Sie jetzt die 15. Ausgabe von Manfred Preschers musikalischem Walkürenritt für die Ewigkeit - feat. Ava Vegas.  

Kolumnen
Fundamentalteilchen 6/406: Haruki, Elvis und ich

Literatur ist es, wenn man trotzdem lacht

Nach dem "Miststück der Woche" kommen die "Fundamentalteilchen". Lesen Sie jetzt die sechste Ausgabe von Manfred Preschers musikalischem Walkürenritt für die Ewigkeit - feat. Elvis Costello.  

Kolumnen
Fundamentalteilchen 5/405: Seit sieben Wochen keine komischen Streifen am Himmel und jeder dreht durch

Angriff der Kichererbsen

Nach dem "Miststück der Woche" kommen die "Fundamentalteilchen". Lesen Sie jetzt die fünfte Ausgabe von Manfred Preschers musikalischem Walkürenritt für die Ewigkeit - feat. Lana Del Rey.  

Kolumnen
Fundamentalteilchen 4/404: Mach nicht so viel Wind, mein Kind

Wenn es draußen stürmen tut, ist das Wetter gar nicht gut

Nach dem "Miststück der Woche" kommen die "Fundamentalteilchen". Lesen Sie jetzt die vierte Ausgabe von Manfred Preschers musikalischem Walkürenritt für die Ewigkeit - feat. Charlotte Brandi & Dirk von Lowtzow.