Musik_The Dead 60s - The Dead 60s

Gestorben wird später

Der Retro-Hype ist nicht tot zu kriegen. Auch diese Liverpooler Newcomer schaffen es mit puristischem Sound frischer und authentischer zu klingen als viele ihrer britischen Kollegen.    03.11.2005

Der Tod ist sexy. Tot sein wieder weniger. Aber diese hauptwörtlich gebrauchte Begrifflichkeit suggeriert so viele Emotionen, da muß man nicht mal tot sein, und sie wirkt trotzdem. "Death To The Pixies" deklarierten Frank Black und Konsorten anno 1997, um ein paar Jahre später wieder gemeinsam aus der Mottengruft zu springen und fulminante Pixies-Reunion-Gigs zu spielen. Ganz hinterhältig legten es auch die schwedischen Hellacopters an. "Rock'N'Roll Is Dead" betitelten sie ihr aktuelles Album, wohl wissend, daß dieses schäumende Höllengebräu gar nicht mehr aussterben kann.

Auf diesen Marketing-technisch interessanten Pfaden wandelt nun auch die englische Band The Dead 60s, die dann aber auf ihrem unbetitelten Debüt – zur allgemeinen Verwirrung – nicht wirklich mit den musikalischen Einflüssen der namenspendenden Dekade, sondern eher mit jenen der ausklingenden 70er und angehenden 80er einen knackigen Tanz aufführt.

Es wird also wieder mal ganz tief in der Retro-Kiste gewühlt, doch was die Liverpooler Combo dann aus den ausgegrabenen Song-Elementen von Ska-Punk-Bands wie The Clash oder The Specials zaubert, verdient durchaus eine Zusammenfassung unter eigener Marke. Und obwohl die aktuelle Single "Riot Radio" mit ihrem prägnanten Hammerriff hervorsticht, ist es vor allem die Mischung der gesamten Platte, die The Dead 60s vom – durchaus qualitativen – Einheitsbrei britischer Neo-New-Wave-Bands abhebt: Die fette Bass-Linie in "A Different Age" zum Beispiel, wo Sänger McManamon in gerade mal 1:33 Minuten sagt, was Sache ist. Oder die kleinen, feinen Soundeffekte, die Ska-Hymnen mit Punk-Attitüde ankündigen. Zwischendurch dreckig gesungene Vocals. Und natürlich darf die Rockgitarre nicht fehlen. Daß sie aus der Garage kommen, können die vier Liverpooler zu keiner Sekunde ihres Albums verheimlichen.

In gerade mal knapp 35 Minuten wird der Hörer von den Dead 60s durch ein Hitfeuerwerk von Album gejagt. Verschwitzt und zufrieden zugleich ist man danach allemal.

David Krutzler

The Dead 60s - The Dead 60s

ØØØØ


SonyBMG (GB 2005)

 

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