Print_Hakan Nesser - Kim Novak badete nie im See von Genezareth

"Es kommt, wie es kommt"

Im Roman des Krimi-Erfolgsautors spielen weder Hollywood noch die Bibel eine Rolle. Aber so sind sie, die Schweden.    07.04.2003

Die Mutter hat Krebs, die Tante ist seit der Kollision mit einem Elch in der Irrenanstalt, der Bruder nimmt am Familienleben kaum teil. Dann nahen auch noch Ferien mit Edmund und seinen sechs Zehen in Genezareth - so der Name des Sommerhauses am See. Und dann kommt es eben, wie es kommt. Am Ende des Schuljahrs taucht die Hilfslehrerin Ewa Kaludi auf, die wie Kim Novak aussieht und nie im See (der eigentlich Möckeln heißt) badet. Stattdessen beginnt sie in den Ferien eine Affäre mit Eriks Bruder Henry, taucht mit blaugeschlagenem Auge und kaputter Lippe im Ferienhaus auf und verliert ihren Verlobten. Der wiederum wird eines Tages erschlagen aufgefunden.

Dem schwedischen Krimiautor Hakan Nesser gelingt es durch die Sprache, Empfinden und Erleben eines 14jährigen nachfühlbar zu machen: Bootfahren, Stegbauen, Radfahren, Oberst Darkin, Räsonieren über Krebs-Treblinka-Liebe-Bumsen-Tod, nächtliches Beobachten der nackten Ewa Kaludi mit anschließender Masturbation. Weder der Täter noch das Opfer werden pseudopsychologisch analysiert, und auch die Frage, wer die Tat begangen hat, tritt zunehmend in den Hintergrund. Es kam, wie es kam ...

Beim Lesen dieses Romans gerät man rasch in den Zauber eines Jugendsommers. Gegen Ende des Buches meldet sich dann der erwachsene Erik zu Wort - und auch hier schafft Nesser den Sprung, sowohl sprachlich als auch in schwedische Schulklassen. Dort ist Kim Novaks Nicht-Bade-Ausflug nämlich bereits als Lektüre in jungen Händen.

Petra Öllinger