Garry Disher - Schnappschuss
Unionsverlag metro Tb. 2008
Wer populäre Kultur mag, der mag auch Serien. Schließlich gibt es nichts Schöneres, als immer neue Abenteuer eines liebgewonnenen Protagonisten zu erleben - sei es nun im Fernsehen, in Comics oder in der Kriminalliteratur. Nur sollte der jeweilige Held von einer Folge zur anderen nicht zu viel Ballast mitschleppen ...
Es kann schon verdammt störend sein, wenn so eine Hauptfigur eine Unmenge Sorgen und Traumata aus den vorangegangenen Werken auf dem Buckel trägt, an die der Leser immer wieder erinnert wird, ob er das nun will oder nicht. Krimihelden wie Sherlock Holmes und Mike Hammer haben vorgemacht, wie es richtig geht: Die grundlegenden Fakten zur Figur werden jedesmal kurz präsentiert, damit man in die Story reinkommt; frühere Ereignisse kommen nur dann zur Sprache, wenn sie für die aktuelle Handlung wichtig sind.
Bei seiner großartigen Serie um den Berufsverbrecher Wyatt hält sich der Australier Garry Disher an diese Regel. In Sachen Detective Inspector Hal Challis hingegen, der in der australischen Provinz meist Morde aufklärt, scheint er sie allerdings vergessen zu haben: In der neuen Episode "Schnappschuss" erfahren wir auf viel zu vielen Seiten schon wieder von der katastrophalen Exfrau des Polizisten, von seiner ehemaligen Affäre, von all dem Jammer, den er bereits durchgemacht hat. Daneben verblaßt der aktuelle Fall um die Frau eines reichen Mannes, die vor den Augen ihrer kleinen Tochter erschossen wird. Und das ist schade. Die korrupte "bessere Gesellschaft" mit ihren Sexparties, der durch Drogen beschleunigte moralische Verfall des Proletariats, die anscheinend weltweit gleiche Beamtenmentalität - all das würde viel besser zur Geltung kommen, wenn wir uns nicht dauernd mit der angeschlagenen Seele des Detective Inspector herumschlagen müßten. Drum merke: Krimis sind keine Psychoanalyse. Und das ist gut so.
Kommentare_