Stories_The Elder Scrolls IV: Oblivion

Don´t dream it, be it

Natürlich kann man in diesem neuen Rollenspiel-Giganten den edlen Weltenretter markieren - aber das ist Benjamin Mann viel zu langweilig. Er nützt die Freiheit dazu, herrlich böse zu sein.    23.05.2006

Sundas

 

Verflucht soll Valus Odiil sein, zusammen mit seinen beiden nichtsnutzigen, hirnlosen Söhnen! Bei Sithis, ich schwöre, daß ich mich rächen werde, sollte ich jemals aus diesem verfluchten Gefängnis entkommen. Hätten sie nicht mitbekommen, daß ich gerade dabei war, das Pferd aus dem Stall zu stehlen, wäre gar nichts passiert. Und natürlich, wie könnte es anders sein, muß sofort, nachdem die drei Bauerntrampel losbrüllen, eine dieser verdammten Wachen dahergelaufen kommen. Jetzt sitze ich hier, in dieser modrigen, stinkenden, verfaulenden Zelle im letzten Eck des Gefängnisses. Zu allem Überfluß gibt es außer dieser elenden Brut von Wachmannschaft hier nur noch einen einzigen weiteren Gefangenen, ein elendes Großmaul namens Valen Dreth.

Sithis steh mir bei! Wenn dieser Narr noch ein einziges Mal den Mund aufmacht, werde ich die Wachen anflehen, mich nur zehn Minuten mit ihm in eine Zelle zu sperren. Der einzige Lichtblick ist, daß dieser Idiot auch den Aufpassern den letzten Nerv raubt. Dafür ist es aber ganz amüsant, ihnen bei ihren täglichen Disziplinarverfahren zuzusehen; dann schlagen sie ihn solange zusammen, bis er Blut spuckt und um Gnade winselt - der einzige Lichtblick in diesem gottverlassenem Kerker.

 

Morndas

 

Ich muß hier raus! Sithis, ich halte das keine Sekunde länger mehr aus. Entweder komm´ ich in den nächsten Stunden aus dieser Zelle, oder es passiert ein Unglück. Sithis, ich flehe euch an, schickt mir ein Zeichen, mein Herr!!

 

Tirdas

 

Sithis sei gepriesen, ich bin frei! Und was für eine Befreiung das war! Ich war gerade dabei, einen Knochen, den ich in meiner Zelle gefunden habe, anzuspitzen, um ihn diesem Idioten von Valen Dreth mit einem gezielten Wurf ins Auge zu werfen, als plötzlich der Kaiser vor meiner Zelle stand. Offenbar hatten Attentäter die Kaiserburg infiltriert, und der Kaiser sowie einige seiner lächerlichen, ach wie aufrichtigen Klingen, liefen davon wie die Hasen. Und der Zugang zum unterirdischen Fluchttunnel befindet sich ausgerechnet in meiner ehemaligen Zelle! Nicht daß ich mich beschweren möchte, aber welcher Wahnsinnige entwirft so etwas?

Natürlich ließ ich mir diese Chance nicht entgehen. Die Wachen des Kaisers waren sowieso mehr mit seiner Sicherheit als mit einer dunkelelfischen Gefangenen beschäftigt. Der größte Witz aber kommt erst - und wieder einmal zeigt der Vater der Nacht seinen Sinn für Humor. Der Kaiser gab mir ein komisches Amulett, irgendein Drachending, und befahl mir, seinen Erben zu suchen. Kurz darauf war ich frei und der arme Kaiser tot, gemeuchelt von seltsamen Assassinen, die aus dem Nichts erschienen sind. Praktische Fähigkeit, muß ich schon sagen.

Das Amulett zum Erben bringen? Ich frage mich, an welcher Geisteskrankheit man leiden muß, um hier Kaiser zu werden? Bei Sithis, ich habe wesentlich Wichtigeres zu erledigen. Der dunkle Vater hat meine Gebete erhört. Valus Odiil, der Tag der Rache ist nah!

 

Middas

 

Sithis, ich danke Euch! Ich war in Chorrol und wollte diesem Trunkenbold in der Taverne zur Grauen Stute auflauern. Doch als ich die Taverne betrat, kam er schon auf mich zu. Ich hielt unter meiner Robe schon den Dolch bereit, als mich dieser Idiot um Hilfe bat. Er wußte nicht einmal mehr, wer ich war. Allein dafür hätte er den sofortigen Tod verdient, doch - bei Sithis! - mein Zögern hat sich gelohnt. Er bat mich, seine Söhne beim Verteidigen der Farm gegen irgendwelche Monster zu unterstützen, und wollte mir dafür 300 Goldstücke zahlen. Also beschloß ich, meine Pläne leicht abzuändern.

Ich ging zur Farm, wo die beiden Brüder schon auf mich warteten. Auch sie erkannten mich nicht, aber das spielte keine Rolle mehr. Ich erzählte ihnen, daß ihr Vater ein elender Feigling sei und ich an seiner Stelle kämpfen solle. Augenblicke später stürmte schon eine Horde Goblins auf die beiden Brüder zu. Dieses Chaos benützte ich dazu, mich unsichtbar zu machen (den Sternen sei Dank für dieses Geschenk!) und mich gemütlich an den Zaun zu lehnen, während die beiden Idioten von den Goblins zerfetzt wurden. Ach Sithis, erhabener Vater der Nacht, ihre Schreie und ihr Winseln hallen noch immer lieblich in meinen Ohren. Minuten später war das Feld mit dem Blut der beiden Schwächlinge durchtränkt, und ich machte mich zurück auf den Weg nach Chorrol, um Valus die Nachricht vom Tod seiner Söhne zu überbringen. Der Schmerz in seinen Augen, als er erkannte, daß seine Feigheit diese Tragödie verursacht hatte, war einfach wundervoll, mein geliebter Vater! Die Pein, die sich in seinen Augen spiegelte, als ich ihm wenig später meine Klinge in die Rippen bohrte, war jedoch noch berauschender. In dem Moment, als dieser nichtsnutzige Tor sein Leben aushauchte, fühlte ich mich euch so nah wie noch nie zuvor, oh Sithis.

 

Turdas

 

Sithis, ich danke Euch für diese Ehre! Heute morgen wurde ich von einer dunklen Gestalt geweckt. Ein Mann sagte mir, daß der Tod dieses unwürdigen Insekts euch sehr gefallen habe, mein Gebieter, und ihr mich für würdig erachtet, der Dunklen Bruderschaft, euren heiligen Kriegern der Nacht beizutreten, wenn ich einen kleinen Test bestünde. Mein Gebieter, wie ich auch schon eurem Gesandten mitgeteilt habe: Es ist vollbracht. Der Schwächling starb im Schlaf, und seine Seele ruht nun in eurer Umarmung.

 

...

 

Sundas

 

Mein Gebieter, ich kann euch nicht sagen, wie sehr mich euer Vertrauen ehrt. Mir ist nun klar, daß die vergangenen Wochen nur zur Vorbereitung auf die heutige Nacht dienten. Der Kapitän, der Waldelf, Valen Dreth (mein Herr, laßt mich euch nochmals aus tiefsten Herzen für diesen Auftrag danken), der unwürdige Wurm Mortierre, Faelian, Roderick, Matilde, die Erbschleicher in Skingrad, Adamus und all die anderen waren nur die Vorspeise; einzelne Töne in einer grandiosen Symphonie der Dunkelheit und des Schreckens, deren grandioses Finale nun unmittelbar bevorsteht. Geliebter dunkler Vater, verehrte Mutter der Nacht, meine Transformation ist nun abgeschlossen, alle Vorbereitungen sind getroffen. Euer Wille geschehe, denn euer Werkzeug ist bereit - die Säuberung kann beginnen.

 

Schlechte Zeiten für all die bedauernswerten, vom Leid geplagten besseren Hälften. Nicht nur, daß in wenigen Wochen König Fußball den heimischen Frieden empfindlich stören dürfte, sondern jetzt sorgt Bethesda Softworks auch noch dafür, daß die abendliche Zweisamkeit auf das Notwendigste reduziert wird.

Der absolute Top-Kandidat für den Titel "Spiel des Jahres 2006" ist eingetroffen: "The Elder Scrolls IV: Oblivion". Wer einen der Vorgänger, allen voran das brillante "Morrowind", gespielt hat, der weiß natürlich sofort, was ihn erwartet. Die Jungs und Mädels bei Bethesda haben wieder ein Spiel auf den Markt gebracht, das die Begriffe Spieldauer, Spielspaß und Freiheit völlig neu definiert.

Die Hintergrundgeschichte von "Oblivion" ist schnell erzählt und mindestens genauso uninteressant und bieder. Der alternde Kaiser wird auf der Flucht vor bösen Kultisten von ebendiesen hinterrücks abgemurkst. Glücklicherweise führte seine Flucht durch eine geheime Zelle im Kerker der Kaiserstadt, in der aus Versehen ein Häftling eingesperrt wurde. Besagtem Häftling, dessen Rolle vom Spielercharakter übernommen wird, drückt der Kaiser kurz vor seinem Tod das geheimnisvolle Drachenamulett in die Hände und schickt ihn auf die Reise in die weite Welt, wo er sich auf die Suche nach dem Thronerben machen soll. Was etwas fad und ausgelutscht klingt, wird später auch nicht wesentlich besser oder aufregender. Geheimkult. Spione. Dämonen. Noch mehr Geheimkult. Noch mehr Dämonen. Kreuzzug gegen das Böse. Entscheidungsschlacht. Wie aufregend.

 

Die Hauptstory war schon bei "The Elder Scrolls" nie besonders aufregend und wird in "Oblivion" gänzlich uninteressant. Doch wie schon bei den Vorgängern ist man Gott sei Dank nicht darauf angewiesen, und sie macht auch nur einen lächerlich kleinen Teil des gesamten Spiels aus. Ab dem Moment, wo man aus den finsteren Kerkerverliesen ins Freie tritt, kann man tun und lassen, was man will. Es bleibt dem Spieler selbst überlassen, ob er ein heiliger Krieger, ein leuchtendes Beispiel für den Rest der Welt oder lieber ein kaltblütiger Mörder oder Totenbeschwörer sein will, der eine Spur des Schreckens und des Todes hinterläßt (zweiteres ist, vor allem aufgrund der Reaktionen der NPCs auf böse Spielercharaktere, um einiges cooler und spannender).

Die Freiheit genießen kann man in "Oblivion" vor allem dank der wahrhaft atemberaubenden Graphik. Wälder, Wiesen, Höhlen, dunkle Tempel und verschneite Gebirgszüge präsentieren sich in einer Pracht, die alles bislang Dagewesene locker in den Schatten stellt. Die Animationen sind blitzsauber, und die beeindruckende Physik-Engine sorgt für tiefe Befriedigung, wenn der Gegner unter einem mächtigen Schwerthieb röchelnd zusammenbricht. Szenen zum Staunen gibt es mehr als genug; man kann praktisch keine zwei Minuten irgendwo durch die Wildnis schlendern, ohne über eine verfallene Ruine oder einen versteckten Auftrag zu stolpern.

Doch wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten - das gilt besonders für "Oblivion". Das Spiel ist zeitweise derart unfertig, daß die Veröffentlichung schon fast an eine Frechheit grenzt. In der deutschen Version sind zum Beispiel so ziemlich alle Textstellen in den Konversationen verstümmelt oder fehlen gänzlich. Besonders lustig ist das bei Antworten, von denen das Fortkommen bei gewissen Aufträgen abhängt. Es ist schon bizarr, wenn man von einem NPC vor eine Entscheidung gestellt wird, und dann raten darf, was man ihm eigentlich gerade geantwortet hat, weil die vorgegebenen Möglichkeiten leider auf "ja, ic…." und "kön…" begrenzt sind.

Für "Erheiterung" sorgt auch die Tatsache, daß eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Geldbeträgen einfach falsch angezeigt wird. So bietet beispielsweise eine Gräfin ein Haus zum Verkauf an und verlangt laut Bildschirmtext 6000 Goldstücke. Hat man jetzt 14.000 Goldstücke mit, kann man dieses Haus leider trotzdem nicht erwerben, denn in Wahrheit möchte sie 18.000 Goldstücke, was man aber erst erfährt, wenn man mit mehr als diesen 18.000 Goldstücken bei ihr antanzt. Sowas ist nicht wirklich schlimm, aber äußerst lästig.

 

Licht und Schatten gibt es auch bei der KI zur Genüge. Hier wechseln Genie und Wahnsinn im Sekundentakt: Ein Gegner, der noch gerade wie wild den eigenen Angriffen ausgewichen ist, bleibt auf einmal unvermutet stehen und läßt sich gemütlich abschlachten. Ganz abgesehen davon, daß die lieben NPCs manchmal Sprüche abgeben, die das Spiel unfreiwillig zu einer recht erheiternden Angelegenheit machen - allen voran natürlich die beiden Klassiker "Ihr habt die Hände eines Illusionisten" bzw. "Ihr habt die Augen eines ausgebildeten Scharfschützen".

PC-Spieler haben noch mit einem weiteren "Feature" zu kämpfen: Die Steuerung ist eindeutig auf die Xbox-360-Version ausgerichtet. Das hat am PC zeitweise immensen Frust zur Folge, da die Inventarsteuerung erstens schrecklich träge und zweitens nicht wirklich mausoptimiert is. Hat man - nach einem mitternächtlichen Alchemieanfall - zum Beispiel 150 verschiedene Tränke im Inventar und beschließt, diese zu Geld zu machen, so muß man beim Handeln jeden gottverdammten Trank einzeln auswählen und dann den Verkauf noch extra bestätigen. Da wäre eine eigene Steuerung für den PC nicht das Schlechteste gewesen. Andererseits haben PC-Spieler natürlich den immensen Vorteil, sich einen der vielen Patches aus der Community besorgen zu können. Als Ersatz für die miserable Übersetzung gibt es im Internet etwa eine Mod, die diese Katastrophe wettmacht.

Bei jedem anderen Spiel wären gravierende Mängel und Bugs in dieser Anzahl ein absolut triftiger Grund, einen weiten Bogen darum zu machen. "Oblivion" jedoch macht trotz all der Bugs und Dummheiten einfach gigantisch viel Spaß. Das Spiel ist wie ein kunstvolles Gemälde - man kann es schon jahrelang besitzen und trotzdem fällt einem immer wieder etwas Neues daran auf. Aber bitte, bitte liebe Programmier, nehmt euch bei den hoffentlich bald erscheinenden Add-ons doch einen Monat Zeit für eine gründliche Qualitätskontrolle. Danke.

Benjamin Mann

The Elder Scrolls IV: Oblivion

ØØØØØ


(Bethesda Softworks/2K Games)

erhältlich für: PC, Xbox360

 

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Kommentare_

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