Viennale 2004
15. bis 27. Oktober
Weitere Informationen und Neuigkeiten finden Sie auf der Viennale-Homepage.
Im Festival-Angebot mit knapp 300 Filmen lassen sich auch heuer etliche Höhepunkte ausmachen. Hier eine weitere persönliche Auswahl - diesmal von Alice Habitzl. 11.10.2004
Nicht immer erweist sich als gut, was gut klingt. Doch wer nicht die nötige Risikobereitschaft mitbringt, sich auch auf unbekannteres und komplexeres Kino-Terrain einzulassen, steht bei einem breitgefächerten Viennale-Programm ohnehin auf verlorenem Posten.
Aus der Spielfilmschiene ragen diesmal zwei französische Produktionen heraus: Das desolate Drogendrama Clean von Oliver Assayas ("Demonlover") begleitet die begnadete Schauspielerin Maggie Cheung als Rockmusikerin auf ihrem Entzug, den sie nach dem Überdosis-Tod ihres Mannes im Gefängnis durchziehen muß. Feux Rouges von Cédric Kahn ("Roberto Succo") wiederum verspricht einen Suspense-geladenen Beziehungs-Thriller nach einem Simenon-Krimi, bei dem die Kritik sogar Hitchcock-Bezüge strapaziert.
An zwei mit Vorschußlorbeeren überschwenglich bedachten Streifen läßt sich der "state of the art" des jüngeren US-Independent-Kinos ablesen. Mark Milgards Dandelion um das unschlüssige Leben und Lieben von US-Teenagern in der Provinz bleibt vielleicht Story-mäßig ein wenig hinter den Erwartungen zurück, entschädigt aber öfters visuell mit poetischen Aufnahmen aus dem ländlichen Idaho. Verstörung der anderen Art zelebriert Trona von David Fenster: Im nur 63 Minuten langen Debüt kommt der Protagonist zuerst vom Weg ab und dann halbnackt und ohne Geld im nächsten Kaff an. Klingt originell und nach vielversprechendem Geheimtip.
Zu welchen Kunstgriffen Hollywood einst fähig war, läßt sich an John Frankenheimers Meisterwerk The Manchurian Candidate nachprüfen. Das zeitlose Lehrstück in Paranoia und Militarismus hat wenig an Brisanz verloren.
Beim gut bestückten Dokumentarfilmsegment sollte man eventuelle Vorbehalte gleich an der Kassa abgeben. Denn nach dem langjährigen, sehr unterhaltsamen Viennale-Darling Nick Broomfield wartet der TV- und Doku-Regisseur Joe Berlinger heuer mit zwei interessanten Arbeiten auf: Brother´s Keeper aus dem Jahre 1992 - über einen mysteriösen Mordfall unter betagten Brüdern - und vor allem Metallica: Some Kind of Monster, der die Metal-Stars auf kräfteraubenden Tourneen und bei Studioarbeiten zum Album "St. Anger" begleitet, die am Rande der Selbstzerfleischung und schließlich nur mit Hilfe von Gruppenbetreuern und Psychologen stattfinden konnten.
Nach harten Jungs in Therapie kann den Kino-Connaisseur nur noch eines schocken, nämlich die ausgezeichnete "Fear East"-Reihe mit der neuesten Thriller- und Horrorware aus Japan und Südostasien: Ein Muß ist die klaustrophobische, in Cannes preisgekrönte Manga-Adaption Old Boy von Park Chan-Wook; der südkoreanische Regisseur gilt neben Kim Ki-Duk zurecht als Hoffnungsträger des asiatischen Kinos. Ähnliches sagt man auch dem Spezialisten für abartige Schocker Takashi Miike ("Audition") nach, der diesmal mit Chakushin Ari/One Missed Call für gänsehauterregenden Telefonterror nach der guten alten Japan-Horrorschule sorgt.
Hongkong-Action der neuen Generation servieren Regie-Star Johnnie To mit Dai sie-gien/Breaking News und die Infernal Affairs-Trilogie von Andrew Lau. Chinesische Historie in farbenprächtige Bilder verpackt einmal mehr der einstige Kritikerliebling Zhang Yimou im Rebellendrama Shimian Maifu/House Of Flying Daggers. Der Regisseur genießt seit seinem fulminanten Epos "Hero" zwar erstmals breiten Erfolg, wurde aber als einstiger Regimegegner Chinas für seine neue, restaurative politische Sichtweise von der politisch korrekten Fachwelt harsch gerügt.
"Nur für Cineasten" könnte der Übertitel für die heurigen Tributes und Retrospektiven lauten, die - gelinde gesagt - etwas sperrig sind. Am empfehlenswertesten ist noch der Tribute Film as a Subversive Art an Amos Vogel, der sich zeitlebens mit Avantgarde-, Kunst- und ungewöhnlichen Experimentalfilmen beschäftigte, von denen ein kleiner Querschnitt (u. a. mit Frühwerken von Polanski, Bresson, Bertolucci etc.) bei der Viennale zu sehen ist. Auch wenn heute einiges davon als hippieske Entgleisung schwer verdaulich wirkt, so zählt Vogels Lexikon des Avantgardefilms "Kino wider die Tabus" doch bis heute zu den einschlägigen Standardwerken.
Viennale 2004
15. bis 27. Oktober
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Die letzten Tage von Grunge-Rock-Idol Cobain bebildert Gus Van Sant als symbolreiches Stoßgebet. Langsam und unglamourös wird das private Sterben stellenweise zur Geduldsprobe.
Der zweite Teil von Lars von Triers Anti-Amerika-Trilogie rechnet mit Rassismus und Sklaverei ab. Ein zwiespältiges Lehrstück eines richtigen Zynikers über falsche Moral und die Folgen.
Der beste neue Scorsese kommt aus Frankreich. Das Porträt des 28jährigen halbkriminellen Tom ist ein echter Glücksfall von Film: hart, intensiv, unberechenbar und gut.
Die Viennale ist zu Ende und hinterläßt zermürbte Filmfreunde. Selten zuvor hat man eine solche Konzentration von belanglosen Filmen über sich ergehen lassen müssen.
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Nahrung fürs Auge, Lärm für die Ohren, Balsam fürs Gehirn: Der neue Ayoama kreist um Selbstmord und Science Fiction und taucht uns in ein Meer aus Geräuschen und hypnotischen Bildern.
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