Die Ärzte - Jazz ist anders
ØØØØ 1/2
Hot Action Records/Universal (D 2007)
Wer dachte, die Welt der Ärzte würde ein wenig karger, bloß weil sie "Jazz ist anders" selbst produziert haben, der sieht sich getäuscht. Das Trio beherrscht das Spiel mit den Genres sowohl vor als auch hinter den Reglern. Im Gegensatz zu "Geräusch", dem opulenten, manchmal zu ausufernden Vorgänger im XXL-Format, ist das neue Werk bei aller Vielfalt ziemlich auf den Punkt gebracht worden und jeder Song ein Knaller - mit Ausnahme der trotzdem erfolgreichen Single "Junge", die aber im Albumkontext ganz ordentlich funktioniert.
Die Ärzte-typische Variante des Uralt-Punk überzeugt jedoch eher in der Mitsing-Hymne "Breit". Besonders gut sind Farin, Bela und Rod immer dann, wenn sie mit den Stilen spielen, wie im Disco-Funk "Deine Freundin (wäre mir zu anstrengend)", der textlich mindestens all jenen aus der Seele spricht, deren Kumpels sich eben nicht mit "leichten", also einfachen Mädchen abgeben. Weil: Wer will immer nur Verständnis zeigen? Leicht wird da die Sauftour oder das Fußballspiel zur Qual ...
Gut auch der zum Sujet passende Bauernrock von "Lasse redn". Daß sich die Nachbarn die Mäuler zerreißen, war zwar schon immer Thema von Popsongs, aber die Ärzte verblüffen doch mit ihrem Rat: sie schlagen vor, daß man das Gerede zulassen soll. Wenn die Spießer zetern, tun sie wenigstens nichts anderes - schließlich weiß man ja, wozu Blockwarte fähig sind. Die 16 Songs von "Jazz ist anders" changieren zwischen unterschiedlich innovativem Rabaukentum ("Tu das nicht") und butterigen Balladen ("Niedliches Liebeslied"), aber das Gemenge macht richtig Spaß. Deshalb haben die Ärzte auch eine Bonus-Edition herausgebracht, die auf einer EP weitere drei Songs enthält, was wirklich sehr erfreulich ist. Fazit: große Platte, große Band.
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