Games_Hearts of Iron 2

Weltkrieg für Fortgeschrittene

Komplexe Simulationen und Lernbereitschaft gehören zu Ihren Stärken? Sie scheuen eine lange und schwierige Einarbeitung nicht? Dann ist dieses Spiel genau richtig für Sie.    16.03.2005

In "Hearts of Iron 2" ist man für absolut alles verantwortlich, was auch nur annähernd mit der Führung von Truppen im Kampfgeschehen zu tun hat. Handelsabkommen abschließen, Ressourcen zuteilen, Forschung vorantreiben, über diverse Allianzen mit anderen Nationen verhandeln, Ministerposten besetzen und vieles mehr fällt in den Aufgabenbereich des Spielers. Und das inkludiert noch nicht einmal die zahlreichen militärischen Aufgaben, um die man sich kümmern muß: andere Länder angreifen, Truppen verschieben oder den Einheiten Aufgaben erteilen. Das integrierte Tutorial ist zwar sehr hilfreich, wenn es darum geht, die allgemeinen Abläufe verstehen zu lernen, sich mit diversen Aufgaben vertraut zu machen und kleinere Gefechte zu leiten. Darüber hinaus hilft aber nur learning-by-doing und das gute alte Nachlesen im knapp 100 Seiten umfassenden Handbuch. Die Eingewöhnungsphase ist mit knapp vier bis fünf Stunden sehr hoch. Anfänger werden vom immensen Spielvolumen schlichtweg erschlagen sein. "Arbeitet" man sich jedoch in das Spiel ein bzw. kennt man die Vorgänger und/oder verwandte Spiele (wie "Europa Universalis", "Victoria" oder "Crusader Kings"), bekommt man sicherlich das beste Strategie- und Taktikspiel zum 2. Weltkrieg, das es je auf den heimischen PC verschlagen hat.

Das Game simuliert die Geschehnisse der Jahre 1936 bis 1947. Dabei stehen dem Spieler zum einen etwa ein Dutzend Missionen kurzer bis mittlerer Spielzeit zur Verfügung, wie die Ardennen-Offensive der Deutschen oder die Landung in der Normandie der Alliierten. Zum anderen kann man sich auch an die große Kampagne wagen, die vier Einstiegspunkte ermöglicht. Hierbei kann man die Kontrolle von nahezu jedem Land, das in den 2. Weltkrieg verwickelt war, übernehmen, angefangen von Großmächten wie Deutschland oder den USA über kleinere Kriegsteilnehmer wie Polen, Afghanistan oder Finnland bis hin zu eher unwichtigen wie Burma oder der Schweiz. Je nachdem für welches Einstiegsjahr man sich entscheidet, sind der Fortschritt der Technik und die Beziehungen der Länder zueinander anders. Zusätzlich gibt es auch noch historische Ereignisse, die eintreten, wie beispielsweise der spanische Bürgerkrieg. Trotzdem spielt sich eine Kampagne nie gleich. Der Computergegner ist äußerst fix und reagiert überlegt auf die Aktionen des Spielers. Ein Angriff auf ein neutrales Land wird gar nicht gerne gesehen und führt unter Umständen dazu, daß einem nicht sonderlich freundlich gesonnene Länder plötzlich den Krieg erklären.

Neben der Aufrechterhaltung der Wirtschaft nimmt vor allem die Forschung einen hohen Stellenwert ein. Wer hier nicht genügend Ressourcen investiert, bekommt nach einigen Jahren die Quittung auf dem Schlachtfeld präsentiert. Aber auch der Neubau von Kriegsgerät und die diplomatischen Beziehungen zu anderen Ländern sind von großer Bedeutung. Alles in allem darf man keinen Aspekt verkommen lassen. Kern des Spieles ist aber natürlich das Befehligen der Truppen. Hier heißt das Zauberwort Klasse statt Masse. Ein mit modernster Technik und Waffen ausgerüsteter Infanterietrupp kann eine Panzerbrigade in arge Bedrängnis bringen. Angriffe von mehreren Seiten, Luftunterstützung, Artilleriebeschuß, all das sollte der Spieler stets im Hinterkopf haben, wenn er seine Truppen über die Gebiete verteilt.

Beim Mainstream-Kunden wird dies wahrscheinlich kaum Interesse wecken. Dafür fehlt es einfach an einer ansehnlichen Optik und einer einfachen, übersichtlichen Steuerungsmechanik. Die enorme Dichte der Simulation beschränkt die Attraktivität des Spieles definitiv auf eine Sparte von Spielern, die Komplexität und hohe Lernbereitschaft nicht scheuen. Dafür erhält man aber ein Spiel, das einen über Wochen und Monate an den PC fesselt. Fans von Strategiespielen sollten einen Blick riskieren, denn nach anfänglichen Startschwierigkeiten entfaltet das Game sein volles Potenzial und läßt einen nicht mehr zur Ruhe kommen. Definitiv ein kleiner Insider-Tip!

Christian Krenn