Stories_Guild Wars

Einäugig unter Blinden

Die Quadratur des Kreises. Oder wie "Guild Wars" die MMORPGs auf den Kopf stellt und somit auch für Nicht-Studenten und die arbeitende Bevölkerung mehr als einen Blick wert ist.    16.09.2005

Die Auswahl für den geneigten Rollenspieler ist momentan enorm, für jeden Geschmack sollte etwas dabei sein. Für SciFi-Fans und Verehrer der LucasArts´schen Religion ist "Star Wars: Galaxies" oder "Matrix Online" das Maß der Dinge, für Liebhaber von Fantasy ist eine ganze Reihe hochkarätiger Games wie z. B. "World of Warcraft" oder "Everquest 2" vorhanden; daneben gibt es noch eine Fülle an Spielen, die ein Nischendasein fristen. Ist das Setting all dieser Spiele noch so unterschiedlich, eines haben sie alle gemeinsam: eine monatliche Gebühr von ca. 5 bis 15 Euro ist jeweils zu entrichten. Diese ist fällig, egal wie viel Zeit man online verbringt; In Zeiten schwacher Konjunktur, ein Punkt der sicherlich viele potenzielle Hobby-Zocker abschreckt. Denn wer findet heutzutage schon Zeit mehr als zwei Stunden pro Tag (wenn überhaupt) vor dem PC seinem Hobby nachzugehen ...

Eine Firma nutzt genau diese Marktlücke aus: Das Entwicklerstudio ArenaNet (ein Sammelsurium an ehemaligen Mitarbeitern von Blizzard) hat in Zusammenarbeit mit NCSoft das geniale "Guild Wars" erschaffen, das keinerlei laufende Kosten verursacht und diese Sparte von Spielen dadurch endlich für Jedermann zugänglich gemacht hat. Seit 26. April steht es in den Regalen und da man sich für diese Art von Spielen genügend Zeit nehmen muß, erfolgt der Test erst jetzt, gute vier Monate nach dem Release.

Was PC-Spiele über Jahre hinweg am Leben erhält, ist neben einer großen und fleißigen Community auch ein gutes Support-Management. Hier sind die Entwickler von ArenaNet mit "Guild Wars" absolut vorbildlich: Jede Woche gibt es Updates (die automatisch beim Starten installiert werden), die kleinere Mängel beseitigen (dabei handelt es sich aber eher um das Verändern von zu starken Fähigkeiten, "GW" selbst läuft erfreulich stabil), in unregelmäßigen Abständen werden neue Spielgebiete und Missionen hinzugefügt - und es vergeht kaum ein Tag, an dem es keine neuen Meldungen zur Weiterentwicklung von "Guild Wars" gibt. Da können sich so manche Möchtegern-Monopolisten, die teils unfertige Spiele auf den Markt werfen, eine dicke Scheibe davon abschneiden ...

Zum Spiel selbst: Zur Auswahl stehen dem Zocker, wie sich das für ein (Online-)Rollenspiel gehört, natürlich klassische Charaktere wie Kämpfer und Magier, daneben gibt es etwas ausgefallenere Klassen wie Nekromant oder Mesmer/Illusionist. Die genaue Charaktererstellung und -entwicklung zu erklären, würde den Rahmen sprengen, ist aber überaus gut gelöst. Nach dem sehr ausführlichen "Tutorial", ein in sich geschlossenes Gebiet, in dem einem alles Lebenswichtige beigebracht wird, verfolgt man im virtuellen Kontinent Kryta eine Kampagne mit etwa 25 Missionen. Nur wenn man diese spielt, wird die Geschichte fortgesponnen. Dabei gibt es keinerlei Zeitdruck und man kann sich in den jeweiligen Abschnitten komplett frei bewegen und zwischendurch immer wieder kleinere Quests lösen um Fähigkeiten zu erlernen und Erfahrungspunkte zu sammeln.

An und für sich waren - wie der Name schon verrät - die sogenannten Gildenkämpfe das Herzstück von "Guild Wars". Doch zeigte sich im Laufe der Zeit, daß das Interesse der Spieler deutlich mehr auf der Online-Kampagne liegt und so wurden nach und nach mehr Missionen vom Entwickler nachgeschoben um die Herzen der Gamer höher schlagen zu lassen. Am 7. September wurde beispielsweise ein großes, kostenloses Add-On bereitgestellt, daß die Welt um zwei gigantische Abschnitte erweitert.

In graphischer Hinischt ist "Guild Wars" absolut auf der Höhe der Zeit: Licht- und Schatteneffekte sind vom Feinsten, an den Charakteren kann man auf der höchsten Zoomstufe die Gesichtszüge erkennen und die meist farbenprächtigen Zauber runden das hervorragende Gesamtbild ab. Trotz dieser opulenten Optik läuft das Spiel selbst auf alten Kisten in höchster Auflösung absolut flüssig.

Einziger Kritikpunkt ist die Level-Beschränkung bei der Charakterentwicklung, denn bei Level 20 ist Schluß. Selbst fleißige Naturen werden dafür mindestens 30 Stunden brauchen, dennoch ist beim Erreichen dieser Höhen die Luft draußen. Die bloße Suche nach besserer Ausrüstung und immer noch fehlenden Fähigkeiten kann die Sucht dann nicht mehr ganz befriedigen. Andererseits kann man jederzeit mit einer der insgesamt sechs Charakterklassen

von vorne beginnen, und da stets zwei Klassen beliebig kombinierbar sind, ist monate- und jahrelange Spielzeit vorprogrammiert.

Fazit: Hervorragender Support, kein Hardware-Fresser, geeignet für Anfänger und Profis, monatelanger Spielspaß, keine monatliche Gebühr - all das macht "Guild Wars" zu einem grandiosen Spielerlebnis. Jeder der sich auch nur in irgendeiner Weise für Online-Spiele und/oder Rollenspiele interessiert, sollte zugreifen. Gemessen an der enormen Spieldauer gibt es derzeit kein vergleichbares Preis-/Leistungsverhältnis.

Christian Krenn