Kino_Film-Tips 3/2007

Presidents & Gangstas

Wir lassen unsere Leser nicht im Stich. Wer nicht weiß, was er sich im Kino ansehen soll (und was nicht), wird ab sofort wieder vom EVOLVER beraten - diesmal über blutgeifernde Mißgeburten, Serienkillerpärchen, den großen Idi Amin und den wie immer öden Hugh Grant.    09.03.2007

EVOLVER-Redaktion

Bereits im Kino


Smokin´ Aces

EVOLVER-Lesern ist der Regisseur Joe Carnahan garantiert kein Unbekannter mehr. Sein hierzulande auf DVD veröffentlichter Cop-Streifen "Narc" mit Ray Liotta und Jason Patric ließ das Big-Budget-Gegenstück "Training Day" mit Denzel Washington 2003 alt aussehen und sorgte bei den Zuschauern für fassungsloses Staunen. Auch Koproduzent Tom Cruise war begeistert - und Carnahan kurzzeitig für "Mission Impossible III" im Gespräch. Die Wahl fiel dann doch auf "Alias"-Macher J. J. Abrams; also blieb es für Carnahan bei einem Kurzfilm für die BMW-"Driver"-Reihe und den Pilotfilm zur Mafia-Serie "Faceless". Mit "Smokin´ Aces" liefert er endlich wieder einen gepflegten Neunzigminüter ab, in dem der Las-Vegas-Zauberer Buddy (Jeremy Piven) gegen den Mob aussagen will - genauer gesagt, gegen seinen einstigen Mentor. Natürlich hat der auch ein paar Tricks auf Lager und setzt ein Kopfgeld von einer Million Dollar auf den Vernaderer aus. Das Ergebnis? Sehenswert! Zumindest für Freunde des Neunziger-Jahre-Kinos, Marke Tarantino und Ritchie.

The Hitcher

Weil Michael Bay seit "Armageddon" keinen brauchbaren Film mehr zustandegebracht hat, versucht er sich seit ein paar Jahren lieber als Produzent von Remakes legendärer Horrorfilme. Die zu diesem Zweck zusammengefangenen Videoclip-Bastler sollten allerdings lieber weiterhin bewegte Packshots fabrizieren, anstatt Klassiker wie Tobe Hoopers "The Texas Chainsaw Massacre" gleich zweimal zu verhunzen. Während Regisseur Marcus Nispel seinerzeit bei Remake Nummer eins auf ganzer Linie versagte, wußte zuletzt Jonathan Liebesman mit dem Prequel "The Beginning" wenigstens zu amüsieren. Dem Bay ist´s ohnehin wurscht: Er gab Nispel "Pathfinder" zum Verhunzen und legte Roger Harmons 80er-Kultstreifen "The Hitcher" rund um einen psychopathischen Autostopper (im Original mit Verhoeven-Spezi Rutger Hauer genial besetzt) in Dave Meyers Hände. Was dabei herauskam, ist derzeit - mit Sean Bean in der Titelrolle - im Kino zu sehen. Finger weg!

Links:

Start: 8. & 9. März


Bobby - Sie alle hatten einen Traum

Die zweite Regiearbeit des Hollywood-Vorzeigeliberalen Emilio Estevez behandelt die Stunden vor dem Attentat auf Bobby Kennedy im Ambassador Hotel in Los Angeles, indem sie um den Alltag von rund zwei Dutzend (fiktiven) Personen kreist, die den Schicksalstag dort verbrachten. Leider ist fast keine der Geschichten oder Personen so interessant, daß sie den Zuseher in ihren Bann ziehen könnte. Die eigentliche (und einzig spannende) Geschichte - das Attentat - wird ans Ende des Films verbannt, wobei man die titelgebende Hauptfigur nie zu Gesicht bekommt. Und dann spielen die Nebencharaktere, auf denen der Film aufbaut, plötzlich auch keine Rolle mehr. Wieso das so ist, weiß wohl nur Estevez selbst. Der Rest wundert sich über den vielen Lärm, den dieses inszenatorische Nichts auszulösen vermochte.

 

Mitten ins Herz

Eine romantische Komödie. Mit Hugh Grant. Und Drew Barrymore. Es wird gesungen und gebalzt und noch mehr gesungen und gebalzt. Müssen wir mehr sagen?


Dark Blue

In Ron Sheltons im Österreichischen Filmmuseum wiederaufgeführter Ellroy-Verfilmung sind die Rodney-King-Unruhen Kurt Russells geringstes Problem. In "Dark Blue" entpuppt sich ein vermeintlicher Routinefall nämlich als böses Katz-und-Maus-Spiel in den eigenen Reihen. Statt wie gewohnt irgendwelchen Gangstern eine Waffe unterzuschieben und auf den sich lösenden Schuß bei der Verfolgung zu vertrauen, muß der Cop nicht nur ein Verbrechen aufklären, sondern auch seinen Partner, den Rookie Bobby Keough, unter die ideologischen Fittiche nehmen.

Lesen Sie dazu unseren DVD-Review aus dem Jahre 2004.

 

McLibel

Engagierte Dokumentation über zwei britische Greenpeace-Aktivisten, die vom bekanntesten Fleischlaberlbrater des Planeten mit Klagen eingedeckt wurden, nachdem sie den Konzern - nennen wir ihn McDonald´s - öffentlich mit McJobs und Tiermißhandlungen in Verbindung gebracht hatten. Die beiden gingen übrigens, welch Wunder, nach jahrelangem Gerichtsstreit sogar als Sieger hervor.

Links:

Start: 15. & 16. März


Pulse

Statt rachsüchtiger Girlies, die mit kaputten Fingernägeln durch den Fernsehbrunnen kraxeln, suchen diesmal böse Geister aus dem Internet den User heim. Klingt blöd, wurde von "Cure"-Regisseur Kiyoshi Kurosawa vor ein paar Jahren jedoch schaurig-schön umgesetzt und jetzt von Hollywood im Zuge des Remake-Wahns recht halbseiden recyclet. Brauchen wir das? Die Möchtegern-Alptraumfabrik glaubt schon, EVOLVER-Autor Andreas Winterer weiß es besser: Lesen Sie dazu seinen Review.

 

Der letzte König von Schottland - In den Fängen der Macht

Der Titel führt zunächst in die Irre. Wir haben es hier nämlich mit einem aus der Sicht eines jungen englischen Arztes erzählten Biopic über Ugandas Diktator Idi Amin zu tun - der sich selbst im üblichen Größenwahn einst zum schottischen König erklärte. Forest Whitaker wurde für das Porträt des Despoten vor kurzem erst mit dem Oscar bedacht. Zu Recht?

Links:

Start: 22. & 23. März


Alpha Dog

Weil Jake ihm Geld schuldet, entführt Drogendealer Johnny Truelove (Emile Hirsch) kurzerhand dessen kleinen Bruder als Pfand. Der findet das luxuriöse Leben inklusive Pool und Frischfleisch eigentlich recht spaßig und genießt das Lotterleben, bis das FBI Wind von der Sache bekommt und die Sache aus den Fugen gerät: Truelove landet als einer der jüngsten Verbrecher auf der "Most Wanted"-Liste. Ob´s der Papa (Bruce Willis) richten kann, ist ungewiß - und durchaus einen Blick wert. Überraschenderweise auch wegen eines gar nicht schlechten Auftritts von Justin Timberlake, der jedoch - wie alle anderen - von einem völlig entfesselten Ben Foster (bekannt u. a. aus "Six Feet Under") in den Schatten gestellt wird.


Die Fälscher

Und es gibt sie doch, die österreichischen Filmemacher, die ihre Geschichten lieber fernab von Sozialbau und neurotischem Kittelvolk ansiedeln. Einer davon ist Stefan Ruzowitzky, der mit den "Siebtelbauern" bereits sein erzählerisches Talent und mit "Anatomie 1 & 2" seine Kassenkraft unter Beweis stellte. Diesmal hat er sich das KZ Sachsenhausen als Ausgangspunkt seiner Story ausgesucht. Doch bevor böse Zungen "Nicht schon wieder!" schreien, lesen Sie bitte weiter: Dort wurde nämlich unter dem Decknamen "Unternehmen Bernhard" fleißig Falschgeld gedruckt - ganze 130 Millionen britische Pfund -, um die feindliche Wirtschaft in die Knie zu zwingen. Als zur Kooperation gezwungene Insassen mit von der Partie: Karl Markovics als Salomon Sorowitsch und August Diehl als Adolf Burger, auf dessen Erinnerungen das Drehbuch basiert.

 

Number 23

Walter Sparrow (Jim Carrey) ist heillos von der Zahl 23 besessen. Dadurch verwandelt sich sein bisher beschauliches Leben in ein Inferno psychischer Qualen, die nicht nur ihn selbst, sondern auch seine Familie das Leben kosten könnten. Ausgelöst wird Walters fixe Idee durch einen seltsamen Roman mit dem Titel "Die Zahl 23", den er nicht mehr aus der Hand legen kann. Wie eine Mischung aus Hans-Christian Schmids "23" und "Stranger Than Fiction" kommt dieser Psychothriller daher, der insbesondere ein Ziel zu verfolgen scheint: Sein Hauptdarsteller und sein Regisseur wollen doch bitte endlich, endlich ernst genommen werden. Nur hat man Jim Carrey selten so leblos erlebt, von Joel "Batman & Robin" Schumacher gar nicht zu reden. Der hat auf seine alten Tage wohl insgeheim geglaubt, noch mal zum Fincher werden zu müssen. Und das ist eine fast noch tragischere Geistesverirrung als die, die sein Filmheld durchmachen muß.


Lonely Hearts Killers

Der Serienkillerfilm hat nach einer kleinen Pause offenbar wieder Saison. Bevor David Fincher demnächst den Zodiac-Killer auf uns losläßt, gibt´s noch einmal und wiederaufgewärmt die Geschichte, die "The Honeymoon Killers" schon 1970 verarbeitet hat. Ein Remake im engeren Sinn ist "Lonely Hearts Killers" aber nicht, schon eher eine Hommage an den Cop Elmer Robinson - also den Mann, der das durchgeknallte Killerpärchen (hier und heute gespielt von Salma Hayek und Jared Leto) einst stellte. Wen wundert´s, ist Regisseur Todd Robinson doch dessen Enkel. Passable Kost, wenngleich auch etwas zu sehr auf Hochglanzware gebürstet. Aber Travolta (in der Hauptrolle) hat schon lang nicht mehr so wenig genervt wie hier.

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Start: 29. & 30. März


The Fountain

Wer wagt, der nicht immer gewinnt. Und gewagt hat Darren Aronofsky, der uns mit "Pi" und "Requiem For A Dream" gleich mit seinen ersten beiden Filmen Meisterwerke geliefert hat, mit "The Fountain" sehr, sehr viel: eine Meditation über den Tod, das Leben und die Liebe - aufgespannt über drei Zeitebenen. Aber selbst bei der allergrößten Sympathie für den Regisseur und dem ernstgemeinten Wunsch, daß er mit seinen Ambitionen (und womöglich einem guten Film) durchkommen möge, muß man spätestens in der letzten halben Stunde, in der sich alles in einen gigantischen Hippie-SF-Mumbo-Jumbo auflöst, resigniert konstatieren: Das war wohl nix. Zu bombastisch, zu esoterisch, zu prätentiös ist das Ergebnis - und leider von der Anmutung her näher an Greenaway als an Kubrick.

 

The Hills Have Eyes 2 - Die Glücklichen sterben schnell

Mit seinem Remake des Wes-Craven-Klassikers "The Hills Have Eyes" zeigte der Franzose Alexandre Aja, daß sein wunderbar gemeines Debüt "Haute Tension" kein Eintagsfliegenerfolg war. Nie zuvor waren radioaktiv verseuchte Hinterwäldlermutanten schöner anzuschauen ... Doch statt Aja auch gleich mit dem Sequel zu betrauen, steckte man ihn lieber in die Pre-Production zu "Mirrors", dem Remake des koreanischen Gruslers "Into The Mirror". Als Reiseführer für den zweiten Ausflug in die Hügel der blutigen Augen engagierte man statt dessen den deutschen "Rohtenburg"-Regisseur Martin Weisz, der schon das Biopic rund um den "Kannibalen von Rotenburg" Armin Meiwes ordentlich umsetzte. (Für den Menschenfresser sogar zu ordentlich, er reichte eine einstweilige Verfügung wegen Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte ein.) Ujegerl. Wir wünschen viel grauslichen Spaß im Kino.

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