I Monster - A Dense Swarm Of Ancient Stars
Twins Of Evil/Cargo
Was ist eigentlich guter Pop? Die Antwort ist einfach: Federleicht eingängig muß er sein und auch morgen noch kraftvoll zubeißen können. Über den Erfolg sagen diese Charaktereigenschaften freilich nichts aus - findet Manfred Prescher. 18.05.2009
Man kennt das ja: Langsam quält man sich aus dem Bett - und noch ehe man sich damit beschäftigen kann, mit Schwung und Elan in den Tag einzugreifen, wird man schon überrollt. Unter der Dusche, beim Rasieren, beim Frühstücken, im Auto: Immer hat man dieses eine Lied auf den Lippen, summt es vor sich hin, nervt damit die Umgebung. Dabei weiß man nicht mal, wie es dieses Miststück von Song überhaupt geschafft hat, die Geschmackskontrollen zu überwinden. In dieser Kolumne geht es um solch perfide Lieder.
Wenn es auf der Welt gerecht zuginge, wäre Dieter Bohlen auf staatliche Unterstützung angewiesen, und I Monster würden mit ihren Popsongs steinreich werden. Boris Karloff hätte fünf Oscars gewonnen, und Entscheidungsträger würden offen zu ihrem Ferengi-tum stehen. Weil es aber zwischen St. Öd und Wagadugu weit und breit nirgends gerecht abläuft, kennt kaum jemand das englische Elektro-Duo I Monster.
Genau deshalb müssen die Herren Honer und Gosling bürgerlichen Berufen nachgehen und können nur höchst gelegentlich an ihren Song-Miniaturen herumfrickeln. Aus diesem Grund haben sie in gut zwölf Jahren erst drei CDs veröffentlicht. Was aber auch daran liegen kann, daß echten Monstern nur ein kurzes Zeitfenster zur Verfügung steht, in dem sie durch menschliche Alpträume mäandern und Unheil stiften können. Womit wir wieder bei Boris K. wären ...
Spaß beiseite: I Monster ist die Ton gewordene Umsetzung der Kurzgeschichten von Ambrose Bierce und Edgar Allan Poe. Und das kann nur bedeuten, daß ihre Stücke bei aller Bedrohlichkeit auch unterhaltsam-leicht sind. Würde man Kraftwerk und Vincent Price kreuzen, kämen wahrscheinlich die Pet Shop Boys, Verzeihung: I Monster, heraus. Denn die machen es sich unter dem Pendel, das uns allen zwangsläufig über kurz oder lang den Garaus machen wird, herrlich bequem. Sie zelebrieren die Zeit, die bis zum unweigerlichen Finale bleibt, mit luftigen Pop-Spielereien und lassen schon mal die Mistkäfer tanzen.
Drum höret, was ich euch offenbaren will: Wenn sich die Sonne verfinstert, weil das Firmament von giftigem Auswurf geschwängert wurde, wenn die Vögel vom Himmel fallen wie schwarze Steine, dann werden die Untoten aus ihren Gräbern steigen und sich mit einem Freudengesang von der Sonne verabschieden. Mit dem letzten Ton wird dann eine große Leere alle Lande überziehen, und nicht einmal die Österreicher brauchen dann noch eine Zeitansage. Jeder, wirklich jeder, wird einen Moment lang gewußt haben, welche Stunde geschlagen hat. "Goodbye Sun" ist der Song, der in diesen letzten Minuten zelebriert werden kann, er ist das Lüftchen vor dem atomaren Sturm, den nur Zombies überstehen können.
Bis es soweit ist, müssen I Monster wohl im verborgenen leben und musizieren. Das ist schade, weil sie doch immer wieder perfekten Pop aus ihren bleichen Knochen schütteln: Am Anfang ihrer Un-Karriere remixten sie "Daydream", den einzigen internationalen Hit des Günter "Elisabeth Serenade" Kallmann Chors. Obwohl Ford diese Version in Großbritannien für eine Werbekampagne einsetzte, blieb es bei einem sachten Achtungserfolg.
Auch das neue, mit wunderschön-düsterem Psychedelic-Artwork gestaltete Album "A Dense Swarm Of Ancient Stars" wird nichts an der Erfolglosigkeit des Duos ändern, was auch daran liegt, daß das Werk auf dem Monster-eigenen Mini-Label Twins Of Evil erscheint. Guter Name übrigens - zumindest für Fans der Filme von Hammer Productions. Cushing sei Dank ist das Leben in einer Sheffielder Gruft vergleichsweise preiswert, sodaß man beim besten Willen nicht auf einen AMG Mercedes oder eine repräsentative Residenz zu sparen braucht.
Leider geht es mit dieser Kolumne erst in 14 Tagen, bzw. - wenn Sie, lieber Leser Vampir bzw. Wolfsmensch oder Zombie sind - 14 Nächten weiter. Dann schreibe ich über ein Lied, dessen Wiederentdeckung ich den Coen-Brüdern verdanke: "C.I.A Man" von den großen Fugs. Read before burning - in der Hölle, im Purgatorium oder am Strand von Malle. Was ja im Endeffekt aufs gleiche hinauskommen soll.
Redaktioneller Hinweis: Lesen Sie auch Manfred Preschers E-Book für die Ewigkeit: Verdammtes Miststück! Die ersten 200 Pop-Kolumnen aus dem EVOLVER
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