Da Huawa, da Meier und i: "Jeda is oana"
Enthalten auf der CD "D´ Würfel san rund" (südpolentertainment)
Die Bayern genießen unter den Deutschen einen ziemlichen Sonderlingstatus - ja, ihr habt recht gelesen, sie genießen ihn wirklich. Erfolgreich werden Menschen aus dem Freistaat übrigens in der Regel nur, wenn sie ihre Eigenarten ablegen, weiß Manfred Prescher. 01.07.2013
Manche Dinge ändern sich einfach nie: Du wachst morgens auf - und noch bevor sich das Hirn einschaltet, singst du, daß du nur noch die Welt retten mußt oder daß Geld guat brenna tuat. Widerstand ist absolut zwecklos, das Miststück setzt sich in dir fest. Begleitet dich ins Bad, zum Frühstück und in den Job. Manchmal freust du dich, weil dir zufällig ein alter Bekannter durch die Denkmurmel stromert, manchmal ist es dir schlicht peinlich. Wer will schon gern über sieben Brücken gehen oder von Jürgen Drews in den Tag geleitet werden?
In dieser Kolumne geht es um hinterhältige und fiese Lieder, die sich in dir festsetzen.
"Jeda is oana, drei san nia alloa" heißt es gleich zu Beginn des Titelstücks der neuen CD von Da Huawa, da Meier und i. Und zu dritt kann man schon richtig etwas hermachen. Oder um es mit den Niedersachsen-Trio Maybebop zu sagen: "Weniger sind mehr!" Aber halt, heute geht es hier um zweimal drei Jungs, die zumindest die Herkunft eint. Sie sind Deutsche von Geburt, Bayern durch die Gnade Gottes. Dieses Selbstverständnis würden sowohl Huawa, Meier und i als auch Sportfreunde Stiller unterzeichnen - den Sportis hört man das nur nicht mehr an.
Weil die Stiller nur dann erkennbar bayrisch klingen, wenn sie zum Zwecke des Sprechens die Münder öffnen, sind sie über den Weißwurstäquator hinaus massenkompatibel. Der Huawa, der Meier und der Namenlose singen im Dialekt und tingeln daher meistens nur durch den Freistaat. Und Bayern ist groß: 70.553 Quadratkilometer beträgt die Fläche, das Bundesland ist damit nicht so viel kleiner als Österreich. In Bayern wohnen allerdings ein paar Leute mehr, weswegen die drei Dialektiker auch ganz ordentlich von ihrer regionalen Begrenztheit leben können. Übrigens: Viele der Eingeborenen meinen, daß sie mit den Kärntnern, Wienern oder Tirolern mehr verbindet als mit Nieder- und Kaffeesachsen, Brandenburgern oder Ostwestfalen - und das nicht erst seit Sisi. Die österreichische Kaiserin stammt ja bekanntlich wie die Sportfreunde aus München.
Der Bayer ist anpassungsfähig. Erfolgreich im hochdeutschsprachigem Ausland wird er, wenn er "Brötchen" statt "Semmeln" kaufen kann und auch ansonsten klingt wie alle anderen. Beispiele gefällig? Mir fallen der Orchesterleiter Max Greger, Schlagerstar Roy Black, die "Tatort"-Kommissare Wachtveitl und Nemec oder eben die Sportfreunde Stiller ein. Natürlich ist es OK, sich den internationalen Märkten von Schwerin, Hannover oder Dortmund zu öffnen. Will man es "dort oben" schaffen, darf man eben nicht reden, wie einem der Schnabel gewachsen ist, sondern muß allgemeinverständlich sein. Mir hat man beispielsweise erst in der Klippschule, dann auch beim Sprachtraining im Radio beigebracht, das "R" nicht mehr zu rollen. Den Unterschied zwischen "dasselbe" und "das gleiche" verstehe ich heute allerdings immer noch nicht. Ich bin Franke, für uns ist das Bratwurst wie Semmel. Der Norddeutsche differenziert übrigens auch nicht immer. Generell und prinzipiell schert er die in Bayern lebenden Volksstämme über seinen Kamm. Deshalb zum Mitschreiben und Auswendiglernen: In friedlicher, weiß-blauer Eintracht hat es hier bei uns Ober- und Niederbayern, Oberpfälzer, Schwaben und - aufgemerkt - Franken. In Bayern gibt´s Orte, "do findst ned mol mim Nawi hi" und es gibt Großstädte wie "Minga" oder "Nämberch". Eines eint uns aber alle: Man versteht uns außerhalb unserer Landesgrenzen nur, wenn wir uns auf den kleinsten sprachlichen Nenner "herablassen".
So wie die Sportfreunde Stiller, die in ihrem Liebeslied "Applaus, Applaus" mit Worten herumjonglieren, die so universell sind, daß man sie sowohl in Elmshorn (Schleswig-Holstein) als auch Hornburg (Niedersachsen) und in Horn (Niederösterreich) versteht: "Applaus, Applaus für deine Worte/Mein Herz geht auf, wenn du lachst!/Applaus, Applaus, für deine Art, mich zu begeistern ..." Gut, es gibt intelligentere Aussagen, aber wer kapiert schon die Worte von Jean-Francois Lyotard, Okka Hübner oder des jungen Dirk von Lowtzow? Eben.
Wie die Sportfreunde wären Da Huawa, der übrigens "in echt" auch Maier heißt, da Meier und i eigentlich ebenfalls massentauglich - wenn man sie denn verstehen könnte. Denn sie singen vom Sternekoch, der für McDonald´s wirbt, von heftigen Zahnschmerzen und noch heftigeren Beziehungen. So erlaubt man der Freundin alles: sie darf das letzte Wurstbrot anbeißen, sich "körperlich verweigern" oder eine Woche lang blöd schaun. Wenn sie es nur lassen könnte, beim Weggehen "oiwei Tschüß" zu sagen. Und genau das ist die Crux. So verabschiedet man sich nun mal im Norden.
Ich sag derweil leise "Servus" und weise schon mal drauf hin, daß ich nächste Woche über Gilbert O´Sullivan schreiben will. Genau, der irische Holzmichel, der in den 70er Jahren so erfolgreich war, lebt noch. Bis dahin, liebe Leut, bleibt´s am besten, wie ihr seid. Was anderes bleibt euch ja auch gar nicht übrig.
Redaktioneller Hinweis: Lesen Sie auch Manfred Preschers E-Book für die Ewigkeit: Verdammtes Miststück! Die ersten 200 Pop-Kolumnen aus dem EVOLVER
Da Huawa, da Meier und i: "Jeda is oana"
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Sportfreunde Stiller: "Applaus, Applaus"
Enthalten auf der CD "New York, Rio, Rosenheim" (Vertigo Berlin/Universal)
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