Pink - Funhouse
(Photo © Frank Michelotta/LaFace Records)
SonyBMG (USA 2008)
Heilige Madonna, sowas nennt selbst Madame Ciccone einen Hit. Wahrscheinlich hätte sie den Ohrwurm sogar liebend gern selbst aufgenommen, sozusagen als Abrechnung mit dem Ehemann - meint Manfred Prescher. 27.10.2008
Man kennt das ja: Langsam quält man sich aus dem Bett - und noch ehe man sich damit beschäftigen kann, mit Schwung und Elan in den Tag einzugreifen, wird man schon überrollt. Unter der Dusche, beim Rasieren, beim Frühstücken, im Auto: Immer hat man dieses eine Lied auf den Lippen, summt es vor sich hin, nervt damit die Umgebung. Dabei weiß man nicht mal, wie es dieses Miststück von Song überhaupt geschafft hat, die Geschmackskontrollen zu überwinden. In dieser Kolumne geht es um solch perfide Lieder.
Die Zylonen sind unter uns, Commander Adamas Warnungen wurden also ignoriert. Zumindest denke ich mir das, wenn ich mir die Mehrzahl von Pinks Pressebildern anschaue, denn darauf wirkt sie wie ein weiblicher Star-Prototyp, der aus Genen von Farin Urlaub, Billy Idol und einer Barbiepuppe zusammengebaut wurde. Daher nehmen wir hier ein anderes Photo.
Im bürgerlichen Leben, also als Alecia Beth Moore, sieht sie eher wie das Robot-Model "Nummer 6" aus, das den Männern in und vor "Battlestar Galactica" den Kopf verdreht. Kein Wunder also, daß die 29jährige Amerikanerin so überaus erfolgreich ist. Dazu kommt ein Sound, der ebenfalls aus der Retorte stammt und aus bewährten Zutaten besteht: Disco, 80´s Wave, R´n´B-Gehopse, Synthie-Pop - was zusammenpaßt, wird auch zusammengemischt. Das hört sich irgendwie nach Madonna an, oder?
Zumindest im Fall von "So What" ist die Nähe zur großen Diva unüberhörbar. Es könnte sogar sein, daß der Pink-Hit den Erfolg von "4 Minutes" noch übertrifft und so die Nachfolgeregelung allmählich in Kraft tritt. Madonna Louise Veronica Ciccone kommt ja langsam in die Jahre, in denen Pop-Königinnen abdanken und von der bis dato angehäuften Apanage leben, Rosen und Radieschen pflegen und diese dann in naher Zukunft von unten begutachten. Angeblich altern ja sogar Zyloninnen.
Während Madonna im Verein mit Justin Timberlake die Welt retten will, beendet Pink mit "So What" offiziell und für jeden nachhörbar ihre Ehe mit Carey Hart. Spätestens mit der Veröffentlichung sollte Hart aber herzliche Zweifel an den beiden Jahren am gemeinsamen Tisch haben und den Hersteller des Betriebssystems, mit dem Pink läuft, rückwirkend auf Schadenersatz verklagen. Irgendwer hat nämlich eine Überdosis Egozentrik in die Systemdatenbank implementiert: "I´m still a rock star/I got my rock moves/And I don´t need you/Guess what/I´m having more fun/And now that we´re done." Dazu ein riesiges Selbstbewußtsein ... Im direkten Vergleich dazu wirken Eminems Reimkaskaden geradezu depressiv.
Was "So What" für Madonna interessant macht ist, die Tatsache, daß Pink ihre schmutzige Wäsche wäscht und dafür auch noch von den Fans zwischen Feuerland und Nordsibirien mit Mammon überhäuft wird wie ein moderner König Midas. Der wünschte sich bekanntlich, daß alles, was er anfaßte, unweigerlich zu Gold werden würde. Während der Monarch von Phrygien mit diesem Begehr soviel Pech hatte, daß sich sogar die Binsen über die mangelnde Weisheit des blaublütigen Esels lustig machten, wird Alecia Moore damit prima leben können. Bei ihr wird seit "There You Go" aus dem Jahr 2000 jeder Ton in bare Münze verwandelt; doch das einzig Negative, das ihr blüht, ist wahrscheinlich eine gewisse Beziehungsunfähigkeit. Aber man kann nicht alles haben. Die Weisheiten aus Pinks Eheleben werden auch nicht von irgendwelchen Gräsern in alle Himmelsrichtungen verbreitet, das übernimmt sie schon selbst. Und siehe da: Das Goldeselchen wackelt mit dem Schwanz und kackt goldene Äpfel auf den Lebensweg der Künstlerin.
Nebenbei nimmt Pink der Regenbogenpresse die Geschichte des Skandals um die Scheidung weg, da die "Kronenzeitungen" dieser Welt genau an dieser Art scheinbarer Promi-Enthüllung Interesse hätten: "You weren´t fair/You never were/You want it all/But that´s not fair/I gave you life/I gave my all/You weren´t there/You let me fall" etc pp." Oje, die Arme. "Brigitte", übernehmen Sie! Machen Sie eine 20teilige Serie über lieblose Ehemänner draus, über Männer, die nie da sind, wenn man sie braucht - und zudem noch nicht mal so einfühlsam sind wie die Jungs von Kiss: "Beth, I hear you callin´/But I can´t come home right now/Me and the boys are playin´/And we just can´t find the sound/Just a few more hours/And I´ll be right home to you/I think I hear them callin´/Oh, Beth what can I do/Beth what can I do", heißt es seit anno ´76 in "Beth". Genau das ist doch der richtige männlich-dialektische Korpsgeist, der eine Beziehung retten kann: einerseits gefühlig Sehnsucht formulieren, andrerseits gepflegt die Tour-Sau rauslassen. Schließlich ist der Ehe-Zylon zu Hause und damit weit weg. Allerdings wissen wir von Commander Adama, daß die Roboter ihre Augen und Ohren überall haben ...
Jedenfalls hat mich dieser Über-Hyper-Megahit auf eine Idee gebracht: Im Jubiläums-"Miststück" 150, das im Jänner hier veröffentlicht werden wird, möchte ich die 15 besten Beziehungsbeendigungs-Songs vorstellen. In 14 Tagen aber geht es hier weiter mit "Haus am See" von Peter Fox.
Redaktioneller Hinweis: Lesen Sie auch Manfred Preschers E-Book für die Ewigkeit: Verdammtes Miststück! Die ersten 200 Pop-Kolumnen aus dem EVOLVER
Pink - Funhouse
(Photo © Frank Michelotta/LaFace Records)
SonyBMG (USA 2008)
Nach dem "Miststück der Woche" kommen die "Fundamentalteilchen". Lesen Sie jetzt die 17. Ausgabe von Manfred Preschers musikalischem Walkürenritt für die Ewigkeit - feat. Ina Müller.
Nach dem "Miststück der Woche" kommen die "Fundamentalteilchen". Lesen Sie jetzt die 16. Ausgabe von Manfred Preschers musikalischem Walkürenritt für die Ewigkeit - feat. Deine Freunde.
Nach dem "Miststück der Woche" kommen die "Fundamentalteilchen". Lesen Sie jetzt die 15. Ausgabe von Manfred Preschers musikalischem Walkürenritt für die Ewigkeit - feat. Ava Vegas.
Nach dem "Miststück der Woche" kommen die "Fundamentalteilchen". Lesen Sie jetzt die sechste Ausgabe von Manfred Preschers musikalischem Walkürenritt für die Ewigkeit - feat. Elvis Costello.
Nach dem "Miststück der Woche" kommen die "Fundamentalteilchen". Lesen Sie jetzt die fünfte Ausgabe von Manfred Preschers musikalischem Walkürenritt für die Ewigkeit - feat. Lana Del Rey.
Nach dem "Miststück der Woche" kommen die "Fundamentalteilchen". Lesen Sie jetzt die vierte Ausgabe von Manfred Preschers musikalischem Walkürenritt für die Ewigkeit - feat. Charlotte Brandi & Dirk von Lowtzow.
Kommentare_