Kolumnen_Miststück der Woche III/11

Rihanna & Eminem: "Numb"

Nicht jedes zweite Rendezvous ist erfreulich - manchmal wird es auch eine nach aufgewärmtem Nudelauflauf schmeckende Angelegenheit, die ohnehin von vornherein verwürzt war. Manfred Prescher meint daher, daß man diverse Duette einfach nicht braucht.    26.11.2012

Manche Dinge ändern sich einfach nie: Du wachst morgens auf - und noch bevor sich das Hirn einschaltet, singst du, daß du nur noch die Welt retten mußt oder daß Geld guat brenna tuat. Widerstand ist absolut zwecklos, das Miststück setzt sich in dir fest. Begleitet dich ins Bad, zum Frühstück und in den Job. Manchmal freust du dich, weil dir zufällig ein alter Bekannter durch die Denkmurmel stromert, manchmal ist es dir schlicht peinlich. Wer will schon gern über sieben Brücken gehen oder von Jürgen Drews in den Tag geleitet werden?

In dieser Kolumne geht es um hinterhältige und fiese Lieder, die sich in dir festsetzen.

 

Bevor ich mich um das neue "Miststück" kümmere, muß ich mich bei all jenen entschuldigen, die nicht in den Metropolen der Welt ihr Dasein fristen, sondern in kleineren Städten oder auf dem mehr oder minder flachen Land zwischen der Südsteiermark und der dänischen Grenze. Meine Herrschaften, auch bei euch ist es wunderschön, schließlich fließen vor euren Fenstern Milch und Honig! Und selbstverständlich ist mir bewußt, daß irgendwo ja auch die lila Kühe stehen müssen, die bekanntermaßen die Milka-Schokolade geben. Dort, wo der Goldbär gejagt wird und der Wachtelkönig seine zukünftige Wachtelkönigin umbalzt, ist die Welt einfach noch schwer in Ordnung. Das mußte einmal gesagt sein.

 

Vielleicht sollte ich mal einen Text ins Zentrum der Kolumne stellen, der wirklich alles aussagt und keine Fragen offen läßt. Vielleicht "Mein Herz brennt" von Rammstein? Nein, da kann man immer noch zu viel reindichten. Oder "Ich will dich lieben die ganze Nacht/Bis das Bett zusammenkracht"? Nein, da kann man falsche Absichten hineininterpretieren. Oder wie wäre es mit "Hast du Hunger in der Schule, dann merk dir gut/Laß die Popel in der Nase und iß Butterbrot" - dieses kleine Lied von Charlie Harper steckt voller Weisheit, Wahrheit und Klarheit. Aber Spaß beiseite, wir wollen ausnahmsweise mal ernst sein.

Die weniger Dementen unter den Älteren unter euch wissen sicher, daß ich für dieses Mal  "Pupihanna", also eine Mischung aus Pur, Pink und Rihanna versprochen habe. Pink muß ich aus aktuellem Anlaß weglassen. In Zeiten, wenn es draußen eiskalt ist und drinnen das Herz brennt, ist Schwarz das neue Pink. Und auf die schwäbischen Betroffenheits-Säusler von Pur habe ich keine Lust. Da krieg´ ich doch tatsächlich wieder meine Migräne, aber wenigstens einmal will ich die Gruppe um Hartmut Engler doch erwähnen, und zwar mit der Preisfrage "Was haben Pur, Rihanna und Eminem gemeinsam?" Bevor ihr den Publikumsjoker zieht, erkläre ich es euch: Auf der neuen Pur-CD "Schein & Sein" geht es um ein Thema, das uns doch immer wieder umtreibt - oder, um es noch mal mit Charlie Harper zu sagen: "Ich glaube, es gibt einen Gott, der kleine Lügen vergibt." Was bei Pur "Du lügst" heißt, wurde freilich seinerzeit beim ersten Treffen von Rihanna und Eminem lustvoller intoniert: "Love The Way You Lie" heißt der Monster-Hit, bei dem sie mit glasklarer Stimme singt, daß sie es mag, wenn sie vom hochbegabten Geschichtenerzähler Eminem Geschichten von der wilden Wutz erzählt bekommt.

 

Eminem, der Bob Dylan unter den Rappern, trifft nun erneut auf die als Sängerin auch nicht ganz unbegabte Rihanna. Wer mehr über die Lady lesen will, sollte auf dieses alte "Miststück" klicken. Damals habe ich euch, meiner herzallerliebsten Leserschaft, übrigens auch schon mein Faible fürs flache Land im allgemeinen und für die sehr ansehnliche Bürgermeisterin von Wesel/Niederrhein im speziellen vorgetragen. Aber ich schweife schon wieder ab ...

"Ich liebe, wie du lügst" war seinerzeit ein Riesenerfolg und irgendwie schreit der Song daher schon aus ökonomischen Gründen nach einer Fortsetzung. "Numb" wird es allerdings nicht in die Herzen der Menschen zwischen Quakenbrück und Entenhausen schaffen, weil er so schräg ist, wie es der Titel auf gut deutsch andeutet. Das Wort "numb" steht zudem auch für "gefühlskalt" - und diese Deutung paßt ebenso gut, da das Stück absolut keine Regung weckt. Es klingt wie ein schlechter Abklatsch aus Madonnas Disco-Phase, und von Eminem hören wir erst gegen Ende der knapp dreieinhalbminütigen Stumpfsinnigkeit. Allerdings hat der erfolgreichste HipHopper seit Grandfather Moses auch schon mal ambitionierter gelogen. Beim Barte des Propheten, von dem man sich bekanntermaßen kein Bild machen darf: "Numb" ist irgendwie wie Luft, die die lila Kuh irgendwie in Milka Lufflee hineingibt, und damit praktisch noch mehr Schall und Rauch als Pur.

Vielleicht sollte ich also wirklich einen unmißverständlichen Text als Grundlage des nächsten "Miststücks" nehmen, sowas wie "I Just Called To Say I Love You" von Stevie Wonder oder "Alles muß zu einem Ende kommen". Ja! Genau um dieses Stück wird es in der nächsten Kolumne gehen. Es stammt von einer österreichischen Institution, deren Name ebenso sperrig wie merkwürdig ist: Neigungsgruppe Sex, Gewalt & Gute Laune heißt die ältliche Boygroup, die Pop mit Esoterik und echten Wahrheiten verbindet.

Kleines Beispiel vorab gefällig? "Åber ans kånn i dir versprechn: dåß i mi båid scho' schleich!" Muß ich das jetzt noch ins Hochdeutsche übersetzen? Nein, ich verspreche euch auf jeden Fall, daß die Kolumne für heute vorbei ist, ich meinen Tornister schnappe und meiner Wege zieh´. Servus, auf Wiedersehen, Goodbye, sleep well in your Bettgestell!

 


Redaktioneller Hinweis: Lesen Sie auch Manfred Preschers E-Book für die Ewigkeit: Verdammtes Miststück! Die ersten 200 Pop-Kolumnen aus dem EVOLVER

Manfred Prescher

Rihanna - Unapologetic

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Fotos: Universal

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Kommentare_

Verena Heene - 28.11.2012 : 17.27
hab ich grad wieder köstlich amüsiert, über die lockeren Sprüche von MP, du Bleib uns hoffentlich noch lanvg erhalten

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