Musik_Abwärts - NuProp

Ich und du, Terrorkuh

Ärzte-Bassist Rodrigo Gonzales ist ein Mann mit gutem Geschmack. Immerhin überredete er Frank Z. zu einer längst notwendigen Wiederbelebung seiner Band.    19.11.2004

Leicht hatten es Abwärts in ihrer bereits 25 Jahre währenden Band-Geschichte nie. Bereits ihr Debüt "Computerstaat EP" mußte völlig ohne Hilfe von Label, Vertrieb und was man im Musik-Busineß sonst noch so braucht, um unters geneigte Punk-Volk gebracht zu werden, auskommen. Natürlich änderten sich diese Umstände im Laufe der Jahre; der Qualität tat dies bis zu "Comic-Krieg" (1991), einer bitterbösen Abrechnung mit CNNs Golfkriegsberichterstattung, keinen Abbruch. Danach folgten Jahre des Label- und Musikerverschleißes und weniger gute Alben wie das letzte, grauenhafte Werk namens "V8". Danach verschwanden Abwärts völlig in der Versenkung.

Sieht man von ein paar wenigen Ausnahmen ab, so liegt die aktuelle deutsche Pop-Landschaft in punkto politischer Kritik einigermaßen brach. Was soll man sich auch erwarten? Wenig, wenn ein gewisser Xavier Naidoo in einem Interview beinahe mit Stolz verkündet, außer der Bibel gerade einmal fünf weitere Bücher gelesen zu haben. 2004 ist daher die Zeit also wieder mehr als reif für Abwärts. Dies erkannte auch Rodrigo Gonzales, im Hauptberuf als Bassist bei Die Ärzte in Lohn und Brot stehend, und überredete Frank Z. dazu, seine bitterbösen Ansagen wieder auf die Welt loszulassen.

Das Ergebnis dieser Kollaboration nennt sich schlicht "NuProp" und steht nicht für "Nu...", Sie wissen schon, sondern für "Nu Propaganda". Dieses Album wäre in seiner Härte Mitte der 90er Jahre ein wahrlich würdiger Nachfolger des eingangs erwähnten "Comic-Krieg" gewesen, das der Schreiber dieser Zeilen immer noch für das beste und härteste der veröffentlichten Werke von Abwärts hält. Musikalisch war die Band seit damals eher dem härteren Rock mit Anleihen aus dem Metal zuzuordnen, textlich blieb Frank Z. jedoch immer dem Punk verbunden, wie an seinen herrlich zynischen "Leckt´s mich doch am Arsch"-Texten nur schwer zu überhören ist. Zeilen wie "Ich und du, Terrorkuh" ("Terrorbeat") oder "He, sag mir was heute geht und ob dir einer steht" ("Das Rundum Glückspaket") muten beim ersten Lesen vielleicht ein wenig platt an, von Herrn Z. dargebracht sind sie jedoch die notwendige Faustwatsche mitten ins Gesicht des durch Medienhype hervorgerufenen Verfolgungswahns und falsch verstandenen Gutmenschentums.

Abwärts haben sich mit "NuProp" keineswegs neu erfunden, sind allerdings gerade heute wichtiger denn je. Menschen mit Courage wie Frank Z., die nebst harten Gitarrenriffs auch schon mal die eine oder andere harte Ansage von sich geben, brauchen wir in Zeiten von wieder vermehrt um sich greifendem Dreck.

Christian Holzmann