Stories_Nachruf: Les Paul

And his guitar gently weeps

Die "Gibson Les Paul" ist eines der legendärsten Gitarrenmodelle der Welt und sorgt bei Musikern aller Stilrichtungen seit Jahrzehnten dafür, daß deren Rock auch rollt. Seit zwei Tagen weilt der Erfinder des Instruments leider nicht mehr unter uns ...    14.08.2009

Am 13. August verstarb Les Paul an einer Lungenentzündung. Der Mann war schon 94 Jahre alt und lebte die letzten Jahre ziemlich zurückgezogen, weshalb ihn heute nur noch wenige Menschen kennen und schätzen.

Dabei hat der als Lester William Polsfuss geborene Künstler, Tüftler und Songwriter mehr Spuren hinterlassen als viele wesentlich bekanntere Musiker. Nicht nur Beatles-Fans erinnern sich, wenn sie genauer im Hirnkastl herumkramen, an die Gibson Les Paul, jenes Gitarrenwunderwerk, das Lester mit- und weiterentwickelt hat. Bereits 1941 entwarf er die erste Version der weltberühmten Solobody-Gitarre, die er selbst zeitlebens als "Holzklotz" (englisch "the log") bezeichnete. Mindestens genauso wichtig für die Pop-Evolution ist aber eine Aufnahme aus dem Jahr 1947. Damals bastelte Les Paul in der heimischen Garage an einem Lied, das nicht nur ein Hit werden, sondern die Produktionstechnik revolutionieren sollte: "Lover (When You´re Near Me)" ist der erste Track, der im Multi-Tracking-Verfahren aufgenommen wurde. Dabei spielte Les Paul diverse Gitarren und legte jede Schicht übereinander, weil die damals verwendeten Wachsscheiben nichts anderes zuließen. Erst die Magnetbandaufzeichnung machte parallele Aufnahmen möglich - und auch dabei war Paul Pionier.

Doch zurück zu "Lover": Dieses und weitere erfolgreiche Stücke nahm er im Duett mit einer Sängerin auf, die er sich angeblich aus dem Telefonbuch heraussuchte: Mary Ford. Sollte die Geschichte wahr sein, ist sie ein Beleg dafür, daß die Liebe absolut überall hinfallen kann. Mary Ford wurde nicht nur auf Platte, sondern auch im Privatleben Partnerin von Les Paul. Im Laufe seines Musiker- und Produzentenlebens arbeitete der vielseitige, besonders an Halleffekten interessierte Künstler mit vielen sehr unterschiedlichen Leuten zusammen. Die Bandbreite reicht dabei von Hillbilly und Rock´n´Roll bis zu Crooner-Swing, Blues und Elektronik-Sounds. Vor allem in den späten 30er und in den 40er Jahren spielte er praktisch mit Gott und der Welt - unter anderem mit Bing Crosby, den Andrew Sisters, Nat "King" Cole oder Frank Sinatra. Seine Gitarren kamen freilich viel weiter herum: Ob Ace Frehley von Kiss, Paul McCartney, George Harrison, Slash, Marc Bolan, Jimmy Page, Mark Knopfler, Prince, George Clinton, James Hetfield, John Lee Hooker, Eric Clapton, Carlos Santana oder Mike Ness von Social Distortion - die Liste der "Gibson Brothers" ist ebenso illuster wie unendlich.

Les Paul ist also mindestens so unsterblich wie Michael Jackson, seine Gitarren werden ewig weiterspielen. Drum wünschen wir Les - um es mit einem seiner größten Hits zu sagen - "Vaya Con Dios!" Oben im Himmel warten schon einige, um mit ihm eine ewige Session einzulegen.

 

(Redaktionelles PS: Am 6. August hat übrigens auch Willy DeVille das Zeitliche gesegnet.)


Redaktioneller Hinweis: Lesen Sie auch Manfred Preschers E-Book für die Ewigkeit: Verdammtes Miststück! Die ersten 200 Pop-Kolumnen aus dem EVOLVER


Manfred Prescher

Weiterführendes

(Photo © Gene Martin; www.lespaulonline.com)

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