Video_The Ferryman - Jeder muß zahlen
Fährgemeinschaft
Daß das Grauen nicht nur in verwunschenen Häusern oder entlegenen Hinterwäldlerorten lauern kann, sondern auch weit draußen auf offener See, ist ein gern vergessenes Horror-Faktum. Dieses neuseeländische B-Movie erinnert uns auf überraschend unterhaltsame Art und Weise daran.
03.10.2007
Neuseeland, Traum aller Abenteuerlustigen: Zwei Pärchen besteigen die Jacht des übermotivierten Skippers Big Dave und seiner Frau, um nach sechstägiger Überfahrt zu den Fidschis zu gelangen. Das Yuppie-Paar Chris und Tate ist wenig begeistert von Big Daves Methoden, müssen sich doch alle Passagiere den Proviant selbst angeln - Luxus wird auf dem Boot nicht gerade groß geschrieben. Die beiden Maoris Zane und Kathy sind hingegen für jeden Spaß zu haben. Für den bleibt allerdings von vornherein wenig Zeit, da der Mageninhalt des ersten gefischten Hais gleich einmal eine abgetrennte Hand zum Vorschein bringt.
Neuseeland, Alptraum aller Abenteuerlustigen: Mysteriöser Nebel und die Notrufsignale eines anderen Bootes machen die Idylle dann endgültig zunichte. Der verletzte Kapitän besagten Kutters (Achtung, Zwergenalarm: John Rhys-Davies spielte den Gimli in "Herr der Ringe") entpuppt sich sogleich als Psychopath, der dem Maori ein Messer in den Bauch rammt. Dieser stirbt jedoch nicht daran, sondern ist ganz im Gegenteil putzmunter und plötzlich gemeingefährlich. Die Auflösung des Rätsels: Ein Geist benutzt das Messer, um von einem Körper zum anderen zu springen und so seit 1000 Jahren dem Tod zu entkommen.
Einst hat man den Toten eine Münze auf die Augen oder unter die Zunge gelegt, damit sie den Fährmann bezahlen können, der sie ins Totenreich bringt. Leider hat der Titel des Films nur peripher etwas mit dieser Geschichte zu tun, da der Fährmann erst stolze fünf Minuten vor Schluß auftaucht, um den irren Geist in die Unterwelt zu schippern. Den Rest des Films darf man diverse wahnsinnig gewordene Charaktere beim blutrünstigen Splattern beobachten und sich spannungsbedingt fragen, wer denn jetzt gerade der Böse ist.
Gepaart mit der Klischeekonstellation Yuppies gegen Naturvolk entspinnt sich eine zuerst ziemlich gewöhnliche Geschichte, die später jedoch zunehmend an Spannung gewinnt. Faszinierend ist dabei vor allem die schauspielerische Leistung von Sally Stockwell, die es als Besessene wirklich versteht, Angstschauer zu erzeugen.
"The Ferryman" ist stellenweise atmosphärisch dicht zu Seemannsgarn gewoben, die Grundidee ist erfrischend anders, die Ausführung jedoch manchmal zu einfallslos, um wirklich zu überzeugen. Ja, eh klar, man nimmt keine Schiffbrüchigen auf, weil die sind in den meisten Fällen Mörder, Schlitzer, Vergewaltiger oder alles zusammen.
Ein blondes Dummchen beim Nägelfeilen zu beobachten, lockt auch keinen müden Hund mehr hinterm Ofen hervor. Die Musikeinlagen - viel zu seichter Rock - sollen wohl einen Kontrast zu den Horrorsequenzen bilden, wirken aber leider bloß lächerlich, ebenso wie die übertrieben eingesetzte Zeitlupe, die irgendwie keinen rechten Sinn hat.
Dennoch: Hartgesottene Freunde herausgerissener Eingeweide kommen auf ihre Kosten, das Ende überzeugt und tröstet über einen schwachen Anfang hinweg. Fans des alten Fährmann-Mythos sind hier jedoch leider fehl am Platz.
Nina Munk
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