The Killers - Hot Fuss
(Photo © Torey Mundkowsky)
Universal (USA 2004)
Wie kommt eigentlich die Jungfrau zum Kinde? Richtig: durch behördliche Anweisung von ganz oben. Genauso erging es mir mit diesem Beinahe-Oldie der Band aus Las Vegas. 04.08.2008
Man kennt das ja: Langsam quält man sich aus dem Bett - und noch ehe man sich damit beschäftigen kann, mit Schwung und Elan in den Tag einzugreifen, wird man schon überrollt. Unter der Dusche, beim Rasieren, beim Frühstücken, im Auto: Immer hat man dieses eine Lied auf den Lippen, summt es vor sich hin, nervt damit die Umgebung. Dabei weiß man nicht mal, wie es dieses Miststück von Song überhaupt geschafft hat, die Geschmackskontrollen zu überwinden. In dieser Kolumne geht es um solch perfide Lieder.
Eines vorweg: Den Film "Southland Tales" kenne ich leider nicht. Ich gehöre zur Mehrheit der Kinogänger, die den amerikanischen Ex-Nachwuchshoffnungs-Indie-Regisseur Richard Kelly nur von "Donnie Darko" her im Gedächtnis haben. Vielleicht sollte ich mich dazu hinreißen lassen, das Doppel-DVD-Paket mit beiden Werken, das überall verramscht wird, zu erwerben. Wahrscheinlich verschwende ich das Geld aber eher anderweitig, weil die Adoleszenz bei mir halt schon Jahrzehnte zurückliegt - und ich mich an jugendliches Irresein nur noch dann erinnere, wenn ich "No Sleep ´til Hammersmith" höre.
Aber halt: "Southland Tales" soll, so erklärt unser geliebter Chefredakteur, ein ziemlich abgefahrener und absolut cooler Science-Fiction-Streifen um eine militaristische USA sein, die sich nach nuklearen Terroranschlägen auf totalem Überwachungskurs befindet. Das klingt so realistisch, daß ich es wohl doch anschauen werde - vor allem, weil unsere geliebte Sarah Michelle Gellar die weibliche Hauptrolle spielt. Dem Vernehmen nach tut "Buffy Summers" das auch noch sehr verrucht.
Im Gegensatz zu dem 2006 produzierten und an den Kinokassen gefloppten Endzeit- und End-Kapitalismus-Opus "Southland Tales" mit seinen obskuren Figuren kenne ich den Song der Killers schon länger - der befindet sich nämlich bereits auf der 2004 veröffentlichten CD "Hot Fuss".
Dieses Debütalbum sorgte seinerzeit für prächtiges Aufsehen unter den Jüngern des ewigen Trendsetting-Heilands, da die Band aus Vegas mit ihrem Erstling erstmal den ganzen Britpop-Summs weggeblasen hat. Auch ich habe mich seinerzeit zu einer Ode an die Freude über die Existenz hinreißen lassen - und fand schon die Namensgebung genial: Sich nach der fiktiven Band aus dem Video zum New-Order-Song "Crystal" zu benennen, zeugt von Geschmack. Wie so oft relativiert sich der Gesamteindruck, wenn die erste Euphorie verschwunden ist ...
Daß die Band in Nevada heimisch ist, macht sie aber auf jeden Fall zum geeigneten Objekt für den Soundtrack zu "Southland Tales", schließlich spielt die postatomare Story teilweise in genau diesem kargen Landstrich. Und: Kommt nicht auch die tragische, weil nuklear verseuchte Mutantenfigur des Hulk von dort bzw. wurde er nicht dort in ein dialektisches Leidenskostüm gezwängt? I think so.
Zurück zu den Killers: In der ursprünglichen Version ist "All These Things I´ve Done" ein recht ruppiges Stück Rock für die Mainstream-Randgebiete, das von einer eingängigen Hookline und Brandon Flowers´ doch sehr dynamischem Vortrag lebt. Die Filmvariante unterscheidet sich durch einen religiös-beschaulichen Zusatz, der das Stück ziemlich umkrempelt - es schreit förmlich zum Himmel. Ich würde den Track nun als "Alternative Gospel" bezeichnen. Durch Einsatz der typischen, schwungvoll jubilierenden Elemente geht "All These Things I´ve Done" so noch viel mehr zum Herzen. Man muß dazu nicht mal Baptist werden, es genügt, ein wenig sentimental zu sein. Wie das Lied im Film wirkt, kann ich mir gut vorstellen, denn es hat etwas von "Betet, das Ende ist nah!" und wäre damit das perfekte Anthem für die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage. Schade ist nur, daß man den Song nicht auf dem offiziellen Soundtrack findet. Es wird kolportiert, daß sich Plattenfirma und Verleih nicht auf die dazu nötigen Bedingungen einigen konnten und schon an den Präliminarien scheiterten. Wer sich die Killers und ihren Gottesdienst anhören will, braucht also den Film oder den Clip daraus. Der steht auf YouTube, also gehet hin und höret.
Natürlich rate ich euch an dieser Stelle nicht, daß ihr den Stream in ein MP3 verwandeln und massenhaft auf eure iPods schaufeln sollt. Stattdessen verweise ich auf nächste Woche, denn da geht´s hier um den Song, der seit Aberwochen in den USA Nummer 1 der Charts ist: Katy Perry´s "I Kissed A Girl". Damit endige ich für heute, gehe heim und tue genau das: ein Mädchen küssen.
Redaktioneller Hinweis: Lesen Sie auch Manfred Preschers E-Book für die Ewigkeit: Verdammtes Miststück! Die ersten 200 Pop-Kolumnen aus dem EVOLVER
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(Photo © Torey Mundkowsky)
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