Musik_CD-Tips KW 23/08

Kommen und Gehen

Diese Woche bringt musikalische Mittlebenskrisen, historische Korrekturen und einen Fake-Rockstar auf den Plattenteller. Ladies and gentlemen, please take your seats!    06.06.2008

EVOLVER-Redaktion

Weezer - Weezer (The Red Album)

ØØ

Universal (USA 2008)

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Das "blaue" Album brachte ihnen 1994 gleich als Debütwerk (und mit Hits wie "Buddy Holly" sowie "Undone - The Sweater Song") den Durchbruch, mit der "grünen" Platte 2001 schafften Weezer nach dem gefloppten Meisterwerk "Pinkerton" wieder Anschluß an die Charts. Wiederum sieben Jahre und zwei weitere Alben später steht nun also der dritte unbetitelte Longplayer der Herren um Rivers Cuomo in den Läden - und nennt sich wegen seiner Cover-Kolorierung sinnigerweise und inoffiziell "rotes" Album.

Schon das Titelbild verheißt nichts Gutes: Der Village-People-Aufzug soll wohl (im besten Fall) ironisch wirken. Ähnlich platt ist dann leider auch der Inhalt. Oder soll das etwa wieder haha-lustig sein, wenn sich Cuomo in Track zwei als "The Greatest Man That Ever Lived" bezeichnet - zu schröcklichem Schlock-Rock. Der Rest ist nicht viel besser oder eben genauso abgeschmackt, wie sich das anhört, wenn (musikalische) Midlife-Crisis und ein prächtiges Leben als Rock-Millionär in den Hollywood Hills eine unheilvolle Allianz eingehen. Da mag hier und da ("The Angel And The One") noch das alte Songwriting-Genie Cuomos aufblitzen, aber im großen und ganzen kann man hier schon sehr leicht eines: rot sehen. Bleibt nur die Hoffnung, daß Weezer irgendwo doch noch ein "weißes" Album in petto haben.

Links:

Viele bunte Autos - Jetzt komme ich

ØØØØ

Klanggalerie (Ö 2008)

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Sie sind ein Stück österreichischer Musikgeschichte - und leider eines, das nachträglich verfälscht wird: Die Band Viele Bunte Autos existierte und spielte von 1981 bis 1984 und bestand aus Angie "Modepunk" Mörth (Gesang, Melodica), Herbie Molin (Synth, Rhythmusmaschine) und Rudi Platzer (Saxophon). Erst in der Spätphase stieß Fritz Ostermayer - heute sattsam bekannt aus FM4 und von Johnny-Cash-Vergewaltigungen - hinzu und sorgte mit seinem Gitarrengequäle dafür, daß Fans der ersten Stunde den Konzerten fernblieben. Das erhaltene Gesamtwerk der Autos (damals gab es nur diverse Sampler- und Soundtrack-Beiträge sowie eine Single) ist jetzt bei Walter Robotkas umtriebigem Label Klanggalerie erschienen und zeigt, daß Wien auch die Chance auf eine Wave-Band à la Siouxsie and the Banshees gehabt hätte - wenn nicht alles so gelaufen wäre, wie es in Wien immer laufen muß ...

Die schräge Kinderstimme und die verspielt-makabren Texte von Angie Mörth, die minimalistischen Elektronikspielereien, ungewöhnlichen Melodica- und Sax-Passagen sorgten dafür, daß Viele Bunte Autos einst in Niki Lists Szenefilm "Malaria" zu hören waren (nicht zuletzt deshalb, weil Anfang der Achtziger sowieso alle im New-Wave-Lokal Blue Box herumhingen und/oder arbeiteten, wo auch die Band zu Hause war) und sich wohltuend vom Rest der Neue-Österreichische-Welle-Bewegung abhoben, in der verwöhnte Cottage-Bubis sich ebenso musikalisch austoben durfte wie alte Hippies und Kunstlumpen, die plötzlich mit kurzen Haaren auf Dilettant machten. Legendäre Autos-Lieder wie "Liliputaner", "Ballspiel", "Küsse" ("Mama, kann man vom Küssen Kinder kriegen?") zeigen - mit einem lachenden und weinenden Auge, wie sich das gehört - heute noch, was einmal möglich gewesen wäre, wenn, ja wenn ... siehe oben.

Links:

Walk Hard: The Dewey Cox Story

ØØØØ

Sony (USA 2007)

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Was haben der "Man in Black", Ray Charles und Bob Dylan gemeinsam? Sie prägten während ihrer Laufbahn die jeweilige Musiklandschaft, verankerten sich mit ihren unverkennbaren Stimmen in den Gehörgängen und waren Vorlagen für die kassenträchtigen Musiker-Biopics "Ray", "I´m Not There" und "Walk The Line". Auftritt Judd Apatow und Jake Kasdan, die mit John C. Reilly in der Hauptrolle den größten Rockstar aller Zeiten ehren: Dewey Cox, der sich und seine Musik über fünf Jahrzehnte hinweg stets neu erfand. Ob er mit " A Life Without You" auf Roy Orbisons Spuren wandelte, Bob Dylan mit "Dear Mr. President" und "Let Me Hold You (Little Man)" von der sozialkritischen Bühne fegte oder Johnny Cash mit "Walk Hard" zeigte, wo der wahre Seelenschmerz sitzt - Kritiker wie Fans waren sich einig: We want Cox!

Natürlich hat es Dewey in Wirklichkeit genausowenig gegeben wie The Rutles oder Spinal Tap. Was sich Komponist Michael Andrews und seine Koautoren jedoch für diesen Soundtrack an einprägsamen Melodien und witzigen Texten ausgedacht haben, sollte definitiv durch die Boxen jedes vernünftigen Menschen dröhnen. Leider fehlt die Tribute-Version des Golden-Globe-nominierten Titeltracks, in der die Country-Größen Jackson Browne, Jewel und Lyle Lovett gemeinsam mit Wu-Tangs schwergewichtigem Ghostface Killah für Dewey auf die Bühne steigen. In diesem Sinne: Let´s duet ...

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