Jasper Fforde - Es ist was faul
ØØØ
(Something Rotten)
dtv (München 2006)
In den literarischen Labyrinthen dieses skurrilen Autors aus Wales ist alles relativ - auch der Tod. Das gilt für "genichtete" Ehemänner ebenso wie für die Dodos. 17.01.2007
Also: Erstens einmal sind Jasper Ffordes "Thursday Next"-Bücher ebenso lustig wie verspielt. Der walisische Autor mit dem charakteristischen Doppel-f im Namen entwirft auf einen Schlag eine Masse an Gegenwelten, die einander ablösen, relativieren, ineinander übergehen oder schlicht nebeneinander existieren, sodaß man schon einmal den Überblick verlieren kann. Aber das ist nicht weiter schlimm - scheinen die Romane doch einzig und allein dem Gesetz der Entropie zu folgen: Die Welt endet im Chaos.
Doch das hat zweitens auf Dauer auch etwas Ermüdendes. Trotz gelegentlicher augenzwinkernder Verweise auf die im Vergleich zur literarischen Invention profane Welt des Lesers haben diese Phantasiewelten im Grunde nur sich selbst zum Gegenstand. Der Autor zeigt eine recht ähnliche Herangehensweise an das Verfassen eines Romans wie an das Lösen einer besonders fordernden Denksportaufgabe. Das Ergebnis ist leichte Kost mit Anspruch.
Man liest die Bücher gern, aber man liest sie nicht zu Ende. Irgendwann stellt sich das Gefühl ein, das etwas fehlt: eine Ebene jenseits des Plots, jene unterirdische Strömung, die einen Leser mitreißt. Bis dahin aber macht´s einen Heidenspaß. Und das ist doch immerhin auch schon etwas.
In "Es ist was faul" kehrt die literarische Agentin Thursday Next nach Jahren in der Buchwelt, wo sie sich um verschwundene Figuren und verhunzte Spannungsbögen kümmern musste, wieder in die unsrige zurück. Und schon hat sie jede Menge Probleme am Hals: Ihr Angetrauter bleibt weiterhin "genichtet" (per Zeitreise ausgelöscht, was heißt: de facto inexistent), bei ihrer Mutter hausen Prinz Hamlet, Otto von Bismarck und Nelsons Geliebte Lady Hamilton zur Untermiete und zeigen so gar keine Lust, in ihr Stück bzw. in die Historie zurückzukehren.
Nexts Vater, der auch nie existiert hat, aber als Zeitreisender unterwegs ist (?!), doktert am Ausgang der Schlacht von Trafalgar herum. Die Dodos - in dieser Welt nicht ausgestorben, sondern quicklebendige Haustiere - sind unartig, Thursdays Sohn spricht Blindtext, der "offizielle Stalker" und die Auftragsmörderin, die sie verfolgen, steigen sich praktisch gegenseitig auf die Füße.
Was noch? Ach ja - Yorrick Kaine, eine an sich unbedeutende literarische Figur, ist auf dem besten Wege, in der nicht-fiktiven Welt innerhalb Ffordes Fiktion die diktatorische Macht an sich zu reißen. Dazu bedient er großzügig antidänische Vorurteile, was den dänischen Prinzen aus dem Shakespeare-Stück in die Bredouille bringt. Und die allmächtige Goliath Corporation ist im Begriff, sich von einem globalen Ausbeuterunternehmen zu einer sühneversessenen Glaubensgemeinschaft zu wandeln. Doch das ist natürlich nur ein Ablenkungsmanöver, das irgendwie mit dem plötzlichen Auftauchen mittelalterlicher Propheten und deren Weissagungen von einem Sieg der Swindon Mallets bei den Krocket-Meisterschaften zusammenhängt.
Man sieht: wieder einmal jede Menge Handlung - eigentlich genug für drei Bücher und in jedem Fall mehr als notwendig, damit dem Leser bei den 400 Seiten des mittlerweile vierten "Thursday Next"-Abenteuers nicht fad wird. Vorausgesetzt natürlich, man liest das Buch zu Ende ...
Jasper Fforde - Es ist was faul
ØØØ
(Something Rotten)
dtv (München 2006)
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